Die Frage taucht immer wieder auf: Ist es überhaupt noch sinnvoll, wenn man als Journalist in die „alten“ Medien gehen will? Wenn alles digital und online ist, welche Zukunft haben dann TV, Radio und Zeitung? Ein paar Fragen, die der „Universalcode2020“ zu beantworten versucht. Ab Sommer 2016. Als Buch.
Auf diese Frage nach der Zukunft bekommt man naturgemäß unterschiedliche Antworten. Was vor allem damit zu tun hat, dass es für nahezu jede Theorie auch das passende Zahlenmaterial gibt. Während also überzeugte Digital-Apologeten darauf verweisen, dass das Netz weiterhin exorbitant wächst und beispielsweise Tageszeitungen mittlerweile einen Generationen-Abriss verzeichnen müssen, zeigen Vertreter der anderen Seite gerne mal auf eine Statistik, die belegt, dass Fernsehen nach wie vor das beliebteste und am meisten genutzte Medium in Deutschland ist (wenn nicht alles täuscht, wird sich daran so schnell auch nichts ändern).
Ein eklatanter Widerspruch? Nur auf den ersten Blick. Tatsächlich aber passen diese beiden Aussagen zusammen und umschreiben die Entwicklung in der Branche ziemlich präzise. Denn immer noch haben wir es in Deutschland mit einem tiefen Graben zu tun, der die Gesellschaft trennt in „Digital Souveräne“ und der Rest, wie es die Initiative D21 in ihren jährlichen Berichten umschreibt. Das bedeutet, dass es auf der einen Seite ein vergleichsweise junges Publikum gibt, für die der Umgang mit digitalen Geräten und Medien eine Selbstverständlichkeit ist. Auf der anderen Seite des Grabens stehen – immer noch – all jene, die sich zwar an die Nutzung von Mails und Amazon gewöhnt haben, ihre Medien aber immer bevorzugt auf konventionellem Weg nutzen.
Betrachtet man beide Seiten dieses bestehenden digitalen Grabens, dann wird klar, warum beide Aussagen richtig sind. Immer noch schauen Menschen im Schnitt über drei Stunden pro Tag fern, immer noch läuft das Radio über den Tag verteilt fast genauso lang. Und selbst von Tageszeitungen, die den digitalen Wandel sicher am stärksten spüren, werden Tag für Tag immer noch fast 17 Millionen Exemplare verkauft (Stand: Anfang 2016).
Das alles ist eine ganze Menge für Medien, die seit Jahren regelmäßig für tot erklärt werden. Der Untergang der alten Medien fällt also aus, zumindest noch für eine Zeit lang. Allerdings, ganz so einfach ist es dann doch wieder nicht: Auch wenn die Zahlen Horrorszenarien nicht hergeben, zumindest bei den Zeitungen spricht dennoch einiges dafür, dass sich die Situation deutlich verschlechtern wird (zumindest dann, wenn wir unter „Zeitung“ ausschließlich etwas Gedrucktes verstehen). Denn tatsächlich sinken die Auflagen der Blätter seit rund 20 Jahren ohne Unterbrechung. Nicht dramatisch, in Deutschland liegt der Auflagenrückgang seit Jahren stabil irgendwo zwischen einem und zwei Prozent.
Es gibt allerdings einige Indikatoren, die eindeutig darauf hinweisen, dass sich das ändern wird.
Erstens: Die Blätter vergreisen zunehmend, sowohl was ihr Publikum als auch ihre Redaktionen angeht. Auch wenn die einzelnen Statistiken zu unterschiedlichen Resultaten kommen, unbestritten ist, dass für das Publikum unterhalb der 30 die Tageszeitung zunehmend unbedeutend wird. Und dass eine Generation, die mit Smartphones, Laptops, Tablets und sozialen Netzwerken sozialisiert worden ist, plötzlich wieder zur Zeitung greift, darf man ausschließen.
Zweitens: Gerade in den urbanen Regionen Deutschlands zeigt sich schon sehr deutlich, wohin die Reise geht. Man muss dafür nicht mal den extrem harten Zeitungsmarkt in Berlin als Beispiel bemühen; generell zeigt sich: In ländlichen Regionen ist die Treue zur Zeitung noch spürbar höher, in den Städten erodiert sie. Man kann daraus verschiedene Rückschlüsse ableiten, aber einer hat sicher Bestand: Je ausgebauter digitale Strukturen sind, desto mehr werden sie von den Menschen genutzt.
Und drittens: Journalismus, Medien und Kommunikation, das wird von den „Digital Natives“ inzwischen als eine Art multimediale Masse wahrgenommen. Die Logik, nach der wir in unserer Medien-Blase Medien verstehen, greift dort nicht mehr. Die Frage, ob etwas Print ist oder nicht, die stellt sich dort nicht. Die Trennschärfe existiert im Netz schon gleich dreimal nicht. Print im Netz, TV im Netz? So denkt der User 2016 nicht mehr. Der sucht nach Angeboten, Informationen und Unterhaltung. Nicht mehr, nicht weniger.
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Wie geht man mit dieser Entwicklung um? Wie wird sie weitergehen? Was muss man dafür können und was nicht? Seit „Crossmedia“ (1. Auflage immerhin schon fast 8 Jahre alt) und „Universalcode“ (inzwischen auch beinahe 4 Jahre) hat sich zu viel getan, als dass man einfach nur ein kleines Update dieser Bücher machen könnte. Deswegen mache ich gerade fast alles neu. Und erfreulicherweise ist mit diesen ganzen Überlegungen auch die Suche nach einem Titel zu Ende gegangen: „Universalcode2020“ tritt die ganze Sache ziemlich gut, finde ich. Vor allem deswegen, weil der Titel auch signalisiert, dass mir natürlich bewusst ist, ein Buch zu diesem Thema nicht mit einem längeren Haltbarkeitsdatum versehen zu können. 2020 – und danach schauen wir mal, wie die Welt dann aussieht.
Das Buch soll de facto zwei Teile haben. Einen, der die wichtigsten Trends und Entwicklungen zusammenfasst, der analysiert, der erklärt. Ich glaube, es ist wichtig zu verstehen, warum wir das machen, was wir gerade machen. Der zweite Teil ist dann: Handwerk. Pures Handwerk. Er basiert natürlich auf dem, was damals in „Crossmedia“ stand. Davon verwendbar ist allerdings wirklich fast nur noch die Grundstruktur. Inhaltlich benutze ich dabei gerade am häufigsten die Delete-Taste.
Wann? Ich befürchte, dass der ursprüngliche Plan mit dem Sommer 2016 eng werden könnte. Weil das gute Stück nun doch mehr Umfang haben wird als ich eigentlich dachte. Auf der anderen Seite ist das ja auch ein ganz schöner Antrieb und wenn man morgens regelmäßig eine Stunde eher aufsteht und zum Schreiben nutzt…stay tuned, mehr demnächst!
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