Jetzt gibt es in Passau ein zweites hyperlokales Projekt. 100prozentig lokal soll Passau demnach werden, rein online basiert. Und natürlich kann man für die Erfolgsaussichten der Seite noch keine Prognose abgeben, weil man sie noch nicht gesehen hat und eine schlecht gemachte Seite nicht einfach deswegen erfolgreich ist, weil sie lokal ist.
Das habe ich vor wenigen Wochen geschrieben. Ich habe meine Sympathie für ein kleines, unabhängiges Onlineprojekt erkennen lassen, nicht nur, weil ich den Ansatz hyperlokal und online interessant fand. Sondern auch, weil ich generell Sympathie dafür hege, wenn publizistische Monopole wenigstens ein bisschen aufgebrochen werden. Passau ist ein besonders eklatantes Beispiel dafür, wie ein publizistisches Monopol dominiert und wie wenig es wert ist, wenn in Sonntagsreden immer wieder von der Vielfalt der Meinungen gesprochen wird. In Passau und in beträchtlichen Teilen Niederbayerns gibt es keine Medienvielfalt. Es gibt eine Verlegerfamilie, die de facto die gesamte öffentliche Meinung dominiert (und davon auch weidlich Gebrauch macht). Ob Lokalfunk, Wochenblätter, Internet, Tageszeitung, nichts, wo nicht die Familie Diekmann mehr oder minder die Kontrolle ausübt. So viel zum Zustand der Mediendemokratie.
Deswegen meine Sympathie für Hubert Denks Bürgerblick, für Michael Wagners FuPa – und für „100Prozent lokal“, das seit neuestem unter „lokalnews.de“ firmiert. Seit heute sind meine Sympathien für dieses Projekt allerdings am Nullpunkt. Weil es nicht, wie es suggerierte, neu und unabhängig, klein und fein ist. Sondern ein weiteres Projekt des PNP-Imperiums, ein gut getarntes aber offensichtlich. Oder, wie Hubert Denk im „Bürgerblick“ schreibt, ein Tarnkappenbomber.
Damit wir uns richtig verstehen: Natürlich ist es legitim, wenn die Verlegerfamilie irgendwelche GmbHs gründet und unter diesem Namen Projekte startet. In diesem Fall halte ich das aber für perfide. Dem Publikum wird in voller Absicht vorgegaukelt, es handle sich hier um ein unabhängiges Projekt. Um eines, das ein publizistischer Gegenpol zur allmächtigen PNP ist. Es wird also nicht einfach verschwiegen, dass es sich um ein Diekmann-Projekt handelt, sondern es wird gezielt der gegenteilige Eindruck erweckt (und ich wunderte mich schon, wo so ein kleines Start-Up) das ganze Geld und die Logistik für einen solchen aufwendigen Launch hernimmt.
Und ich fühle mich auch persönlich belogen. Ich habe über dieses Projekt unter falschen Annahmen geschrieben, es unterstützt – und „Lokalnews“ hat das zum Anlass genommen, diese Geschichte zu verlinken und bei „Facebook“ damit mehr oder minder Werbung zu machen.
Deswegen in dieser Deutlichkeit: Ich habe mich getäuscht. Ich bin jemandem aufgesessen, der nicht lügt, aber gezielt verhindert, dass die Wahrheit ans Licht kommt. Ich hätte um ein Haar auch noch im „Universalcode“ über dieses Projekt als ein besonders spannendes geschrieben. Den Absatz habe ich jetzt gottlob wieder aus dem Manuskript gelöscht. Also, um es klar zu machen: Ich mag dieses Projekt nicht mehr (mein Like bei FB ist auch weg). Ich halte es für perfide und verlogen, wenn man sich als kleines, unabhängiges Unternehmen generiert – und tatsächlich zu einem Großkonzern gehört. Ich halte es für fatal, wenn insbesondere Medienunternehmen so agieren. Ich halte es gleichzeitig für bezeichnend für die Geisteshaltung der Verlegerfamilie. Und ich ziehe (mal wieder) meinen Hut vor Hubert Denk, der tatsächlich mit seinem „Bürgerblick“ das einzige unabhängige Medium in Passau ist und sich von dieser unheiligen Passauer Allianz nicht runterkriegen lässt.
Und wenn Sie DAS bei Facebook posten wollen, Herr Wildfeuer, das wäre wenigstens ehrlich. Und mutig. Aber beides sind ja leider Eigenschaften, die man mit dem Medienkonzern Passau eher weniger in Verbindung bringt.
Update: Daniel Wildfeuer, Geschäftsführer von „lokalnews.de“ räumt in diversen Stellungnahmen, u.a. bei Facebook, inzwischen unumwunden ein, dass die Passauer Verlegerfamilie Diekmann mehr oder minder Hauptanteilseigner ist. Es sei trotzdem „seine Idee“ gewesen. Ohnedies sei es unüblich, dass man als Start-up seine Beteiligungsverhältnisse explizit offen lege. Dass Wildfeuer der Öffentlichkeit gemeinsam mit den PNP-Verlegern ein eher schlechtes Theaterstück vorgespielt hat, mag ihm immer noch nicht einleuchten. Man kann sich nicht als unabhängiger publizistischer Gegenpol zum Monopolblatt inszenieren, wenn man genau von ebendiesem finanziert wird.