Der Medienrat in München wählt am 24. Februar einen neuen Präsidenten (Dirk Bach würde jetzt hinzufügen: oder eine neue Präsidentin) der BLM. Das ist insofern ein für die BLM ungewöhnliches Ereignis, weil sie zum ersten Mal in ihrer Geschichte wählt, sofern man denn den Begriff Wahl so definiert, dass man die Wahl zwischen mindestens zwei Kandidaten hat. Neben dem Chef der Bayerischen Staatskanzlei Siegfried Schneider tritt auch die Medienprofessorin Gabriele Goderbauer-Marchner an. Alleine diese Tatsache, noch dazu, wo Frau Goderbauer-Marchner ebenso wie Schneider CSU-Mitglied ist, hat für ein paar heftige Eruptionen gesorgt, naturgemäß vor allem natürlich in der CSU und in Blättern, gegen die sich der „Bayernkurier“ wie ein linkes Kampfblatt ausnimmt.
Dabei hat die Kandidatur Schneiders ja doch ein paar interessante Aspekte. Beispielsweise den, dass es seine Staatskanzlei war, das jene Broschüre herausgab, die den Journalismus talentierter Zeitungsredakteure und blöder Blogger ein bisschen arg holzschnittartig vergleicht (bei Stefan Niggemeier ist das ausführlich beschrieben). Das brachte ihm ein dickes Lob vom Verleger des „Straubinger Tagblatts“ Prof. Dr. Martin Balle ein, der diesen Medienführerschein als „viel beachtet“ bezeichnet, was ja ironischerweise inzwischen auch Realität geworden ist, auch wenn man sich auf Seiten der Initiatoren diese Aufmerksamkeit gerne anders gewünscht hätte. Und dass Prof. Dr. Balle natürlich auch dem BDZV, der hinter dieser Broschüre steckt, eng verbunden ist, darf man an dieser Stelle sicher auch erwähnen, auch wenn seine Anhänglichkeit an die CSU vermutlich noch größer ist als an den BDZV.
Es gäbe also durchaus einiges zu diskutieren und einiges an interessanten Fragen, die man den beiden Kandidaten gerne stellen würde. Sei es eine so banale wie die, welche Kompetenz sie für dieses Amt überhaupt mitbringen — bis hin zu der Frage nach der künftigen Dotierung dieser Position, nachdem der bisherige Amtsinhaber Wolf-Dieter Ring ein Jahressalär erhält, das man durchaus fürstlich nennen darf. Immerhin ist Ring momentan besser bezahlt als der Bayerische Ministerpräsident.
Der „Donau-Kurier“ in Ingolstadt kam deshalb auf die naheliegende Idee, diese und andere Fragen an die beiden Kandidaten zu stellen. Während Gabriele Goderbauer-Marchner ihre Antworten umgehend ablieferte, weigert sich Siegfried Schneider beharrlich, dem Interview-Wunsch der Zeitung nachzukommen. Der „Donau-Kurier“ machte daraufhin etwas Bemerkenswertes: Er veröffentlichte die Fragen an Schneider und setzte statt der zu erwartenden Antworten des vielleicht künftigen Präsidenten der BLM einfach jeweils einen Platzhalter ein.
Für sein Schweigen (was ja für einen potentiellen Präsidenten einer Medienanstalt ein durchaus beachtlicher Vorgang ist) hatte Schneider eine interessante Begründung: Nachdem die für die Wahl zuständigen Medienräte unabhängig seien, wolle er sie auch nicht mit irgendetwas beeinflussen, was auch nur entfernt nach Wahlkampf aussehen könne. Das wäre eine Begründung, die man akzeptieren könnte. Wäre es nicht derselbe Schneider, der keinerlei Problem damit hat, Mitglieder des Medienrates zu einer „Besprechung“ einzuladen, die dann mit dem Ergebnis endet, dass 29 Mitglieder des Rates eine Art „Unterstützungsliste“ für Schneider unterschreiben (ganz freiwillig natürlich).
Bleiben also: ein von der staatstragenden Partei unterstützter Berufspolitiker, dessen bisher aufsehenerregendsten Handlung zum Thema Medien ein an Schlichtheit nicht mehr zu überbietender „Medienführerschein“ war. Und eine Medienprofessorin, der man Inkompetenz und Nicht-Befähigung für diese Position vorwirft.
Die Wahrscheinlichkeit, dass am 24. Februar der Initiator des „Medienführerscheins“ neuer Chef der Medienaufsicht in Bayern wird, ist übrigens: überaus groß.
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