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KI: Der Hype geht, die Zukunft kommt

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Weder ist KI Teufelzeugs, das uns alle ruinieren wird, noch die Lösung aller Probleme der Menschheit. Eine alte Weisheit bestätigt sich damit mal wieder: Menschen neigen dazu, die Auswirkungen einer Technologie anfangs zu überschätzen, auf lange Sicht aber zu unterschätzen.

Zusammen mit dem großartigen Klaus Kranewitter haben wir beim Universalcode ein neues Format ins Leben gerufen: „Loading Content“ (kann man sich hier ansehen).

Dabei geht es um das Thema Künstliche Intelligenz, bei dem wir ja alle wissen, dass wir uns besser jetzt schon intensiv damit beschäftigen sollten, weil die Entwicklung dahin rast, schneller als wir überhaupt schauen können.

Es gibt allerdings noch einen sehr guten Grund dafür. Nämlich den, dass man jetzt wesentlich entspannter und mit einem eher nüchternen Blick auf das Thema reden kann. Weil wir jetzt allmählich den Punkt erreichen, der, ebenfalls nüchtern betrachtet, erwartbar war: Wir erreichen allmählich das Plateau der Enttäuschungen, wie es im in solchen Fällen sehr gerne zitierten „Gartner Hype Cycle“ genannt.  Wir sind bis jetzt nicht ganz unten angelangt (aber auf einem sehr ordentlichen Weg, der uns bald zum Ziel da unten führen wird).

Gartner Hype Cycle KI

Aber zumindest wird erkennbar, dass diese Technologie wie alle anderen Technologien ihre Grenzen hat. Natürlich könnte man jetzt darüber debattieren, warum man auf diese rasend schlaue Erkenntnis nicht schon vorher gekommen ist. Aber so ist das nun mal bei allen Hypes und das wird auch immer so bleiben. Und wer würde bestreiten, dass es sich beim Thema KI um einen der größten Hypes der letzten 50 Jahre handelt (e)?

Die wichtigsten Enttäuschungs-Erkentnisse

  • Holla, KI ist ja gar nicht intelligent! Das haben zwar Menschen, die sich schon länger damit beschäftigen, von Anfang an gesagt. Trotzdem sind eine ganze Menge User mit einer erstaunlichen Naivität an das Thema rangehen. Nur um sich hinterher zu wundern: KI macht Fehler, KI halluziniert. Eine KI sagt selten „Ich habe keinerlei Ahnung“, sondern fantasiert sich auch schon mal zusammen (in dieser Hinsicht ist sie Menschen nicht ganz unähnlich). Man kann es also nicht oft genug sagen: Eine KI weiß erst einmal gar nichts, sie berechnet lediglich Wahrscheinlichkeiten. Mal besser und mal leider auch schlechter.
  • Es gibt Modelle und Anwendungen, die zwar vielleicht ganz lustig sind, bei denen sich aber der Sinn noch bisher nicht so ganz erschließt. Unlängst beispielsweise hat ein Start-up namens Oxolo den Betrieb eingestellt. Oxolo generierte per KI menschliche Avatare, mit denen man komplette Videos erstellen konnte. Schöne Idee, aber braucht man das? 
  • Noch mal Oxolo: Neben den technischen Unzulänglichkeiten hat der Laden noch ein anderes Problem gehabt. Es fehlte schlichtweg an einem funktionierenden Geschäftsmodell. Woraus wir lernen: Man kann zwar überall irgendwas mit KI draufschreiben, aber inzwischen ist das keine Garantie mehr für ein Funktionieren.
  • Die Kreativität ist bisher immer noch überschaubar: Klar kann man mit Neuroflash, Jasper oder ChatGPT passable Texte generieren, aber sie sind immer noch erkennbar seelenlos.
  • Am Thema Video scheitern momentan noch fast alle (siehe auch das Video mit Klaus und mir bei Loading Content).

Wie geht es weiter für Anwender?

Es ist nicht so lange her, dass wir alle befürchten mussten, zu Prompt Engineers werden zu müssen. Das ist, nebenbei bemerkt, auch so eine Krankheit in der Branche, dass man bei jedem neuen Ding glaubt, dass es jetzt alle machen müssten. Ich erinnere mich noch gut, als der Datenjournalismus hochkam und es plötzlich hieß, jeder müsse mit der Datenverarbeitung umgehen können. Zumindest eine Parallele gibt es: Prompten, also richtig professionelles, das wird ebenso eine Nische bleiben wie der professionelle Datenjournalismus.

Für die allermeisten von uns wird KI schon bald nicht mehr richtig sichtbar sein. Sie ist integriert, von der Powerpoint-Präsentation bis zum Smartphone. Sie macht ihren Job mehr oder minder unsichtbar. Nicht anders, als das bei der Idee des PC vor Abermillionen Jahren der Fall war. Statt irgendwelche lange Befehlsketten zu verwenden, musste nur noch ein Icon geklickt werden. Nur so können Dinge funktionieren, die massenkompatibel sein sollen. Ein kleiner KI-Button und schon macht die ihren Job, prompten komplett unnötig. Wer unbedingt will, kann das trotzdem machen, aber der Durchschnitts-User wird sich mit dem Thema prompten nicht mehr sehr viel auseinandersetzen müssen.

Das ist insofern gar nicht mal schlecht, weil es dem aktuellen Stand der Dinge entspricht. Zu den Enttäuschungen beim Thema KI gehört es ja, dass sie immer noch leicht durchschaubar ist. Einen KI-generierten Text kann man förmlich riechen. Spätestens, wenn man irgendwo eintauchen und etwas Magisches erleben soll, dann weiß man: Hier hat die KI nachgeholfen wie ein leicht angetrunkener Schönheits-Chirurg, der immer nur eine ganz bestimmte Nasenform operieren kann. 

Erst überschätzt, dann unterschätzt

Ich habe es ja oben schon mal geschrieben: Der Mensch hat die originelle Angewohnheit, die Auswirkungen neuer Technologie erst zu über- und dann zu unterschätzen. Und das jeweils in beachtlichem Maß.

Auch wenn wir uns also dem Plateau der Enttäuschungen nähern: Es gibt weder einen Grund für Defätismus noch Rechthaberei (wusste ich doch gleich, dieses neue Zeug!). Zurücklehnen und abwarten sollten Sie demnach auch nicht. Weil das Thema KI nicht mehr weggeht. Weil Sie damit umgehen müssen und weil das am Ende so selbstverständlich sein wird, wie die Tatsache, dass Sie heute Ihre Texte nicht mehr auf einer Schreibmaschine schreiben. 

Vergessen Sie Ihren inneren Olaf Scholz

Und außerdem noch ein Schlenker, der vordergründig mit dem Thema KI nicht viel zu tun hat (bei genauerem Hinsehen dann aber doch): Ich habe in den letzten Tagen mit einiger Begeisterung den Parteitag der Demokraten in den USA verfolgt.

Begeistert deshalb, weil dort so viel Zuversicht und Energie versprüht wurde. Ja, ich weiß, das war natürlich alles eine Inszenierung. Aber trotzdem, ich habe mir dann Olaf Scholz oder drei Nummern kleiner ein paar miesepetrige deutsche Verlagsmanager vorgestellt – und dann hatte ich eine Ahnung, was mir hier und speziell bei diesem Thema fehlt: die Begeisterung für die Zukunft, der Optimismus und der Spaß daran, dass man Dinge ausprobiert und sie dann gegebenenfalls auch wieder ausprobiert. Der Glaube daran, dass Dinge möglich sind. Und die Bereitschaft, sich dafür auch mal ordentlich reinzuhängen.

Also, vergessen Sie den inneren Scholz und seien Sie eindeutig mehr Harris, Walz oder Obama! Ihre gute Laune wird es Ihnen danken.

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