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Der größte Sprung seit dem Web 2.0

Der größte Sprung seit dem Web 2.0

Kennen Sie noch das “Web 2.0”? Schon lange her, als man damit die erste Weiterentwicklung des Netzes beschreiben wollte. Das ist inzwischen auch schon wieder rund 20 Jahre her. Seitdem hat das Netz eine ganze Reihe weiterer Wandlungen mitgemacht. Weil aber hübsche sprachliche Spielereien meistens nur einmal richtig gut funktionieren, gab es nie ein Web 3.0 oder 4.0, auch wenn ein paar nur mittelmäßig originelle Journalisten immer wieder versucht haben, so etwas zu etablieren.

Momentan steht mal wieder eine größere neue Version des Netzes an. Keine Ahnung, welche Zahl dafür korrekterweise steht. Nur in einem bin ich mir sicher: Es wird die größte Veränderung seit dem Web 2.0.

Man kommt ja in diesen Tagen kaum vorbei an Themen, die zweierlei gemeinsam haben: zum einen, dass sie neu sind und sich in einem Tempo entwickeln, dass man selbst als digitalisierungserfahrener Mensch nur als atemberaubend bezeichnen kann. Und zum anderen, dass sie zwar naturgemäß zu sehr unterschiedlichen Einschätzungen und Prognosen führen, trotzdem aber das Potential haben, das Netz als solches und die Art und Weise, wie wir kommunizieren und wie Medien funktionieren, dauerhaft zu verändern.

Da sind zum Beispiel (nachzuhören u.a. in der aktuellen Folge von D25) die Möglichkeiten, ziemlich gute „digitale Zwillinge“ von Menschen zu programmieren. Solche Twins können mit jeder Menge Wissen angereichert werden und bieten ganz andere Möglichkeiten als ein schnöder Chatbot. Oder generell die Möglichkeiten der KI. Zumindest Bot-Modelle wie Chat GPT dürften sehr bald zum Standard im Netz gehören.

Und ja, auch wenn wir bei dieser Entwicklung erst am Anfang stehen: Mit Apples VR-Brille wird dieses Thema erheblich an Bedeutung gewinnen.  Nein, es geht immer noch nicht um Zuckerbergs fatale Idee vom Metaversum, in dem wir dann alle als Avatare durch irgendwelche virtuellen Welten hüpfen. Es wird kein “Second Life, Vol. 2” geben. Wohl aber ist das Aus für irgendwelche unverständliche Gebrauchsanweisungen und anderes Zeug gekommen, wenn ich statt schlechter und langer Texte einfach eine VR-Anwendung bekomme. Halten Sie für unwahrscheinlich? Dann schauen Sie bei Gelegenheit mal rüber zu YouTube und staunen Sie, wie viele Dinge dort schon als Tutorials erklärt werden.

Das bedeutet aber auch: Da kommen nicht nur ein paar nette Gimmicks on top und ansonsten erweitert sich halt die große Bandbreite der digitalen Welt nochmal. Stattdessen erleben wir nichts anderes als einen Paradigmenwechsel. Schon wieder einen, zum Erschrecken vieler, die gerne hätten, dass alles so bleibt wie es ist. Aber, let’s face it, es hilft ja nix. Schauen wir uns also mal an, wohin die Reise geht.

 

Keine Kommunikation mehr ohne Dialog

Ja, schon klar, das behaupten sie alle, Medien genauso wie Unternehmen: Der Dialog mit dem User, Leser, Zuschauer, Kunden, das steht ganz oben! Das ist richtig, solange man eine Facebook-Seite oder einen Chatbot für die Krönung des Dialogs hält. Bei näherem Hinschauen stellt man fest, dass man über verdammt viele Kommunikationsattrappen stolpert und gutes Community-Management eine Aufgabe ist, an der nicht ganz wenige immer noch erstaunlich kläglich scheitern.

Wenn man also beispielsweise, wie in der neuen Folge von D25 beschrieben, ganze digitale Zwillinge von Redakteuren (oder wem auch immer) programmieren kann, dann ist das idealerweise nicht einfach ein Spielzeug für Nerds. 

 

Googeln war gestern

Googeln ist, wenn man es als Synonym für die Suchmaschine als solche begreift, ganz schöner Mist. Man sucht etwas und bekommt dann einen Haufen unsortierte Ergebnisse vor die Füße geworfen. Das ist fein, wenn beispielsweise Journalisten bei der Recherche sind und möglichst viel Material sichten wollen. Die meisten Menschen sind aber keine recherchierenden Journalisten, sondern Leute, die auf eine simple Frage eine klare Antwort wollen. Das wiederum erklärt den rasanten Erfolg von Chat GPT. Und auch von Smartspeakern, obwohl beides auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun hat. 

Die Gemeinsamkeit: Beide liefern exakt das, was der Mensch gerne sucht. Die Antwort auf seine Frage. Dass diese Antwort auch mal falsch sein kann und dass es viele Dinge im Leben gibt, auf die es leider keine eindeutigen Antworten gibt, geschenkt (bitte ersparen Sie uns also zumindest an dieser Stelle die entsprechenden Debatten).

Und noch eine Gemeinsamkeit: Smartspeaker und Chat GPT setzen auf die Form des Dialogs. Frage, Antwort, beliebig ausdehnbar. Das funktioniert weder bei einer Suchmaschine und bei den meisten Chatbots auch nur sehr mäßig. Oft funktioniert es nicht einmal in sozialen Medien, weil viele dort Vertretene immer noch meinen, es reiche, wenn der Facebook-Praktikant ab und an aktiv wird. Ein paar vorgestanzte Sätze, das bekommt eine KI heute schon besser hin. Und Alexa und Freundinnen haben sogar was halbwegs Menschliches in den Stimmen.

 

Die Ansprüche steigen

Wer einmal etwas hat, will künftig nur ungern darauf verzichten. Für Medien und Kommunikatoren heißt das: runter vom hohen Roß, endlich rauf auf die berühmte Augenhöhe (jaja, ich weiß: SIE sind da natürlich schon lange). Es gibt Zeitungen, die haben bis heute einen “Leseranwalt”. Da liegt der Fehler schon im System: Ein Leser, ein User, der einen “Anwalt” braucht, um seine Interessen vertreten zu können?  Wenn das alles ist, was man an Transparenz und Dialog zu bieten hat, dann ist das im digitalen Zeitalter und in der heraufziehenden Ära des dialogischen Netzes ein bisschen wenig. Man sollte, wenn man mit seinem Kunden spricht, nicht gerade eine Atmosphäre schaffen, bei der man sich vorkommt wie im Gerichtssaal. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich bin glücklich, wenn ich weder mit Anwälten noch mit Gerichten irgendwas zu tun habe. Der Anlass für solche Kontakte ist meistens unschön. Also, schafft die Anwälte ab und die Chatbots auch und redet mit den Leuten.

Nebenbei bemerkt: Irgendjemand müsste ernsthaft mal den volkswirtschaftlichen Schaden und die Umsatzeinbußen berechnen, die durch absurd schlechte Hotlines, besch…Chatbots und überhaupt mangelnde und schlechte Kommunikation zustande kommt. Ich wette, da geht es über die Jahre in den achtstelligen Bereich.

 

Wir bekommen ein neues Netz

Das Internet als solches ist immer noch ein meistens wunderbar unstrukturierter Haufen von allem. Man stellt was rein, sucht was, findet es vielleicht auch. Auch wenn natürlich vor allem die Großkonzerne schon seit Jahren die wirklich Mächtigen sind, hat es immer noch ein wenig vom Charme eines Bürgerfunks (sofern man Bürgerfunk charmant findet). Doch selbst dann, wenn man an die Zuckerberg-Vorstellung eines Metaverse nicht glauben mag: Alles das, was gerade an Entwicklungen im Netz zu sehen ist, hat nicht mehr viel mit Bürgerfunk zu tun. Digitale Zwillinge und irgendwelche Apple-Brillen, mehr VR und AR, das alles ist spannend – erfordert aber auch deutlich mehr Aufwand, Überspitzt gesagt: HTML kann jeder. Nennen wir es einfach das dialogorientierte, mehrdimensionale Profinetz. Das Bürgerfunk-Netz wird es auch weiterhin geben, aber die Bürgerfunker können und werden den Weg ins neue Netz nicht mitgehen können (und wollen).

 

Bewegtbild, VR und AR

Das Thema Bewegtbild bekommt nochmal eine völlig neue Dimension. Weil es buchstäblich eine neue Dimension erhält. Das bewegte Bild verschwimmt mit der Zusatzinformation, das ist nochmal eindeutig mehr als ein schnödes Video-Tutorial. Wer diesen Newsletter öfter liest, der weiß, dass ich Zuckerbergs Metaverse für eine Totgeburt halte. Aber dass die erweiterte Realität unsere nächste Ebene wird und uns bald an vielen Stellen des Alltags begleiten wird, daran besteht kein Zweifel.

Was das für uns heißt, die wir irgendwie Medien und Kommunikation machen? Wie immer: trial and error, nicht warten, bis eine Entwicklung an ein Ende kommt, das es potenziell eh nicht geben wird. Nicht zögern, machen!

 

Podcast D25

Wie oben in diesem Newsletter schon erwähnt: Die neue Folge von D25 beschäftigt sich mit dem Thema “Digitale Zwillinge”. Kai Henrik Müller erklärt, wie er mit seiner Firma “Experience One” einen Redakteur eines großen deutschen Magazins quasi geklont hat. Und was das bringt und welche Auswirkungen das auf das Netz haben könnte…

Kais wichtigste Erkenntnis:

Die Art und Weise, wie wir Medien verstehen, muss sich ändern.

Anhören: 

https://open.spotify.com/episode/1Y3BdXF79Ms7Qez4hOynko?si=68802ee77e6447c0

Und natürlich überall da, wo es gute Podcasts gibt.  dolor sit amet, consectetur adipiscing elit. 

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