Diese Woche ist hier eine interessante Nachricht aufgeploppt: Eine PR-Agentur will ermittelt haben, dass LinkedIn die wichtigste Informations-Quelle ist. Zumindest für (Digital-)Entscheider und alle, die sich dafür halten. Read More
Gut, arbeiten wir die diversen Haken an der Sache ab: Repräsentativ ist diese Umfrage nicht und für einen Entscheider und Führungskraft hielt sich schon Bernd Stromberg (die älteren werden sich erinnern). Und einen Unterschied zwischen Digital-Entscheidern und den immer noch eher analog denkenden Kollegen gibt es auch – immer noch.
Trotzdem ist zumindest tendenziell schon was dran an dieser Meldung. Zumal dort auch noch steht, wie wichtig Newsletter geworden sind. Und Fach- und Branchenmagazine.
Also, halten wir die Reihenfolge nochmal fest: LinkedIn, Newsletter, Magazine.
Xing ist übrigens nicht mehr dabei im Vergleich zur letzten Umfrage 2020, aber jeder, er in den letzten Jahren mal bei Xing war, wird von dieser Entwicklung wenig überrascht sein.
Bevor wir zu den ernsthaften Aspekten dieses Themas kommen, ein kleiner Schlenker. Ich finde ja kaum etwas so (ungewollt) amüsant wie LinkedIn. Bei LinkedIn ist immer alles super. Alle sind gut drauf, verkünden großartige Neuigkeiten und gratulieren sich gegenseitig selbst zu Nichtigkeiten in einem euphorischen Tonfall, als habe der andere gerade den Oscar und einen Nobelpreis gleichzeitig gewonnen. LinkedIn, das Zentralorgan des Eskapismus und der penetrant guten Laune.
Auf der anderen Seite: schlecht gelaunt sind die Menschen schon genug und wer eine Runde Rabatz haben will, der muss nur schnell rüber zu Twitter. Womöglich wird er sich danach wieder über die begeisterte Statusmeldung eines Kontakts freuen, der von der riesigen Ehre schwärmt, ein mindestens weltbestes Team als Teilgruppenleiter führen zu dürfen. Wenn er richtig professionell ist, macht der Teilgruppenleiter das auf Englisch. Deeply honoured…naja, sollen sie halt, es ist ja fast schon wieder nett.
Obwohl sich die Tage der CEO der “Gorillas” mit einem Kunden darüber unterhalten hat, ob man die Papiertüten des Unternehmens nicht recyceln könnte. Muss man sich mal geben: Du unterstützt einen Laden wie die Gorillas und debattierst dann mit dessen CEO auf LinkedIn über Papiertüten und findest dich selbst richtig gut. Berliner Bubble, LinkedIn in a Nutshell. Das sind dann wieder die Momente, in denen ich weiß, warum ich als Entscheidungsgrundlage für meinen kleinen Laden lieber was anderes als LinkedIn nehme.
Schlechte Nachrichten für klassische Medien und Kommunikation
Das Entscheidende und auch der Grund dafür, warum sich dieser kleine Newsletter überhaupt mit diesem Thema beschäftigt: Für klassische Medien und Kommunikation ist das nicht die allerbeste Nachricht. Je mehr LinkedIn, desto weniger Zeitung, um es plakativ zu sagen. Jeder Newsletter ist ein Leser weniger, jedes Fachmagazin killt den Wirtschaftsteil.
Ja, zugegeben: überspitzt, das alles (aber sonst liest das ja wieder keiner bis hierher). Trotzdem, das ist die Richtung, in die es geht. Social-Media-Plattformen, Newsletter, personalisierte Angebote, das alles substituiert General-Interest-Angebote. Sie sind jederzeit verfügbar, personalisierbar, mobil, interaktiv dialogisch. Kurz gesagt: alles das, was klassische Medien spürbar weniger sind.
Man erkennt das auch an einer weiteren Umfrage. Nämlich an einer, die die Unternehmensberatung Schickler bei den deutschen Zeitungen gemacht hat, wobei man wissen muss, dass der Auftrag an Schickler der ist, möglichst gute Nachrichten über die Zeitungen zu produzieren. Das hat man auch versucht, allerdings zeigen die Umfragen, was man bei den Zeitungen für die größten Herausforderungen der kommenden Jahre halten, ungewollt etwas, was sich schon seit vielen Jahren abzeichnet: Sie hängen den Entwicklungen zuverlässig immer ein paar Jahre hinterher.
So sehen die befragten Top-Zeitungsleute beispielsweise das hier als die drei Top-Trends des laufenden Jahres:
Das ist, ähm, naja: schon nicht falsch, aber wenn man im Jahr 2022 darauf kommt, dass man Inhalte personalisieren kann und dass man Produkte für “alle Zielgruppen” erstellen kann, dann ist das zwar nicht falsch. Aber ein bisschen spät. Und ein Beleg dafür, dass man das über die Jahre zuvor hinweg anscheinend ein wenig vernachlässigt hat.
Und deshalb, siehe oben: Personalisierung, neue Kompetenzfelder, Produkte für alle Zielgruppen, Mobilität, Interaktion, Storytelling – darum geht es. Jetzt und in Zukunft. Und nirgendwo steht geschrieben, dass die herausragende Position einer von Microsoft betriebenen B2B-Plattform in Stein gemeißelt sein muss.