Alle reden davon, wie wichtig Podcasts und Videos sind. Ein Kanal wird dabei gerne vergessen – dabei wäre der einfacher, schneller und mindestens genau so bedeutend: Newsletter sind immer noch eine unterschätzte Geschichte. Read More
Ich hätte nicht gedacht, diesen Satz jemals zu schreiben, aber bitte sehr, jetzt muss er raus:
Ich liebe Newsletter!
Die Einschränkung kommt gleich hinterher: natürlich nur die Guten! Auf Werbeschleudern kann ich meistens gut verzichten. Was ich meine, sind die, die ich gerne lese, wobei die Betonung auf lesen liegt. Da muss nix blinken oder animiniert sein, gut gemachte Stücke, eine Art Micro-Webseite, reicht mir völlig aus.
Newsletter sind mehr, als die meisten Agenturen ahnen
Warum ich Ihnen das erzähle? Weil Newsletter zwar ein riesiger Hype sind, dahinter aber weitaus mehr steckt, als uns die durchschnittliche PR-Agentur erzählen will (und vermutlich auch nicht kann).
Deswegen erstmal ganz grundsätzlich und mit allem zur Verfügung stehendem Pathos: Newsletter sind steinalt. Und sie sind trotzdem die Zukunft des Journalismus (alle anderen in der Medien- und Kommunikationsbranche sind mitgemeint). Weil sie schnell, kompakt und mobil sind. Weil sie aus jedem Postfach eine Nachrichtenzentrale machen. Und weil sie dabei nicht den ganzen Ballast einer handelsüblichen Webseite mitschleppen, keinen Content, den man gerade nicht will und auch nicht den nervtötenden Kram, den AdServer dazupacken.
Das ist, zumindest bei mir, ein langsamer, schleichender Prozess gewesen. Hier einen Newsletter abonniert, da noch einen weiteren – und irgendwann mal stellt man fest, dass man sich morgens und abends gar nicht mehr mühevoll durch Webseiten oder, was noch viel schlimmer ist, durch Social-Media-Feeds ackern muss. Ein paar Newsletter und in meinem Fall noch die entsprechenden Podcasts dazu und schon brauchst du kein Radio mehr und keine Webseite und, leider auch das nicht, keine Zeitung (bevor jetzt jemand leise aufstöhnt: doch, sehr selten höre ich noch Radio und Zeitungen leiste ich mir als Luxus, weil sie am Wochenende auf der Couch doch nochmal schöner sind als Newsletter auf dem Handy).
Ein paar Newsletter und ein Podcast – fertig!
Im üblichen Alltags-Verlauf allerdings: Da geht es eher um nüchterne Aspekte, nicht um Genuss und schon gleich gar nicht um Haptik, dafür habe ich mir die Wochenenden reserviert. Da sind zwei, drei Morning-Briefings und ein Podcast die deutlich effizientere Form der Informationsgewinnung.
Trotzdem – und das gehört zu den erstaunlichen Wandlungen des Genres in den letzten Jahren – sind Newsletter inzwischen potenziell auch reiner Lesegenuss. Weil dort inzwischen immer öfter Autoren große Kunst zelebrieren. Lesen Sie die täglichen kleinen Schmuckstücke von Christoph Amend in der Zeit oder die diversen Publikationen von Dirk von Gehlen. Danach kommen Sie nie wieder auf den Gedanken, es handle sich bei Newslettern um irgendwas, was man bestenfalls schnell mal auf ein paar Schlagzeilen hin checkt.
Bei der Süddeutschen Zeitung hat zudem Kurt Kister den Newsletter als sein eigenes Königreich entdeckt, was jeden Dienstag inzwischen zu großartigen Texten und zu einer wachsenden Fan-Gemeinde führt. Nebenbei zeigt der Kister-Newsletter auch, dass man einen solchen Brief an die Leser durchaus als Verkaufsargument verwenden kann.
Würde ich jemals auf den Gedanken kommen, mein SZ-Abo zu kündigen, müsste mir der Vertrieb nur freundlich unter die Nase reiben, dass damit auch meine Kister-Texte nicht mehr kämen (die sind Abonnenten vorbehalten). Es gibt mittlerweile einiges in der SZ, worauf ich verzichten könnte. Auf meinen Dienstags-Kister aber auf wirklich gar keinen Fall!
Die klassische News-Site ist ein Auslaufmodell
Dagegen Websites: Man will sie ja nicht abschaffen, aber gegen einen Newsletter wirken sie wie ein alter Dampfer gegen ein Schnellboot. Wollen also wiederum die klassischen News-Sites und ihre Herausgeber überleben, müssen sie sich von der Idee der Nachrichtenseite mit ausschließlich entsprechenden Inhalten verabschieden. Die besseren unter ihnen tun auch schon genau das: Ob New York Times, Spiegel oder Süddeutsche, sie alle ähneln inhaltlich deutlich mehr klassischen Magazinen. Damit lässt sich sogar Geld verdienen, bei der unvermeidlichen New York Times kann man sogar das Kreuzworträtsel und Kochrezepte gegen Aufpreis abonnieren.
Müsste ich also (neben Podcasts und Videos) ein Format als unverzichtbar bezeichnen, es wären die Newsletter.
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