Das goldene Zeitalter der Podcasts geht zu Ende. Und gleichzeitig beginnt das goldene Zeitalter der Podcasts. Klingt widersprüchlich? Ist es aber nicht. Das neue Zeitalter der Podcasts ist ebenfalls golden, nur anders golden.Read More
Ob Sie nun Podcasts hören oder nicht: Es lohnt sich, das Besondere an ihnen zu würdigen. Podcasting war einer der wenigen Bereiche der digitalen Information und Unterhaltung, der nicht von Tech-Giganten kontrolliert wurde. Im Gegenteil – und das war gut so. Nur so konnten sich Podcasts so entwickeln, wie sie es in den letzten 10 Jahren gemacht haben.
Podcasts waren mal eine große Spielwiese
Podcasts waren und sind eine riesige Spielwiese. Ein Tummelplatz für alle, die irgendwie kreativ waren. Keine Regeln, keine Formate. Was gut lief, wurde einfach weitergemacht. Der Rest? Kann weg. Wenn man so will: Formatentwicklung aus Spaß, ohne Zwang. Wer jemals die Trostlosigkeit durchformatierter Dudelsender mit wahllos vor sich hinplappernden Sprechrobotern erlebt hat, der weiß Podcasts ganz besonders zu schätzen.
Diese Phase geht nun zu Ende. Weil Hypes zwangsweise immer so enden. Irgendwann werden sie zu einem Massenkonstrukt, mit dem sich Geld verdienen lässt. Richtig viel Geld sogar. Nur: Dann übernehmen die Konzerne, das takeover der Controller und des C-Levels beginnt, für anarchisches und lustvolles Ausprobieren bleibt da wenig Platz.
Der Streaming-Gigant Spotify beispielsweise hat dem sehr umstrittenen Podcaster Joe Rogan einen 200-Millionen-Dollar-Deal untergejubelt. 200 Millionen – da bist du fast in Dimensionen wie bei Netflix. Und klar, die Kohle muss wieder rein. Und ebenso klar: Das ohnehin schon ziemlich schwergewichtige Spotify ist jetzt auch auf dem Podcast-Markt endgültig zum Dominator geworden. Auch dann, wenn man sich klarmacht, dass der deutsche Markt von Deals dieser Größenordnung noch ein sehr gutes Stück entfernt ist.
Podcasts als pures Marketing-Gold
Vorbei also die Zeiten, als Podcasts eine der wenigen Plätze im Netz waren, auf denen nicht irgendein Tech-Gigant den Daumen draufhält. Podcasts sind, und grundsätzlich könnte man sich ja darüber freuen, derart populär geworden, dass sie zu einem echten (Achtung, Neudeutsch!) Asset geworden sind. Unternehmen wie Spotify, Deezer oder Amazon in Form von Audible haben exklusive Podcasts für sich entdeckt: Abonniere uns, und du kannst diesen Podcast hören! Hätte man vor Jahren für eine alberne Utopie gehalten, heute sind “Originals” pures Marketing-Gold.
Das gilt nicht nur für Plattformen, sondern auch für Inhalte-Anbieter, Redaktionen, Unternehmen. Noch irgendjemand ohne Podcast? Wenn irgendeine Agentur etwas auf sich hält, schlägt sie ihren Kunden einen Podcast vor. Und Redaktionen ohne? Gibt es auch fast nicht mehr. Weil Podcasts eine wunderbare Möglichkeit sind, sich von anderen abzusetzen (die Sache mit den Originals eben). Aus dem anarchischen Ding ist eine Geschäftsstrategie geworden und originärer Content dazu.
Es hat – und deswegen beginnt jetzt eben das andere goldene Zeitalter – auch etwas Gutes an sich. Es ist einfacher, etwas zu finden, das Ihnen gefallen könnte, weil Amazon, Spotify oder YouTube Optionen vorschlagen können, die Sie entdecken können. Die Podcast-User der ersten Stunde mögen es charmant gefunden haben, wenn man sich mit irgendwelchen selbst zusammengebastelten Feeds sein eigenes Programm zusammenstellte. Massentauglich ist so etwas nie. Dazu braucht es die Plattformen und auch die Soft- und Hardware. Wer heute ein Handy kauft, kauft meistens “Podcasts” gleich mit dazu. Zumindest die vorinstallierte App. Und aus Erfahrung wei man ja: Wenn etwas vorinstalliert ist, fliegt es so schnell auch nicht mehr runter.
Verabschieden wir uns also langsam von der Podcast-Welt, wie wir sie kennen. Und hoffen wir darauf, dass die Kreativität trotzdem ihre Schlupflöcher findet.
Podcast D25
Passend dazu: Warum der Audio-Boom jetzt erst so richtig losgeht – darüber haben wir uns mit dem Chef des Radiovermarkters RMS, Cord Hollender, unterhalten. Und klar, auch unseren Podcast D25 bekommen Sie überall da, wo Sie gerne Podcasts hören. Sogar bei Spotify.