Warum Podcasts und Audio immer wichtiger werden. Warum man mehr in der Praxis arbeiten als auf Panels rumsitzen sollte. Und was das alles mit LEAD zu tun hat – mein persönlicher kleiner Werkstattbericht. Read More
Zu meinen größeren beruflichen Vergnügen gehört mein kleiner Job bei LEAD. Nicht nur, weil es sich dabei um ein schönes Angebot sowohl bei Online als auch bei Print handelt. Und nicht nur, weil man es dort mit einem ausgesprochen netten und für jedes Experiment aufgeschlossenen Team zu tun hat. Sondern vor allem deswegen, weil ich dort meinen thematischen Leidenschaften und meinen Format-Vorlieben ungehemmt nachgehen kann.
Da ist zum einen der Podcast „Die digitale Viertelstunde“. Es gibt kaum etwas, was ich persönlich so mag und auch für derart zukunftsträchtig halte wie Podcasts und Audios. Die „Viertelstunde“ ist zudem für meine Themen mit ihrer Beschränkung auf 15 Minuten ideal. Man kann ausführlich über komplexe Geschichten reden, ohne dass man dem User gleich irgendwelche 60-Minuten-Teile aufbürdet. In 15 Minuten entwickeln sich Gespräche, das ist mehr als das sture Abfragen in einem Interview-Format. Und man kann, was ich schon zweimal gemacht habe, beinahe tagesaktuell reagieren. 15 Minuten sind vergleichsweise schnell produziert.
Wir werden uns ans Sprechen mit Computern schon gewöhnen
Dazu kommt: Der Podcast lässt sich vielfältig einsetzen und publizieren. Überhaupt, Audios: Bei kaum einem Thema bin ich so überzeugt vom kommenden Entwicklungspotenzial. Schon heute sind Millionen Smartspeaker aufgestellt. Und kaum eine Darstellungsform passt so perfekt auf das Endgerät Smartphone wie Audio. Das wird auf Dauer auch Auswirkungen auf die Darstellungsform haben. Aus der Sendung wird das Gespräch, aus dem Audiofile, das man abspielt, wird das interaktive Audio.
Sprache wird das große Thema. Klar, für uns Ältere mag das alles noch ungewohnt erscheinen. Weil wir anders aufgewachsen sind. Weil Computer für uns immer bedeutet hat: tippen, schreiben, lesen. Dass man mit Rechnern auch sprechen und ihnen zuhören kann, daran müssen wir uns erst noch gewöhnen.Aber man muss nur den Natives zuschauen, um zu erahnen, was da an Potenzial wartet. Ob im privaten Gebrauch (Sprachnachrichten!), bei der Steuerung der Geräte oder beim Nutzen von Medien: Tippen und schreiben ist für diese Generation so seltsam wie für uns das Sprechen und Zuhören. Umgekehrt werden wir uns schon daran gewöhnen, wie es ist, mit Rechnern und Handys zu sprechen.
Podcasts sind das neue Radio – und aus Sendungen werden Gespräche
Es ist keine allzu gewagte Prognose: Podcasts sind das neue Radio, ohne das alte Radio zu ersetzen. Ich bin mir sicher, dass Podcasts künftig in das Portfolio jeder guten Redaktion und (ja, auch das!) ordentlicher PR und Kommunikation gehören. Zumal der Produktionsaufwand wirklich überschaubar ist. Zumindest, wenn man es, die Älteren erinnern sich, mit dem Radio alter Prägung vergleicht. Ich komme beispielsweise mit Zencastr sehr gut aus, wenn ich Podcasts mit Gästen mache, die sonstwo sitzen, nur nicht in meiner Nähe.
Natürlich ist VoiceoverIP klanglich nicht mit einem Studio vergleichbar, aber es wird von Jahr zu Jahr besser. Zumal man mit ein bisschen Software-Einsatz ordentlich nachbessern kann. Und wenn man das vergleicht beispielsweise mit der Qualität, die man früher mit Skype hinbekommen hat, dann liegen dazwischen Welten.
Und dann gibt es noch meine zweite Leidenschaft. Eine, die mich jetzt seit 15 Jahren begleitet. Dinge ausprobieren. Sie auf mögliches Potenzial hin zu checken. Gegebenenfalls: auch wieder verwerfen. Daraus sind drei Bücher entstanden und ungezählt viele Blogbeiträge, Seminare, Vorträge. Zwischenzeitlich zu viele. So viele, dass ich das Programm in den letzten Jahren erheblich reduziert habe. Ich glaube fest daran, dass Journalisten, die nebenher auch noch irgendwie beraten und schulen, sich ihre Kenntnisse aus der Praxis holen. In Seminar-Räumen und auf Panels kann man prima schlau daherreden. Der Alltag ist dann wieder etwas ganz anderes.Deswegen bin ich froh, dass es in den letzten Jahren wieder ganz gut geklappt hat mit dem verstärkten journalistischen Arbeiten, auch wenn ich glücklich bin, meinen Lebensunterhalt nicht als freier Journalist bestreiten zu müssen.
Die wöchentliche How-to-Kolumne bei LEAD ist für mich beides: journalistische Fingerübung bei gleichzeitigem Auseinandersetzen mit dem, was sich in unserem Alltag ändert. Seitdem habe ich lustigerweise auch mein Seminar- und Vortragspensum erhöht, weil ich jetzt das Gefühl habe, wieder mehr zu wissen, von was ich da überhaupt rede. Letzteres, das gebe ich zu, war mir in den letzten Jahren ein wenig abhandengekommen. Grau ist halt alle Theorie.