Die einen schaffen den Journalismus ab, die anderen investieren in ihn. Beobachtungen an einem Tag, an dem mit Funke der nächste deutsche Großverlag sein Heil im Sparen sucht (und nicht finden wird). Read More
Ein Tag, zwei Meldungen, wie sie kaum unterschiedlicher sein könnten.
Die eine: Bei der Funke-Mediengruppe wird gespart. Und zwar kräftig: In der Berliner Zentralredaktion müssen 20 Mann gehen, bei den Zeitungstiteln in NRW sind zehn Prozent Stellenabbau geplant. Daneben wird die Druckerei in Essen dichtgemacht, die Lokalredaktion in Warstein geschlossen und ein Kompakt-Titel ebenfalls. Außerdem wird die Ausbildung der Volontäre an der hauseigenen Medienakademie für ein Jahr ausgesetzt (was auch immer das bedeuten soll).
Die andere: Der New York Times geht es unglaublich gut. Die Online-Umsätze sind inzwischen fast so hoch wie die Print-Erlöse. Und das alles ganz ohne Hundefutter und anderes Zeug.
Funke ist nicht die Times, Essen nicht New York, schon klar. NRW und auch Deutschland sind ein vergleichsweise kleiner Regionalmarkt. Der Times steht die ganze Welt offen, vor allem im Zeitalter der Digitalisierung.
Um ein Produkt verkaufen zu können, muss erst mal das Produkt gut sein
Und trotzdem lässt sich ein Vergleich grundsätzlicher Natur stellen: Die einen investieren in Journalismus. Die anderen schaffen ihn Stück für Stück ab.
Bei Funke sind sie mit dieser Idee nicht alleine. Sie sind dieses Jahr nicht die ersten und sie werden auch nicht die letzten sein, die ihr Heil im Kostensenken, im Abbau von Personal und im Schließen von Redaktionen suchen. (Siehe auch: Was bisher geschah und was vermutlich noch geschehen wird).
Es geht also, New York hin, Essen her, um eine Grundsatzfrage: Glaubt man an Journalismus oder nicht? An einen Journalismus, der sich finanziert (wie auch immer)?
Man muss diese an sich bekloppte Frage stellen, weil momentan eines gerne vergessen und verdrängt wird, bei all den Debatten um Geschäftsmodelle: Wir reden immer noch von Journalismus.
Dabei wird neuerdings gerne so getan, als sei Journalismus etwas, was keiner mehr will. Und wofür keiner bereit ist, Geld auszugeben. Das ist, wirft man einen Blick auf die neuesten Prognosen des Reuters Institute, nicht restlos von der Hand zu weisen. Und trotzdem zu kurz gedacht: Der Markt wird enger, ja. Der User gibt sein Geld mit mehr Bedacht aus. Und schließlich, er hat dieses Geld nicht endlos zur Verfügung.
Will man also etwas verkaufen, muss das Produkt stimmen.
Und genau bei dieser nicht wirklich neuen Idee kommen wir wieder auf Essen und New York: Die einen investieren massiv in Journalismus. Die anderen reduzieren Personal, schließen Redaktionen, setzen Ausbildungen aus.
Weniger Leute, weniger Umfang, wie soll das eigentlich dauerhaft gehen?
Ich bin kein Betriebswirt und auch nicht so ein erfahrener Medienmanager wie Ex-Spiegel-Mann Ove Saffe, der jetzt bei Funke „restrukturiert“. Vielleicht kann mir deshalb jemand unter den werten Lesern erklären, wie das gehen soll: ein Produkt permanent teurer zu machen, mit weniger Personal herzustellen und weniger Service und Inhalt anzubieten – und es dabei gleichzeitig so gut machen, dass es für zahlende Kunden und die Werbewirtschaft interessant bleibt.
Ich persönlich jedenfalls kenne keinen einzigen Fall im Journalismus, in dem diese Idee auf Dauer funktioniert hat. Umso erstaunlicher, dass sie sich so lange hält. Die Prognose ist trotzdem nicht gewagt: Auch im Jahr 2019, das vor allem für Tageszeitungen ein annus horribilis werden wird, werden sich Verlage im Zweifelsfall gegen die Investition in den Journalismus entscheiden.
Und darauf verweisen, dass man New York und Essen wirklich nicht vergleichen kann.
„Will man also etwas verkaufen, muss das Produkt stimmen.“
Genau so ist es!
Und genau da liegt auch das Problem. Unabhängiger und kritischer Journalismus geht anders. Er muss regierungs- und parteiunabhängig sein. Leider ist das schon lange nicht mehr gegeben und so muss man sich nicht wundern, wenn der Leser heute oft andere Quellen bevorzugt.