Über Monopolisten und Marktführer wird gerne gejammert. Vor allem dann, wenn es um digitale Wirtschaft, Medien und dann auch noch amerikanische Unternehmen geht. Die sind des Teufels und gehören: weg. Heute erst in einem Leitartikel einer regionalen Zeitung gelesen: Facebook brauche Konkurrenz, dringend und am besten in Europa. Das ist zwar so alt und so gähn wie die Forderung nach einem europäischen Google, aber fordern kann man das ja mal. Read More
Diese Quasi-Monopolstellungen solcher Unternehmen könnten aber auch mit anderen Dingen zusammenhängen. Zum Beispiel damit, dass sie ihren Job einfach gut machen. Gut, Facebook gehört vielleicht nicht zwingend in diese Kategorie. Aber mit Google-Produkten lässt es sich meistens gut arbeiten, mit Netflix prima streamen und mit Spotify toll Musik hören. Da tun sich Konkurrenten schwer, selbst wenn sie als „europäische Konkurrenten“ ins Rennen gehen.
Kommen wir damit zu einem solchen „Mitbewerber“. Der Pay-TV-Anbieter Sky versucht seit geraumer Zeit, das böse Erbe des Zusatzes „Pay TV“ loszuwerden und sich stattdessen als cooler Streaming-Dienst zu positionieren. Teure Eigenproduktionen, exklusive Serien, man merkt, da hat sich jemand die Strategie von Netflix angeschaut.Nun sind Receiver im Zeitalter der Mobilität eine eher unpraktische Einrichtung. Und Zweijahresverträge auch. Deswegen gibt es „Sky Ticket“. Das nutze ich seit gut eineinhalb Jahren, weil, sie oben: Mobil nutzbar, monatliche Kündigungsfrist, kein Receiver-Generve.
Die Idee der Netflix-Copycat könnte also ganz prima sein, wenn sie es denn nur könnten bei Sky.
Können sie aber nicht. Nicht mal im Ansatz.
Seit rund einem Vierteljahr kann ich mich nicht mehr in meinen Account einloggen. Egal, mit welchem Browser. Die Zugangsdaten sind korrekt, ich komme rein und fliege sofort wieder raus. Das sollte Sky schon alleine deshalb interessieren, weil ich keine zusätzlichen Kanäle abonnieren kann. (Zugegeben, kündigen könnte ich auch nicht).
Also schreibe ich dem Support. Durchaus hoffnungsvoll übrigens, weil ich das Problem als guter Digital-Kunde gegoogelt habe. Eine Lösung gibt es anscheinend nicht, dafür aber eine Menge anderer Kunden, die über dasselbe Problem klagen. Wenn es so viele über einen so langen Zeitraum sind, könnte es ja sein, dass man bei Sky das Problem erkannt hat. Und, das glaube ich in meiner Naivität wenigstens, vielleicht auch bald löst.
Das mit den vielen anderen, die das Problem haben, scheint richtig zu sein. Sky antwortet auf meine Mail. Automatisiert. Der Automat schreibt, ich müsse mich ein bisschen gedulden. Weil so viele andere auch das oder ein anderes Problem haben, kann die Bearbeitungszeit bis zu sieben Tage dauern.
Als Kunde von Unternehmen unterhalb des Netflix-Levels weiß man: Geduld ist die wichtigste Tugend im Umgang mit ihnen. Also warte ich noch mal ein paar Tage. Auf die nächste Mail antwortet der Automat: Es sei gerade sehr viel los, die Bearbeitung dauere unbestimmte Zeit.
Nach zwei Wochen schreibe ich wieder. Ich schreibe, dass ich für den unmenschlichen Stress bei Sky schon Verständnis habe, aber dass ich auf der anderen Seite ja nur ein klitzekleines Problem gelöst haben möchte.Zwei Tage später schreibt der Automat zurück. Nicht in den Account kommen, das hört sich nach einem Fall für die telefonische Hotline an. Schriftlich könne man da kaum etwas ausrichten.
Das ist nach über einem Monat schon mal ein Fortschritt. Die Hotline ist zwar kostenpflichtig, aber das ist nicht ihr größtes Problem. Gravierender ist, dass man sie de facto nicht erreichen kann, es sei denn, man bezeichnet den Dialog mit einer Warteschleife schon als Kundenkontakt.
Das ist schade. Nicht nur, weil ich nicht in meinen Account komme. Ich hätte bei der Gelegenheit auch gerne noch geklärt, warum die App so wackelig ist. Und warum man im vergangenen Jahr ohne Vorankündigung die Airplay-Funktion auf Apple TV unterhalb der vierten Generation gestrichen hat.
Aber dazu komme ich aktuell leider nicht. Stattdessen erinnere ich mich schwelgend daran, wie ich in meiner Zeit als Netflix-Kunde genau einmal ein technisches Problem hatte. Wie dieses Problem vom Support innerhalb weniger Minuten gelöst wurde und wie ich mich seitdem nie wieder um Netflix kümmern musst. Um Amazon übrigens auch nicht.
Nebenher könnten auch noch eine ganze Menge deutscher Medienhäuser aus dieser Geschichte etwas mitnehmen. Wie wichtig es beispielsweise ist, dass man nicht nur ein halbwegs preisgünstiges Produkt anbietet, sondern auch ein funktionierendes. Für Monopole und Netzwerkeffekte gibt es eine ganze Reihe Gründe, die in der Natur der Sache liegen. Aber schlechte und teure Produkte liegen eben nicht in der Natur der Sache.
Und jetzt schaue ich, wie ich Sky kündigen kann. Vielleicht funktioniert das ja per Fax.