Google launcht ein neues Produkt: eine Art Google News für Smartspeaker. Und klassische Medienunternehmen? Schauen zu und verpassen gerade mal wieder das nächste große Ding. Read More
Geschichte wiederholt sich eben doch: Vor gefühlt hundert Jahren haben Zeitungen, Radio- und Fernsehsender allmählich begonnen, sich mit diesem neuen Digital-Kram zu beschäftigen. Sie hielten es für eine gute Idee, das Zeug, das sie ohnehin schon hatten, wenigstens in Auszügen rüberzukopieren ins Netz. Eigene Inhalte für neue Kanäle? Verwegene Idee. Zumal man ja gar nicht wollte, dass die Leute den Kram im Netz lesen, das sollte dann schon im angestammten Medium passieren. Das Netz, den Satz hörte man damals verblüffend oft, sei eine ganz passable Marketing-Plattform. Mehr nicht.
Der Aufschrei war und ist groß, seit im Netz ganz andere Spieler den Ton angegeben. Der Leistungsschutz-K(r)Kampf gegen Google ist Legende.
Inzwischen verlagern sich die Dinge im Netz. Weg von der klassischen Webseiten-Idee und den eingetippten Befehlen. Hin zu künstlichen Intelligenzen, zu Algorithmen – und zur Sprache, die in vielerlei Hinsicht den Text vielleicht nicht völlig ersetzen, aber zumindest in den Hintergrund stellen wird. Einer dieser Aspekte ist journalistischer Inhalt. Den liest man meistens, wenn man sich nicht gerade proaktiv für Video oder Audio entscheidet. Im Zeitalter des Smartspeakers ändert sich das gerade massiv. Statt sich morgens beispielsweise einen Radiosender zu suchen, der gerade Nachrichten hat, reicht ein dahingeworfenes: Was gibt es Neues? Und schon gibt der Speaker seine Nachrichten aus. Oder eine Tageszusammenfassung. Oder was auch immer.
Smartspeaker sind viel mehr als Radio
Diese Nachrichten sind bisher meistens Inhalte, die es ohnehin schon gibt. Die „Tagesschau“ beispielsweise verwendet die „Tagesschau in hundert Sekunden“, ein Digitalformat, das ebenfalls schon gefühlte 100 Jahre existiert. Das ist eine einfache und legitime Lösung. Allerdings auch eine, bei der der User schnell merkt, dass es sich dabei um eine Zweitverwertung handelt. Genauer gesagt: dass es gar kein Angebot ist, das speziell für Smartspeaker gemacht ist.
Die Hauptkritikpunkte:
Die „Nachrichtenblöcke“ sind zu lang. Und: Die Updates sind zu wenig. Man kann Themen, die weniger interessant sind, nicht überspringen. Und umgekehrt: Dinge, über die man dann gerne mehr wüsste, lassen sich nicht finden.
Kurz gesagt also: Die meisten bieten die guten alten Radio-Nachrichten an. Kann man schon machen, aber dann könnte man auch gleich Radio hören. Und dabei könnten Smartspeaker sehr viel mehr als Radio sein.
Ein paar simple Anforderungen an Smartspeaker
Daraus ließe sich ohne großes Nachdenken schon mal ein Mindestanspruch an Content für Smartspeaker ableiten: schnelle und kurze Übersichten dessen, was jetzt gerade aktuell. Nachvollziehbar, weil vermutlich niemand einen Smartspeaker nutzt, um 10-Minuten-Nachrichten zu hören. Die vergleichbar neue Gattung Smartspeaker füllt dabei also die Lücke zwischen den klassischen Radionachrichten und der aktuellen Webseite. Besser gesagt, der Speaker könnte diese Lücke füllen, macht er aber nicht. Smartspeaker sind bisher ein nicht gehaltenes Verspechen.
Das heißt, halt: Einen Anbieter soll es in nächster Zeit geben. Sie ahnen es? Exakt, Google. Der Suchmaschinen-Riese launcht eine sprachgetriebene Version von Google News. Mit all dem, was Nachrichten auf einen Speaker sein könnten: interaktiv und personalisiert.
Schon jetzt lässt sich daraus eine weitgehend risikobefreite Prognose abgeben: Einmal mehr wird ein Großkonzern den Medienunternehmen spürbar voraus sein. Nicht nur, weil ein Konzern wie Google über nahezu unbeschränkte Möglichkeiten verfügt. Sondern auch, weil die klassischen Medienhäuser den selben Fehler machen wie zu Anbeginn des kommerziellen Internets: Sie entwickeln nicht für einen neuen Kanal ein neues Angebot, sondern versuchen einfach nur, einen neuen Markt mit alten Inhalten zu besetzen.
Das ist das Grundelend bei der Digitalisierung seit 20 Jahren. Und es wird wohl auch in diesem Fall nur eine Frage der Zeit sein, bis jemand nach Regulierung schreit und von unfairem Wettbewerb spricht. Bin gespannt, ob am Ende jemand so argumentieren wird, dass radioähnliche Angebote den Radios vorbehalten bleiben müssen.
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