Bevor jetzt wieder die beliebten 5/10/20-Megatrends des kommenden Jahres diskutiert werden – ich biete für 2019 nur einen an: Sprache! Das ändert nicht nur für Nutzer einiges. Sondern auch und gerade für Medienmenschen. Read More
Meine Eltern, beide nicht übermäßig technikaffin, haben sich inzwischen ihre dritte „Alexa“ (so nennen sie Amazons Echo-Reihe) gekauft. Eine mit Screen für Wohnzimmer und eine für das obere Stockwerk hatten sie schon, jetzt ist noch eine dritte dazugekommen. Den genauen Zweck wissen sie vermutlich selbst nicht so genau. Muss ja auch nicht sein. Gelegentlich legt man sich ja einfach was zu, weil man es mag.
Zumindest: nicht so einfach. Klar kann man sich auch auf ein mobiles Gerät Radio- und Musikapps installieren und das dann mit Bluetooth koppeln. Aber das wäre Durchschnitts-Usern wie meinen Eltern zu kompliziert und nervig. Bei Alexa hingegen: Ein Zuruf, schon geht es. Falls ihr anmerken wollt, dass die Soundqualität eines Echo-Speakers überschaubar ist: Stimmt, aber wenn ihr guten Klang wollt, nehmt halt was von Sonos oder so. Da steckt auch Alexa drin.
Umgekehrt: Apples größtes Problem bei seinem HomePod ist weder das Design noch die gewohnt fluffige Preisgestaltung. Es ist „Siri“. „Siri“ ist im Vergleich zu Alexa und Google eindeutig das System mit der bescheidensten Intelligenz. Es geht also bei solchen Systemen aus der Sicht des Users nicht mehr nur um Musik oder irgendwelche Apps. Sondern darum, das Leben spürbar einfacher zu machen.
Dieses Vereinfachen beginnt schon damit, dass wir Sprache nutzen können und nicht mehr mühsam mit den Fingern auf kleinen Displays eintippen müssen. Es geht weiter damit, dass wir nur noch einen Ansprechpartner haben. Nicht mehr nach den besten Seiten und den besten Apps suchen – einfach nur: Hey Google, Alexa…mach mal! (Ich weiß, dass das nicht zwingend eine gute Entwicklung sein muss, ich schildere das nur mal aus der Sicht des Verbrauchers).
Dieses Vereinfachen geht weiter mit der Einrichtung – ja, von was genau eigentlich? Alexa, Google und sogar Siri sind immer da. Da muss nicht viel installiert, upgedatet und angepasst werden. Und schließlich endet diese gefühlte Vereinfachung in der ständigen Präsenz des Assistenten: Wer einmal seine Alexa angeschaltet hat, braucht sie theoretisch nie wieder auszuschalten (schon klar, genau darauf spekuliert Amazon ja).
Lässt man dabei mal weg, was Google oder Amazon aus den neu gewonnenen und immer größer werdenden Daten-Sprachschätzen macht: Die Idee des Sprach-Assistenten ist zu bestechend, als dass sie mittelfristig wieder verschwinden würde. Der Normalverbraucher ist nicht geschaffen und auch nicht geneigt, mühsame Befehlsketten auf kleinen Displays einzutippen. Er hat wenig Lust, sich lange mit Apps zu beschäftigen. Der Normalverbraucher will es möglichst einfach. Und genau das bietet ihm die Sprachsteuerung.
Zumal es beim Thema Sprache nicht nur um geschlossene Systeme wie Amazon oder Google geht. Sprache macht auch die Benutzung eines Rechners einfacher. Mal eben Siri nach einem Programm auf dem Mac suchen zu lassen, schnell eine Mail oder eine Nachricht zu diktieren, gehört für mich schon länger zu den bequemsten Errungenschaften. Man muss ja nicht gleich so weit gehen wie der durchschnittliche Teenager, der fast nichts mehr schreibt und stattdessen Sprachfetzennachrichten verschickt.
Für digitale Assistenten braucht es spezifischen Inhalt
Dazu gehört, dass man Alexa und Freunde erstmal als einen eigenständigen Medienkanal begreift. Als einen Kanal, der nicht einfach eine Abspielplattform ist. Sondern zunehmend mehr das, was heute das Smartphone ist: Begleiter in allen Lebenslagen, Helferlein für immer mehr Situationen.
Es ist wie 1996 zu Anbeginn des kommerziellen Web: Das Rennen werden die machen, die erkennen, welche ungeheuren Potentiale dahinter liegen. Momentan sieht es nicht danach aus, als würde gerade ein Wettrennen um die besten Startpositionen laufen, aber das kennt man von der trägen Medienmasse in Deutschland ja durchaus.
Die Prognose bleibt trotzdem: Sprache wird 2019 das große Ding. Der Sprung von der Nische in den Massenmarkt ist nur noch eine Frage der Zeit.
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