Der folgende Beitrag könnte Spuren von Optimismus enthalten, den weniger freundliche Zeitgenossen auch als Naivität bezeichnen würden. Davon abgesehen werden hier Dinge vermischt, die man möglicherweise besser nicht vermischen sollte. Mir ist außerdem bewusst, dass ein ordentlicher Rant weitaus mehr Reichweite erzielen würde. Trotzdem: Ich glaube, dass wir in Sachen Populismus und Medienschelte das Schlimmste hinter uns haben. Read More
Eine Studie von PwC ist unlängst zu einem wenig verblüffenden Ergebnis gekommen. Nämlich dem, dass das grundsätzliche Vertrauen in Social Media zurück gehe. Das wirft ein paar interessante Fragen auf. Unter anderem die, wie man überhaupt so dusselig sein konnte, jemals Social Media als undefinierter Gesamtmasse grundsätzlich vertrauen zu können. Aber immerhin haben das anscheinend eine ganze Menge Leute getan. Und ja, ich gebe zu: Auch meine eigene Haltung zum Thema „Social Media“ war schon mal euphorischer. Jetzt aber, ok, wir haben ein paar Lektionen gelernt. Man sollte sich nicht allzu sehr auf Netzwerke verlassen, die man mit schon mit ein paar gekauften Likes aus den Philippinen und billigen Robots aus dem Gleichgewicht bringen kann.
Umgekehrt haben wir dank freundlicher Mithilfe von Mr. Trump auch gelernt: Man kann über Journalismus und seine Protagonisten gerne ein bisschen schimpfen. Medienschelte wird uns auf dieser Welt begleiten, solange sie noch steht. Aber so ganz schlecht ist es im Zeitalter des Trumpismus und des AfD-Rechtspopulismus nicht, wenn man ein paar Journalisten hat, die über so altmodische Dinge wie eine ordentliche Ausbildung verfügen und die für ganz klassische Medien schreiben und senden. Ich schätze die Kollegen beispielsweise des „Bildblog“ durchaus, aber manchmal denke ich mir, es wäre schön, wenn man auch mal einfach sagen und sehen würde, wenn Journalisten ihren Job sehr ordentlich gemacht haben.
Ein wenig habe ich den Eindruck, dass die Arbeit von Journalisten nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland in diesem Jahr mehr gefruchtet hat als sonst. Klingt eigenartig, wenn man das in einem Jahr schreibt, in dem Donald Trump immer noch jeden Tag Lügen und Mist in die Welt pustet und in dem die AfD in nunmehr alle deutschen Landtage eingezogen ist.
Auf der anderen Seite: In den USA hat der Trumpismus bei den Midterms immerhin einen Dämpfer bekommen. Und in Deutschland? Ich will gut 10 und rund 13 Prozent bei den Landtagswahlen in Bayern und Hessen für die AfD nicht schönreden. Aber es hätte schlimmer kommen können. Nicht nur in der AfD gab es Leute, die die Partei bei den zurückliegenden Wahlen näher bei den 20 als bei 10 Prozent erwartet hätten.
Das hat natürlich nicht nur mit Journalismus zu tun. Aber es waren und sind Journalisten, die immer und immer wieder auf die Umtriebe der AfD hierzulande und auf die Folgen des Trumpismus in den USA hinweisen. Die Geschichten recherchieren, die dem Populisten-Storytelling zuwider laufen. Die Spendenaffäre der AfD ist so ein Beispiel – und als ich heute bei Facebook, dieses Bild hier gesehen habe, dachte ich mir: Alles richtig gemacht, wenn euch jetzt mangels Fakten nur noch die Opferrolle bleibt.
Vielleicht ist ja doch was dran (ich gebe zu, ich hatte meine Zweifel): Wenn man Lügnern, Populisten und Schreihälsen immer und immer wieder mit der normativen Kraft des Faktischen begegnet, geht dem Heißluftballon AfD und all den anderen irgendwann die Luft aus. Zumindest waren AfD, Pegida und Konsorten schon mal deutlich lauter und selbstgewisser. Ohne dass man jetzt gleich Entwarnung rufen könnte.
Das hat auch etwas mit dem gesteigerten Realismus zu tun, wenn wir heute mit Social Media umgehen. Inzwischen ist selbst für weniger medienaffine Menschen klar geworden, dass man nicht nur einfach nicht alles glauben sollte, was man dort findet. Sondern dass soziale Netzwerke eine zerstörerische und manipulativen Kraft entwickeln können.
Ich würde deswegen nicht so weit gehen wie manche derjenigen, die sich inzwischen Internetkritiker nennen und daraus ein Geschäftsmodell gemacht haben. Darüber habe ich übrigens die Tage mit der DLD-Chefin Steffi Czerny gesprochen, nachzuhören gerne hier in meinem Podcast bei den Freunden von LEAD digital.
Und man muss auch nicht gleich die Forderung unterschreiben, die Jaron Lanier in seinem viel gelesenen letzten Buch gestellt hat. Davon abgesehen, dass es eine naive Hoffnung ist, dass Nutzer jetzt zu Abertausenden aus sozialen Netzwerken aussteigen: Vermutlich müssen wir lernen, das Monster zu zähmen und etwas Besseres daraus zu machen, als in der Evolution einfach wieder eine ganze Stufe zurückzugehen.
Ich mag ja diese ganzen Fußball-Analogien nicht so sehr. Aber ein bisschen fühlt sich die Medienwelt Ende 2018 an wie die Nationalmannschaft. 2018 war ein gruseliges Jahr. Aber inzwischen sieht es so aus, als könnte es 2019 ganz ordentlich weitergehen. Weil was Gutes nachkommt.