Am letzten Wochenende habe ich einen kleinen Workshop auf der Play-Konferenz in Berlin gemacht. Das Motto klang bestechend einfach: Mach sie einfach selbst, diese Sache mit den Videos. Ist ja inzwischen auch zu simpel. Theoretisch reichen das Smartphone und ein bisschen Zubehör im Hundert-Euro-Bereich, schon kann man ganz ordentliche Videos drehen. Read More
Theoretisch, wie gesagt.
In der Praxis wird das jeder bestätigen können, der schon mal Videos gedreht hat: Die Frage nach Kamera und Equipment ist nur eine untergeordnete, wenn man ehrlich ist. Die beste Kamera macht aus einem Stümper keinen Könner und umgekehrt wird jemand mit dem Gefühl für gute Bilder und Geschichten auch aus eher kleinem Gerät Großes herausholen.
Kleiner Hinweis in eigener Sache: Bei den überaus geschätzten Kollegen von LEAD schreibe ich regelmäßig ein „How to“ zu Digital-Themen. Da geht es natürlich auch um Videos, aber auch um viele andere Sachen.
Aber das ist so ein Phänomen, das sich jetzt zwei Jahrzehnte Medien-Digitalisierung zieht. Die Technik wird immer leichter zu bedienen, theoretisch kann jeder alles machen. Damit wächst auch die Ungeduld, nach meinem bescheidenen Eindruck übrigens gerne an den verantwortlichen Stellen: Wenn das jetzt so einfach ist, liebe Leute, dann macht mal!
Zum Videofilmer in einem Tag
Seit ich Seminare mache und Unternehmen berate, komme ich immer wieder an diesen Punkt: Jemand will, dass ich ihm in allerkürzester Zeit eine funktionierende Infrastruktur für Video (ersetzen Sie das gerne auch durch Audio, Multimedia, Social Media) hinstelle und die Mitarbeiter in ebenso rekordverdächtiger Zeit zu Filmern, Podcastern, Social-Media-Managern und multimedialen Storyteller schule.
Kein Witz: Für „Video-Schulungen“ (das ist eine der häufigsten Fragen) für meistens blutige Laien wird von den Interessenten in den allermeisten Fällen genau ein Tag veranschlagt.
Das kann man natürlich schon machen. Man kann nahezu alles an einem Tag mal eben durchhecheln. Aber an einem Tag wird jemand nicht zum Video-Macher oder zum Podcaster. Er bekommt allenfalls einen Einblick, was man so alles machen kann und welche Grundlagen man darf benötigt.
Genau daran krankt der digitale Journalismus im Mainstream. Auch wenn inzwischen niemand mehr, die halbwegs bei Verstand ist, die Wucht der Digitalisierung abstreitet, so richtig einlassen, mit allen Konsequenzen, will man sich immer noch nicht. Anders kann man sich kaum erklären, dass es eine ganze Menge Häuser gibt, die ihre Leute innerhalb kürzester Frist zu halbwegs passablen Digital-Journalisten umwandeln wollen.
Dabei ist das Ergebnis fast immer vorhersehbar: Die Resultate nach Schnellschulungen gefallen weder den Produzenten noch den Konsumenten richtig gut, nach kurzer Zeit gibt man die Bemühungen dann wieder auf. So ging das schon mit den Anfängen des Webs, mit dem Aufkommen von Audios und so geht das jetzt auch mit Videos. Schnell soll das gehen, günstig sein, das ist dann auch schon alles.
Und so wird wohl weitergehen: Irgendjemand hört davon, dass man einen Inhalt jetzt auch ganz schnell und kostengünstig machen will, denkt an eine Schnellschulung und dann…siehe oben.