ARD und ZDF werden vermutlich ihre Apps demnächst umgestalten müssen. Damit endet ein bizarrer und seit Jahren währender Streit zum Thema Presseähnlichkeit zwischen den Sendern und den Zeitungsverlagen. Ein Sieg, der teuer erkauft wurde. Und spätestens in ein paar Wochen komplett vergessen ist. Read More
Die Prognose ist nicht sehr gewagt: Da entsteht gerade ein zweites Leistungsschutzrecht. Zumindest, was die komplette Wirkungslosigkeit angeht. Und den Versuch, einen adäquaten Umgang mit der Digitalisierung durch Symbolpolitik zu ersetzen.
Wenn es zu dem Kompromiss kommt, über den Branche seit ein paar Tagen munkelt, dann passiert demnächst das Folgende: ARD und ZDF (vor allem die ARD natürlich) werden ihre Apps so anpassen, dass sie nicht mehr unter den in erster Linie vom BDZV erfundenen Begriff der „Presseähnlichkeit“ fallen. Sie werden ihre Texte auf ein Minimum reduzieren und stattdessen vorwiegend mit Video und Audio arbeiten.
Vermutlich denkt man in Verlagskreisen, dass damit die natürliche Ordnung auch im Netz wieder hergestellt sei: Die Öffentlich-Rechtlichen machen Radio und Fernsehen, die Verlage machen „Presse“, wobei lustigerweise zum Verständnis einer digitalen Presse wie selbstverständlich der Einsatz von Video und Audio gehört. Nur, dass es bei den einen ein rechtswidriger Anschlag auf die deutschen Zeitungen sein soll und bei den anderen eine Anpassung an digitale Zeiten.
Und danach? Wird es wie beim Leistungsschutzrecht. Der BDZV hat einen Sieg errungen und wird das mit einer entsprechenden Pressemitteilung abfeiern. Den potentiellen Leser wird das wiederum so gut wie gar nicht interessieren, weil er in diesen Kategorien der Presseähnlichkeit gar nicht denkt. So wie die Durchsetzung des Leistungsschutzrechts ein sauteurer Flop war, mit exorbitanten Kosten und Einnahmen auf Mikro-Niveau, wird es auch bei dem jahrelangen Streit um vor allem die Tagesschau-App: Die Verlage hatten Recht, Recht, Recht! Und keiner merkt es. Geschweige denn, dass wegen weniger Texten und dafür mehr Videos irgendjemand auf die Idee kommt, deshalb eine Zeitung zu abonnieren.
Und nun? Bleibt die Aufgabe für die Verlage, insbesondere die Regionalzeitungen exakt dieselbe wie zuvor: eine Antwort zu finden auf den digitalen Medienwandel. Auf die Herausforderungen durch soziale Netzwerke, die zunehmende Dominanz von mobilen Plattformen, auf ein junges Publikum, die mit der publizistischen Idee solcher Blätter in immer mehr Fällen schlichtweg gar nichts anfangen kann.
Die Tagesschau wird zu diesen Herausforderungen eher nicht gehören. Für die Erkenntnis, so sie denn jemals in den Köpfen ankommen wird, hätte man sich allerdings nicht jahrelang streiten müssen. Und der schöne Vergleich mit Nordkorea haut inzwischen auch nicht mehr hin.