Jetzt kann ich es ja zugeben: Als ich irgendwann im vergangenem Jahr davon Wind bekam, dass Stefan Plöchinger von der SZ als Produktchef zum „Spiegel“ wechselt, habe ich mit mir selbst eine Wette abgeschlossen. Das erste Ding, das unter Plöchinger stirbt, ist diese verkopfte Missgeburt „Spiegel Daily“. Read More
Ich habe von Anfang an nicht kapiert, wie man ein solch undurchdachtes Produkt an den Start bringen kann. Eines habe ich nach dem Daily-Start für mich selbst begriffen: Man sollte keine Leute Digital-Produkte machen lassen, die von digitalem Leben nur so mittelviel Ahnung haben. „Spiegel Daily“ war auf so vielen Ebenen falsch, dass es keine gewagte These ist: Jemand, der auch nur ein bisschen Digital-Expertise hätte, wäre auf sowas nicht gekommen. Da hatten sich anscheinend im Haus nicht genügend getraut, dem Mastermind Schnibben zu widersprechen. Den Gedanken, dass sie beim „Spiegel“ ernsthaft von dem Ding überzeugt waren, traue ich mich jetzt lieber nicht zu denken.
Plöchinger hat das in altbewährter Manier hingebogen: zart, aber hart. „Spiegel Daily“ bleibt zwar offiziell, ist aber trotzdem tot. Zugute kamen dem Produktchef nackte Zahlen. Auf gut 5000 Abonnenten hat es das Angebot am Ende gebracht. Das ist eine noch heftigere Watschen als die 66 Prozent für Andrea Nahles.
Plöchinger avisierte Lösung für den „Spiegel“ ist keine radikal neue. Aber eine, die sich aufdrängt: Man zahlt eine Flatrate und bekommt dann mehr oder weniger alles. Beim „Spiegel“ soll sie 19,90 Euro betragen, weniger als bei allen anderen Qualitätsangeboten in Deutschland. Für 24,90 Euro gibt es auch die gedruckte Ausgabe dazu.
Genau das – und nur das – ist der Weg beim Thema „Paid Content“. Als User mag ich nicht lange nachdenken müssen, was jetzt wie genau berechnet wird. Das war ja auch der Irrsinn bei „Spiegel Daily“: Da waren ernsthaft auch Inhalte aus dem kostenlosen Angebot von „Spiegel Online“ drin. Mit Flatrates haben ja übrigens auch Telkos und Musikindustrie gute Erfahrungen gemacht. Schön, dass man in unserer Medienbranche jetzt ebenfalls dahinter kommt.
Was sie beim „Spiegel“ und einigen anderen jetzt noch hinbekommen müssen: Die Annäherung der digitalen und „analogen“ Angebote. Nicht wegen des Workflows, das natürlich auch. Sondern was die Inhalte angeht: Eine Marke ist eine Marke ist eine Marke. Wer eine Flatrate bezahlt, will seine Marke und ihre Qualität auf allen Kanälen. Da wären jetzt zum Beispiel Anhänger des gedruckten „Focus“ ganz schön angeschmiert…
Eine Spiegel-Flat will der Markt genauso wenig wie eine für die FAZ oder die Zeit. Das wäre so wie eine Telekom-Flat, die nur netzintern funktioniert.
Eine News-Flat muss wie Readly, Spotify oder Netflix strukturiert sein. Sonst wird das nix.
Bei Zeit und SZ funktioniert das schon ganz gut. Und eine Newsflat mit allem könnte ja höchstens einer anbieten. Davon abgesehen: was spricht dagegen, Content von einer Marke auf vielen Kanälen beziehen zu wollen?
Mit „fast“ allem können durchaus mehrere, wie man bei Musik-Flats sehen kann. Spotify, Tidal, Apple Music, Google Music, Amazon Music, Deezer…
Readly zeigt ja, wie (und dass) es geht. Da sind viele Verlage präsent, die parallel eigene Digitalabos verticken.
Die Leute zahlen durchaus für all „you can eat“ aber eben nicht fünf bis zehn mal mehr als 20 Euro für Einzelabos. Aber ok, manchmal muss man den Kopf mehrfach gegen die Wand knallen.
19,90 Euro pro Monat, nur für den Spiegel und für DAS was da gerade produziert wird? Viel Spaß damit!