Wie umgehen mit wandelnden Provokationen wie Beatrix von Storch? Sowohl als Journalist als auch ganz privat werde ich momentan das Gefühl nicht los: Eine richtig gute Lösung gibt es einfach nicht. Read More
In der Theorie weiß man das ja: Die Taktik von Gestalten wie Beatrix von Storch ist die reine Provokation. Sie und die anderen aus der blaubraunen Sippschaft überschreiten bewusst alle Grenzen, brechen Tabus und bekommen für die Latrinenparolen einiges an Aufmerksamkeit.
Das hat bisher prima funktioniert. Soweit sogar, dass die AfD in den sozialen Netzwerken, gemessen an ihren 12 Prozent, deutlich überrepräsentiert ist. Das sagt einiges über die Funktion und auch den gelegentlichen Irrsinn solcher Netzwerke. Trotzdem, eine wirklich gute Idee für den Umgang damit habe ich für mich immer noch nicht gefunden. Nicht für mich privat und auch nicht als Journalist.
Ein paar Varianten habe ich durchprobiert. Meistens finde ich sie eine Zeitlang ziemlich gut, bis mir dann Zweifel kommen, ich wieder eine andere versuche, um dann wieder…aber sehen Sie selbst.
Variante 1: Nicht mal ignorieren
„Nicht mal ignorieren“ ist eine der schönsten Lebensweisheiten, die wir in Bayern haben. Im Falle des AfD-Storchs heißt das: Was soll ich mich aufregen über jemanden, der sich genau das zum Ziel gesetzt hat? Nämlich, dass ich mich aufrege, irgendwas poste, ihr ungewollt weitere Reichweite und Aufmerksamkeit gebe und ihr nebenbei die Gelegenheit verschaffe, alle, die nicht ihrer Meinung sind, als linksversiffte, unwissende, naive Dummköpfe hinzustellen, die sich von wildernden Moslems die Frauen vergewaltigen und das ganze Land wegnehmen lassen. Am vernünftigsten wäre es, einer billigen Provokation erst gar nicht auf den Leim zu gehen. Das ist ein bisschen wie bei kleinen Kindern: Wenn man ihrem Rumgebrülle erst gar keine Aufmerksamkeit widmet, wird auch die kleine Beatrix irgendwann mal wieder ruhig werden und versuchen, sich wenigstens halbwegs wie ein zivilisierter Mensch zu benehmen. Mit irgendwelchen Argumenten sollte man es gar nicht erst probieren, weil Storch und die AfD ja gar keinen Diskurs wollen: Ihre gesamte Existenzberechtigung beziehen sie aus dem pöbelndem Geschrei – und nicht aus der halbwegs gesitteten Debatte. Oder kann sich jemand ernsthaft Frau von Storch in der selbstreflektierenden Denkerhaltung vorstellen?
Variante 2: Einfach mal dagegenhalten
Zugegeben, es gehört für mich zu den schwersten Übungen, die Klappe zu halten, wenn jemand – bildlich gesprochen – irgendwo reinkommt und erstmal auf den Teppich kotzt. Im echten Leben würde ich in so einer Situation ja auch nicht lächelnd daneben stehen und mir denken: Der will ja nur provozieren – einfach nicht beachten! Im echten Leben und auch bei halbwegs vernünftigen Menschen würde ich mich auf die Kraft der Argumente und der Auseinandersetzung verlassen.
Und hey, gibt es nicht ein paar kluge Argumente dafür, auch mit Rechten zu reden?
Sind die USA nicht auch deswegen in diese unschöne Situation des Trumpismus gelandet, weil es eine irgendwie halblinke, im Gewand der moralischen Totalüberlegenheit daherkommende gehobene Mittelschicht aus Journalisten und anderen Gestalten gab, die letztendlich schon wussten, was gut für Land und Leute ist?
Ist es nicht eine Form dieses unschönen, bevormundenden Nanny-Journalismus, wenn man nur mit Menschen diskutiert, die dem strengen Blick aus der Position der moralischen Überlegenheit standhalten? Und sind am Ende des Tages irgendwelche Kampfemanzen, die vermeintlich sexistische Gedichte von Häuserwänden entfernen lassen, auf ihre Art nicht genauso unangenehm wie die Storchs, weil sie eben genauso viel Schaum vor dem Mund und eine sehr verengte Sicht auf ihre Welt haben?
Also dagegen halten! Rein ins Getümmel, keine Debatte auslassen, klare Standpunkte vertreten. Der kleinen, brüllenden Beatrix klar machen, dass es so nicht läuft, dass man entschieden anderer Meinung ist – und diese Meinung dann auch klar vertreten.
Variante 3: Katzenbilder!
Ach, die Welt könnte so friedlich sein, wenn wir mehr Cat Content hätten. Auf jeden Kotz-Tweet der AfD mit ein paar Katzenbildern antworten, alternativ gehen auch Hundebabys und Eisbären. Ein Signal setzen, dass Pöbeleien bestenfalls das Gegenteil bewirken und dass man dieses ganze „Wir werden alle sterben und Merkel ist schuld“-Geblöke einfach nicht für voll nimmt.
Das Problem an allen Varianten: Immer, wenn ich von einer halbwegs überzeugt bin, merke ich, dass sie in der Umsetzung nur mäßig erfolgreich ist. Weil ich dann ins Zweifeln komme, ob jetzt nicht gerade die jeweilige andere Strategie die deutlich bessere wäre.
Wenn also jemand irgendeine gute Idee oder Erfahrungen hat, ich freue mich ganz ironiebefreit über jeden Hinweis…