Für uns Journalisten wäre die Sache normalerweise schnell klar: eine Datenkrake, hochgradig unzuverlässig, Finger weg! Aber was ist schon normal, wenn es um Facebook geht? Auch nach der Geschichte mit Cambridge Analytica sind Journalisten, Redaktionen, Unternehmen gefangen im „Man-müsste-eigentlich“-Paradox. Read More
Dass Facebook alles andere als ein idealer Partner für uns Medienmenschen ist, beklagen Journalisten, Verlage und Sender schon lange (da sind sie sich ausnahmsweise einig). Auch in der aktuellen Ausgabe des „Spiegel“ ist nicht nur von Privatnutzern die Rede, wenn es um die „Falle Facebook“ geht. Stattdessen dürfen sich auch Medien-Hochkaräter über Zuckerbergs kleines Monster beklagen: von der FAZ bis zu Gruner&Jahr.
Trotzdem wird erstmal alles so weiter gehen wie bisher, allen Delete-Facebook-Hashtags zum Trotz (Hinweis: Ich werde vermutlich keine Ausnahme machen). Weil wir inzwischen viel zu verstrickt sind in den Zuckerberg-Konzern. Eine Social-Media-Strategie ohne Facebook, ohne Instagram, ohne WhatsApp? Das braucht man nicht mal zu denken. Weil es Zuckerberg und Freunde hinbekommen haben, dass Facebook nicht einfach nur eine Social-Media-Plattform ist. Die Plattform ist für zig Millionen Menschen inzwischen fester Bestandteil der täglichen Infrastruktur. Postings, Nachrichten, Termine, es gibt fast nichts mehr, was nicht über Facebook gemacht wird. Delete? Gerne. Wenn man in Kauf nimmt, plötzlich von einem großen Teil der täglichen digitalen Kommunikation abgeschnitten zu sein.
Für Journalisten und andere Medienmenschen gilt das noch mehr. Alle Versuche, auf die Veros und Ellos dieser Welt auszuweichen, haben nicht funktionieren. Ein paar Tage nach dem Hype stellt man fest, dass es dort auch nicht anders ist und dass man jetzt dann die doppelte Arbeit hat, weil der allergrößte Teil dann eben doch bei Facebook geblieben ist. Das Dogma, dass Journalisten dort vertreten sein müssen, mag uralt sein. Es ist trotzdem wahr. Leider.
Jedesmal, wenn ich auf Facebook bin, könnte ich ein bisschen kotzen
Trotzdem, auch wenn ich selber natürlich keinen Deut konsequenter bin: Es ist immer wieder erstaunlich, wie meine digitale Filterblase (mich eingeschlossen) gerne über vermeintlich ahnungslose Politiker, Konzerne und Unternehmen herfällt und ihnen erklärt, warum sie die digitale Zukunft komplett verschlafen – und gleichzeitig kein Problem damit hat, Facebook weiter tagtäglich mit vielen hübschen Beiträgen, Fotos, Diskussionen und natürlich Metadaten zu füttern.
Meine persönliche Ambivalenz lässt sich leicht erklären: Ich könnte jedesmal kotzen bei der Vorstellung, wie ich jetzt gerade wieder diese hochgradig unsympathische, demokratiegefährdende Maschine füttere – um es dann doch wieder zu tun. Weil, siehe oben: geht ja nicht anders. Klar sind meine Privateinstellungen so privat wie möglich gehalten, klar bemühe ich mich, private Dinge so privat wie möglich zu halten. Trotzdem: Das ist natürlich nicht das, was ich gerne hätte, angesichts dessen, was sich Facebook regelmäßig erlaubt (und das ist ja nicht nur die Cambridge-Geschichte).
Es wäre ein erster Schritt, wenn wir Journalisten uns aus diesem Fatalismus befreien könnten. Aus dieser Es-geht-ja-leider-nicht-anders-Haltung. Doch, es geht anders. Nicht von heute auf morgen und natürlich nicht so, dass wir irgendwann mal vollständig verzichten können. Holen wir uns das Netz langsam wieder zurück, machen wir es wieder zu unserem Netz. Schon möglich, dass man irgendwann mal Facebook regulieren wird. Aber ganz so lange sollten wir als Journalisten dann doch nicht warten.
@Christian, re: >> Holen wir uns das Netz langsam wieder zurück, machen wir es wieder zu unserem Netz. <<
Hast du neben dem Kommentieren und Debattieren solcher Posts auf unseren eigenen Plattformen (und nicht bei Facebook) noch andere konkrete Vorschläge? 😉