Die Schweizer haben sich mit einer überwältigenden Mehrheit für den Erhalt des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ausgesprochen. Vermutlich wäre es eine gute Idee, wenn sich ARD und ZDF in Deutschland ebenfalls einer Abstimmung stellen würden. Schon alleine, um die Debatten um die Legitimität der Sender zu beenden. Read More
Im letzten „Universalcast“ habe ich mich mit Konrad Weber über die No-Billag-Initiative unterhalten. Das war vor dem 4. März. Zu diesem Zeitpunkt musste sich der SRG-Digital-Mann noch ernsthaft Sorgen um den Fortbestand seines Arbeitgebers machen. Schließlich gingen nahezu alle Prognosen von einem sehr engen Ergebnis aus. Und war das nicht auch naheliegend: dass die ganzen erklärten Gegner des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mal ein echtes Zeichen setzen?
Das Ergebnis ist ernüchternd. Zumindest dann, wenn man ernsthaft glaubt, dass sich in ganz Europa eine Bewegung gegen die öffentlich-rechtlichen Sender zusammengefunden hat. Wenn man also wie die FAZ und Springer gerne von „Zwangsgebühren“, „Staatspresse“ und „Nordkorea“ schreibt, dann muss die Eindeutigkeit, mit der die Schweizer ihre SRG unterstützt haben, ziemlich ernüchternd sein.
Man kann aus dem Schweizer Ergebnis also erst einmal ein paar beruhigende Erkenntnisse mitnehmen.
Erstens: Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass aus Lautstärke und derber Wortwahl gleichzeitig auch eine Mehrheit erwächst (daraus kann man womöglich sogar was im Umgang mit der Schreihals-AfD lernen). Die Gegner der Öffentlich-Rechtlichen sind womöglich sehr laut, aber dadurch alleine noch lange keine Mehrheit.
Zweitens: Wenn es wirklich drauf ankommt, wird einer Mehrheit womöglich klar, dass es keine so gute Idee ist, den gesamten Medienmarkt den Privaten zu überlassen. Womöglich dämmert es dem einen oder anderen auch, dass beispielsweise eine FAZ oder die „Welt“ eine sehr viel klarere politische Agenda verfolgen, als man sie ARD und ZDF jemals andichten könnte. Und dass man sich natürlich über viel Flachsinn in den TV-Programmen echauffieren kann, der Flachsinn aber nie so flach sein kann wie der Bachelor-GNTM-Flachsinn.
Drittens: Vielleicht sollte man auch in Deutschland mal über ARD und ZDF abstimmen lassen. Nicht nur, weil es sich eine Mehrheit der Deutschen wünscht. Sondern weil man damit dann auch den Hanfelds und Döpfners die Opferrolle nehmen könnte und der AfD womöglich gleich noch eines ihrer Lieblings-Themen.
Die Taktik ist ja schließlich immer die gleiche: Man delegitimiert Sender dadurch, indem man einfach behauptet, die Mehrheit der Menschen sei gegen sie. Vermutlich wäre es deshalb eine gute Idee, wenn sich ARD und ZDF diese Legitimation einfach holen würden. In der Schweiz zumindest können selbst die eingefleischtesten Populisten nicht mehr behaupten, die Bürger wollten ja gar keine SRG mehr.
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Alles bestens also bei den öffentlich-rechtlichen Sendern, immer weiter so? Das Ergebnis aus der Schweiz ist natürlich kein Freibrief für ARD und ZDF. Weil es dann unter dem Strich doch zu vieles gibt, was im Argen liegt. Und weil es tatsächlich nicht so weitergehen kann, wie es der eine oder andere Intendant gerne hätte: Wenn gerade mal wieder das Geld ausgeht, dann muss man eben mit höheren Gebühren ausgleichen.
Natürlich kostet ordentlicher Journalismus viel Geld, aber wenn man bei einer Gebührenausstattung von rund 8 Milliarden ernsthaft über Unterfinanzierung debattieren will, dann läuft irgendwas schief. Auch als bekennender Befürworter der Öffentlich-Rechtlichen kommt man an der Erkenntnis nicht vorbei, dass es sich um einen riesigen, an manchen Stellen überdimensionierten und nicht immer effizienten Apparat handelt. Um einen Apparat zudem, in dem (so ist das nun mal) auch die Apparatschiks gedeihen. Und um einen, in dem man sich von der echten Welt ein Stück weit wegbewegt hat.
All das, was man jetzt auf Seiten der Öffentlich-Rechtlichen sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland verlautbaren lässt, zeigt, wie weit es in den letzten Jahrzehnten gekommen ist. Wenn man also ernsthaft ankündigt, ein bisschen sparen und mehr mit den Zuschauern reden zu wollen, ist das ungewollt auch ein Beleg dafür, dass es in diesen Bereichen bisher ein paar Versäumnisse gegeben hat.