Mitarbeitern ein Smartphone schenken? Die dann womöglich damit auch noch privat damit telefonieren? Wo kämen wir denn dahin? Eine kleine Posse – die zeigt, warum man sich vielen deutschen Redaktionen mit diesem Internet immer noch schwer tut. Read More
Der folgende kleine Beitrag ist aus sehr eigenen Erfahrungen entstanden, großes Ehrenwort. Mein Job bringt es allerdings mit sich, dass ich keine Namen, Orte und Firmen nenne.
Ich mache momentan ziemlich viele Projekte, die mit Mobile Reporting zu tun haben. Nicht nur, weil ich davon überzeugt bin, dass jetzt die Zeit gekommen ist, in der gute Smartphones mit ihren mittlerweile nahezu unendlichen Möglichkeiten unsere Art des Journalismus massiv verändern werden. Sondern auch, weil die Nachfrage inzwischen auch den Mainstream erreicht hat und keineswegs mehr nur noch bei den „Early Adoptern“ debattiert wird. Das ist gerade so ein Hype wie die Einführung von diesem www. Alle haben mal was davon gehört und hätten jetzt auch gerne so was mit Handys und Mobile und Multimedia.
In nahezu allen Projekten kommt man in den Debatten mit Chefredaktionen und Geschäftsführungen schnell an einen Punkt: Welches Equipment, wer bekommt was wann zur Verfügung gestellt? Und auch im Jahr 2018 gibt es immer noch eine ganz erstaunliche Debatte, die insbesondere in eher etablierten und konservativen Häusern geführt wird: darum, ob man Mitarbeitern ernsthaft ein Smartphone samt Equipment zum dauerhaften Gebrauch zur Verfügung stellt. Natürlich wäre es prima, wenn der Mitarbeiter ein solches Handy hätte und es auch außerhalb der klassischen Redaktionszeiten mal verwendet, weil genau das ja den Charme eines solchen Geräts ausmacht. Man hat es immer dabei. Und wenn man mal schnell was entdeckt, das für ein Foto oder ein kurzes Video geeignet ist, dann kann man damit schnell mal draufhalten und veröffentlichen.
So weit, so verlockend.
Blöd nur: Mit so einem Smartphone, das ohne Sim-Karte ja nicht sehr viel nutzt, könnte man auch privat was machen. Telefonieren, ins Netz gehen, solche Sachen halt. Und teuer ist so eine Kiste zudem. Müsste man da also nicht erst mal ein ordentliches Regelwerk schaffen, das genau festlegt, was der Mitarbeiter alles nicht darf und welche Kosten er zu tragen hat, wenn er es wagen sollte, privat zu telefonieren oder zu surfen? Und wäre es nicht eigentlich gleich viel besser, würde der Mitarbeiter für all diese Dinge sein eigenes Handy nehmen, das er mutmaßlich ohnehin besitzt?
Das, ich schwöre es, hat in nicht ganz wenigen Häusern zu unschönen Begleiterscheinungen geführt. Dazu, dass das Regelwerk immer noch nicht fertig ist, die Mitarbeiter genervt sind und ein alles in allem unschöner Stellungskrieg um Kleinigkeiten entbrannt ist: Mitarbeiter sehen es plötzlich ganz prinzipiell nicht ein, mit eigenen Geräten zu arbeiten, wenn die Geschäftsführung ebenfalls mal einige Dinge so ganz prinzipiell für unmöglich erklärt. Währenddessen vergeht die Zeit und die Uhr tickt weiter und man fragt sich intern dann schon mal auch, warum zur Hölle man mit diesem Digital-Mist nicht schon viel weiter ist. (Nebenbei: Thomas Knüwer berichtet im Universalcode-Podcast von ähnlichen Beobachtungen).
Unlängst genau das Gegenteil erlebt: einen Geschäftsführer, der seine ganze Redaktion mit nagelneuen iPhones, SIM-Karten und ziemlich viel geilem Zubehör ausstattet. Mit dem Effekt, dass sie sich in der Redaktion gefreut haben wie die Schnitzel – und der Output an mobilem Material schlagartig angestiegen ist. Was keineswegs den Effekt hat, dass man der darbenden Redaktion mal was Gutes getan und damit deren Laune gesteigert hat (das natürlich auch). Der Effekt dürfte sehr bald auch betriebswirtschaftlich zu messen sein.
Und insgeheim denke ich mir mal wieder: Das Problem bei der Digitalisierung ist nicht die Technik. Es sind die analogen Köpfe, die immer noch viel zu oft vorne dran sitzen.