Über „Fire&Fury“ kann man sich amüsieren. Oder man kann erschrecken. Oder beides zusammen. Man kann es auch völlig gleichgültig hinnehmen und bestenfalls mit den Schultern zucken. Nur eines kann man bei diesem Buch nicht: überrascht sein. Wer es liest, sieht sich in dem bestätigt, was er schon immer geahnt/gewusst/befürchtet hat. Der US-Präsident als ein unterbelichteter Gimpel, der nichts weiß, nichts wissen will, ignorant und von schlechten Beratern umgeben ist. Daneben eine Familie, die mit irre noch vorsichtig umschrieben ist. Read More
Genau das ist das Problem an diesem Buch. Für uns Journalisten, für Medien, für eine ganze Gesellschaft. Man bekommt bestätigt, was man weiß. Was man bestätigt bekommen will. Während alle anderen das Buch entweder gar nicht lesen oder es als klassische „Fake News“ abtun werden.
Dabei, zugegeben: Natürlich habe ich „Fire&Fury“ auch gelesen. Ich finde, dass das Buch seine Berechtigung hat. Nicht, weil es auch den kleinen Voyeur in uns allen befriedigt. Sondern weil man sich vermutlich selbst als Berufsskeptiker kaum eine Vorstellung davon macht, wie groß der Irrsinn im Weißen Haus inzwischen wirklich ist. Selbst wenn man die journalistische Methodik von Michael Wolff kritisieren kann, selbst wenn man über seine Motive streiten kann: Derart detailliert und präzise ist der Irrsinn des mächtigsten Mannes der Welt bisher nicht beschrieben worden. Und auch das ist eben eine klassische Aufgabe des Journalismus.
Trotzdem stößt dieser klassische Journalismus in einer Welt der sozialen Media-Kakophonie zunehmend an Grenzen. Wer in dieser digitalen Gesellschaft zunehmend mehr Reflexe statt Reflexion auslöst. In diesem Fall hat es der Trump-Gegner ja schon immer gewusst, während seine Befürworter laut „Fake News“ schreien werden (ihr Idol und Präsident macht es ihnen ja gerade vor).
Wie sehr man etwas glauben möchte, nur weil es ins eigene Bild passt und weil man meint, es könnte ja wenigstens stimmen, zeigt die Geschichte vom „Gorilla Channel“, die kurzzeitig mal richtig viral ging im Netz. Demnach zeigte sich Trump kurz nach seinem Einzug ins Weiße Haus unzufrieden, dass sein Fernseher keinen „Gorilla Channel“ hatte. In ihrer Not bauten im die Bediensteten im Haus eine Fake-Channel, der 24 Stunden lang Gorilla-Videos zeigte. Doch auch damit zeigte sich Trump unzufrieden – u.a. auch deswegen, weil die Gorillas nie kämpften.
Nette Geschichte, gute erfunden. Aber eben – erfunden. Trotzdem wurde sie von Zigtausenden geglaubt und geteilt.
Immerhin, eines ist Michael Wolff gelungen. Zum ersten Mal hat ein Mensch den Vorwurf, nicht gerade der Hellste zu sein, mit der Feststellung gekontert, in Wahrheit ein Genie zu sein; ein sehr stabiles noch dazu. Den Irrsinn muss man erst mal hinbekommen.