In nicht ganz wenigen Medienhäusern herrscht immer noch eine ebenso merkwürdige wie falsche Vorstellung vor. Für sie ist es für Facebook die einzige Daseinsberechtigung, eine zusätzliche Plattform für Medieninhalte zu sein. Read More
Über die kommt man dann prima an dieses junge Publikum heran, das sich so beharrlich weigert, gedruckte Zeitungen in die Hand zu nehmen oder lineares Fernsehen zu schauen. Deshalb postet man jetzt das eine oder andere bei Facebook, engagiert womöglich einen Social-Media-Manager – und irgendwann wird alles gut. Ist ja letztendlich egal, wenn die Leser und Zuschauer einfach nur einen kleinen Umweg machen und am Ende wieder da landen, wo sie hingehören.
Dumm nur, dass Facebook das ganz und gar nicht so sieht.
Warum auch? Aus der Sicht des Konzerns sind Medien und Journalisten ein kleiner Bestandteil seines Kosmos. Kein uninteressanter Teil, das nicht. Aber eben auch keiner, der von überragender Bedeutung wäre. Facebook macht eine Plattform, die in erster Linie für Werbekunden und für Nutzer interessant sein soll. Wenn es Medien sind, die diese Plattform interessant machen, soll es recht sein. Falls man mit einem 10-Stunden-Video von kopulierenden Fliegen Quote macht, dann stellt Facebook auch das in den Mittelpunkt seiner Strategie.
Das sollte man sich – so banal es ist – vielleicht mal vor Augen halten, wenn es um den richtigen Umgang mit dem Social-Media-Riesen geht. Facebook interessiert sich einen feuchten Dreck dafür, ob und wie Verlage ihren Kram unter die Leute bekommen. Facebook interessiert sich (was legitim ist) für seinen eigenen Kanal. Dass Facebook für diesen Kanal Medieninhalte nicht mehr ganz so sehr braucht, zeigen eine ganze reihe Entscheidungen aus den letzten Monaten. Am Ende stand dann ein eindeutiges Ergebnis: Die organische Reichweite von Seiten und damit auch von vielen Redaktionen geht spürbar zurück.
Es wird Zeit für eine neue Strategie im Umgang mit Facebook
Es ist im Übrigen eine interessante Beobachtung, die ich auch im kleinen bei mir selber mache. Irgendwelche semiprivaten Inhalte laufen nach wie vor ganz gut. Alles, was ich über Seiten wie z.B. die des Universalcode-Projektes mache, erzielt bei weitem nicht mehr die Resonanz und die Reichweite wie noch beispielsweise vor einem Jahr.
Davon abgesehen: Der Trend bei Facebook geht zunehmend mehr in Richtung Videos. Mit einem normalen Textposting säuft man inzwischen häufig gnadenlos ab.
Das alles sind Entwicklungen, die Verlagen und Sendern nicht gerade entgegenkommen. Zumal sich auch beobachten lässt, dass User vielleicht dann doch gar nicht so versessen auf facebookende Redaktionen sind wie wir immer glauben.
Wenn aber die Position der Redaktionen bei Facebook sehr viel schwächer ist als sie alle annehmen – dann wird es höchste Zeit, sich endlich von den Zuckerberg-Fesseln zu befreien. Neue Strategien zu entwickeln, sich endlich mit Nachdruck an das Thema Innovationen zu machen, eine eigene Community zu gründen. Kurz gesagt: endlich wieder selbst Journalismus machen, mit seinen Nutzern interagieren, mit ihnen all das machen, was Journalismus schon seit hundert Jahren macht. Auf Dauer die Rolle des ungeliebten Zulieferers zu spielen, ist ein bisschen wenig Strategie.
Sorry, ich muss dir massiv widersprechen. Erstmal wäre es logisch, wenn jedes Posting unabhängig vom Absender weniger Reichweite erzielt, denn die Zahl der Postings auf Facebook steigt schnelle als die Zahl der Page-Likes und Kontakte. Ob das tatsächlich so ist, wissen wir nicht, da niemand die Reichweite von privaten Accounts sehen kann.
Aber: Die von uns betreuten Pages (zwischen ein paar hundert und mehreren hunderttausend Likes) verzeichnen weiter steigende Reichweiten.
Weshalb? Weil sie professionell geführt werden. Und genau das ist bei Medienpages nicht der Fall. Nur das offensichtlichste Beispiel: Mit einer Page alle Themen zu verarbeiten und deshalb im Stundentakt oder schneller zu posten ist kontraproduktiv, denn FB will nicht (und das ist auch richtig), dass ein Absender die Timeline dominiert. Solche offensichtlichen Fehler (auf die man mit gesundem Menschenverstand kommen kann) gibt es etliche.
Das betrifft auch das Thema Video. Dass Videopostings höhere Reichweiten erzielen, würden wir so absolut derzeit nicht unterschreiben.
Um so erstaunlicher finde ich, dass die ÖR ständig Werbung machen für private Unternehmen wie Facebook und Twitter: z.B. vergeht kaum eine Sportsendung ohne Hinweis auf diese zwei Datenkraken. Bei den rund 7 Mrd. € Demokratieabgabe jährlich ist kein Geld für die Entwicklung alternativer Plattformen da? Wenn ich als Kameramann ein Interview für die ÖR drehe mit einem Musiker an der Bar des Veranstaltungsorts, wird mir das Videomaterial um die Ohren gehauen, wenn im Hintergrund (an der Bar!) Flaschenetiketten zu identifizieren sind. Kann ich nachvollziehen, denn das wäre Werbung. Um so erstaunlicher finde ich, dass die ÖR… (Hilfe, ich bin in einer Endlosschleife!)
@Thomas Knuewer
Interessant, wie flott Sie in ihrer Defensivschrift von der ersten Person singular in die erste Person plural uebergehen. Versuchen Sie etwa sich groesser zu machen, als Sie es in Wirklichkeit sind? „Massiv widersprechen“ klappt uebrigens nicht, wenn die angefuehrten ‚Argumente‘ nur heisse Luft sind.
„Erstmal wäre es logisch, wenn jedes Posting unabhängig vom Absender weniger Reichweite erzielt, denn die Zahl der Postings auf Facebook steigt schnelle als die Zahl der Page-Likes und Kontakte. “
Ihrem Satz fehlt jede nachvollziehbare Logik -> Syntax Error! Was Sie mit ‚wenn‘ verklausulieren, ist ein ‚dass‘. Folglich haben Sie keine Eingangsbedingung (wenn) bzw. nennen sie nicht. Eine ordentliche Darstellung des Zusammenhangs ihrer „Logik“ mit was auch immer aus dem Artikel fehlt ebenso.
Wenn die „Pages“ – wie von ihnen angegegeben – professionell gefuehrt werden, wieso schaffen Sie es nicht, ihre Kritik hier so zu verfassen, dass sie fuer Otto-Normal-Leser durchgehend verstaendlich und nachvollziehbar ist?
Ihr Versuch ein Argument aufzubauen ist also gescheitert und ihr Kommentar ist folglich nebst Selbstbeweihraeucherung nicht viel mehr als ein unbegruendeter Widerspruch mit der Einlassung, dass Sie ueber ein fuer die Beurteilung vermutetermassen wichtiges Kriterium, naemlich „die Reichweite privater Account“, nichts wissen (Pauschalisierung „niemand […] sieht“) und der Meinung sind, dass die Facebookseiten der Leitmedien („Medienpages“) pauschal unprofessionell betreut werden (ganz im Gegenteil zu Ihrer „Betreuung“, zwinker zwinker). Der Rest ihrer Kritik besteht ansonsten nichtmal mehr aus Pseudo-Argumenten. Es reiht sich lediglich eine Behauptung an die naechste.
Ich hoffe doch sehr fuer ihre Kunden, dass Sie nicht persoenlich texten, sondern dafuer Profis beschaeftigen, die die deutsche Sprache syntaktisch voll erfasst haben und Fehlschluesse und Definitionsluecken zu vermeiden wissen.
„Neue Strategien zu entwickeln, sich endlich mit Nachdruck an das Thema Innovationen zu machen, eine eigene Community zu gründen. Kurz gesagt: endlich wieder selbst Journalismus machen, mit seinen Nutzern interagieren, mit ihnen all das machen, was Journalismus schon seit hundert Jahren macht.“ Das klingt wirklich interessant, gerade auch im Regionalen. Was meinen Sie genau mit eigener Community? Auf welcher technischen Plattform und mit welchen Features soll das wie ablaufen?
Mir geht es gar nicht so sehr um technologische Plattformen. Die kann man schon einrichten, die müssten halt dann mal ein bisschen mehr können als reines kommentieren.
Was ich wichtig fände: Aus der Region eine eigene Community zu machen. Weg vom klassischen Top-Downgedanken (wir veröffentlichen einen Artikel und ihr könnt dann was dazu sagen). Die eigene Marke umbauen zu einer Medien-Community und das auch entsprechend kommunizieren. Proaktiv Foren bilden, Menschen immer wieder zu diesen Gelegenheiten einladen. Bisher tragen wir die User ja geradezu Facebook hinterher.
Dazu aber bräuchte man in der Tat eine verlagsübergreifende Strategie. Und die gibt es nach meinem Wissen derzeit de facto bei fast niemanden.
@Andre: Hui, woher die Häme? Tatsächlich hätte ich im zweiten Part natürlich erwähnen müssen, dass es hier um unsere Erfahrungen bei kpunktnull geht. Wie groß unsere Firma ist, lässt sich auf der Teamseite jeweils nachlesen: http://www.kpunktnull.de/thomas-knuewer-frank-horn/
Bei solch einer Diskussion ist es immer die Frage, wie fachlich man wird. Da Christians Blog sich eher an eine Fachöffentlichkeit richtet, habe ich mich knapp gehalten. Insgesamt aber ist meine Erläuterung eine schlichte Rechnung: Wenn die Zahl der Postings schneller steigt als die Zahl der Interessenten für diese Postings ist es logisch, dass die Reichweite pro Posting sinkt.
Manches bei Facebook ist allerdings für Otto Normaluser nur schwer verständlich. Damit meine ich nicht die Postings, sondern die Funktionalitäten im Hintergrund. Wer Facebook-Pages betreut (also Markenauftritte) braucht heute ein gerüttelt Maß Fachwissen, das ständig auf dem Laufen bleiben muss. Und nur um das noch zu ergänzen: Otto muss all das auch gar nicht wissen.
Den Rest Ihrer Häme erspare ich mir – das ist nicht mein Niveau.
@Christian Jakubetz: Die Region zur Community machen – da bin ich ganz bei Ihnen. Ich halte sehr viel vom Handelsblatt-Club und frage mich schon lange, warum Regionalverlage ein solches Konzept für ihr Zielpublikum nicht konsequent verfolgen. Da gibt es Aboplus-Karten, Events, Leserreisen, Charity-Aktionen, ohne dass das so verkauft wird, dass die regionale Kundschaft sagen muss: Hier muss ich dabei sein. Nur so aber entsteht eine Community, was mehr ist als eine Leser-Blatt-Bindung.
Gleichwohl braucht es dafür eine technische Plattform, auf der es mehr als eine Kommentarfunktion oder ein Forum gibt. Ohne das wird man vor allem das Publikum, dem man heute auf Facebook hinterher läuft, nicht ansprechen können.
Klar, ohne Technik gehts nicht, da habe ich mich missverständlich ausgedrückt. Ansonsten ist das eine erstaunliche Berater-Erfahrung: Ich habe ein weitgehend fertiges und skalierbares Konzept für eine solche Regionalzeitungs-Community-Strategie in der Schublade liegen. Wenn ich sie rauskam, dann sagen mir die meisten: Jetzt nicht. Vielleicht irgendwann mal.
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