Die ARD hat beschlossen, es mal wieder mit hingekrampfter Pseudojugendlichkeit zu versuchen. Das Ergebnis hieß „Überzeugt uns“, wirkte wie eine Journalismus-Parodie – und zeigt das ganze Elend etablierter Medien, wenn es um ein jüngeres Publikum geht. Read More
Dabei hatten sie doch beinahe alles richtig gemacht, zumindest nach den Maßstäben, wenn es in öffentlich-rechtlichen Sitzungen um junges Fernsehen geht. Man hat mit Ingo Zamperoni das smarteste Gesicht als Moderator genommen, das momentan im Ersten auf dem Markt ist, man hat ihm eine vermeintlich hippe Autorin zur Seite gestellt, die ganz bewusst irgendwas unjournalistiches vor sich hinbrabbelte. Und man hat das Ganze mit sehr viel Internet versehen, weil man das heute so hat. Konzipiert und moderiert wurde das Ganze hauptsächlich von Menschen knapp jenseits der 40, was nach ARD-Maßstäben als irre jung und cool zu gelten hat.
Das Ergebnis war dann eher bescheiden. Die Resonanz im Netz schwankte zwischen Gelächter und ernsthaftem Shitstorm, ein Staatssekretär twitterte, nach der Satire könne jetzt doch mal bald die richtige Sendung beginnen und Stefan Niggemeier höhnte, er schaue nur noch zu, weil er darauf warte, wie die anwesenden Politiker aus Protest gemeinsam den Unfug verlassen. Und tatsächlich: An diesem Abend wirkte das Erste wie ein Rentner, der sich eine Jeans anzieht und die Krawatte weglässt und darüber vergisst, dass er eben doch ein Rentner ist.
Jung ist nicht gleich blöd
Dem größten Missverständnis dieses Abends kann man aber nur unterliegen, wenn man sich mit Anfang 40 immer noch für irgendwie jugendlich hält: Auch wenn die Kiddies heute alle gerne snappen und instagramen, sie sind nicht völlig verblödet. Sie sind in der Lage, einem Thema auch mal länger als 30 Sekunden zu folgen und vermutlich wären sie sogar ganz froh gewesen, wenn man die geladenen Politiker einfach mal ein bisschen ausreden hätte lassen. So aber wirkte die ganze Veranstaltung wie ein netter, älterer Herr, der das erste Mal aus Versehen ein bisschen Speed erwischt.
Und hey, Lektion 1 des großen Buchs des Medienwandels: Fernsehen ist nicht das Netz! Wenn jemand sich für das Format Fernsehen entscheidet, macht er das vermutlich bewusst, zumal bei „harten“ Themen wie einer Wahl. Die ARD hingegen erinnerte an die Zeitungsverleger, die vor 15 Jahren als künftiges Erfolgsrezept der Zeitungen entdeckten, die Blätter müssten einfach mehr wie gedrucktes Internet aussehen. Aber wenn man als Ausweis der Digitalkompetenz erachtet, dass ein Moderator auch schon mal getwittert hat, dann muss wohl so was rauskommen.
Was das alles mit der grundsätzlichen Problematik zu tun hat? Viel. Weil man ARD und ZDF endlich auch offiziell und politisch erlauben müsste, aus ihrem TV-Radio-Gefängnis herauszukommen und adäquate Netzangebote zu machen. Weil man junges Publikum nicht wieder zurück zum TV bringen wird, weil man einmal im Jahr die Krawatte weglässt und hip sein will. Und weil man dann endlich Programme für junge Leute machen lassen kann von Leuten, die davon ansatzweise eine Ahnung haben.
Ich bin ganz einfach der Meinung, daß Sendungen ob im Radio oder im Fernsehen für Jugendliche (Teenager) ganz einfach nicht funktionieren.
Diejenigen die diese Sendungen machen, sind vom eigenen Horizont her schon so weit weg von der Zielgruppe, daß sich nicht mehr erinnern können, was für selbst vor fünf, zehn oder noch mehr Jahren wichtig war. Und die Teenager selbst können eine Sendung noch nicht machen.
Grüße