Unlängst hat eine Studie der Uni Würzburg für Aufsehen gesorgt. Für so viel Aufsehen, dass sie es sogar bis in die „Washington Post“ geschafft hat. Demnach soll das Vertrauen der Deutschen in ihre Medien im vergangenen Jahr sprunghaft gestiegen sein; teilweise um zweistellige Prozentpunkt-Zahlen. Read More
Ist das nicht toll? Nach all den schlechten Nachrichten der zurückliegenden Jahre? Die Forscher der Uni hatten zwar keine weiteren Fragen gestellt und somit auch nicht nach den möglichen Gründen für den vermeintlichen Aufstieg. Aber das erledigten viele Journalisten, besoffen vor Glück, ganz von alleine: Die Nutzer kämen demnach wie die verlorenen Söhne zurück in die Gemeinschaft, nachdem sie nach Monaten des Trumpismus und Populismus überall auf der Welt entdecken musste, dass die Heilversprechungen der neuen Rechten eben auch nichts anderes sind als lauwarme Worte. Sogar in Washington kamen sie auf diese wunderbare Schlussfolgerung:
Ich habe mich in den Tagen darauf mit ziemlich vielen Leuten zu dem Thema auseinandergesetzt. Und war erstaunt, wie schnell sich sogar sehr schlaue und ansonsten überaus kritisch denkende Menschen einlullen lassen, wenn es um gute Nachrichten in eigener Sache geht. Schließlich gab es nicht einen einzigen plausiblen Grund, den die Forscher aus Würzburg für diesen erstaunlichen Anstieg genannt hatten. Das alleine hätte eigentlich schon jeden Journalisten stutzig machen müssen: Da steigt das Vertrauen in Medien mal eben extrem an? Einfach so? Die Geschichte kann man eigentlich nur glauben, wenn man sie unbedingt glauben will…
Jetzt kramen die Kollegen von Statista, die übrigens auch die Würzburg-Geschichte zu einer Grafik verhackstückten, eine neue Untersuchung heraus. Ziemlich blöd, das. Weil sie jetzt wieder das genaue Gegenteil…aber sehen Sie bitte selbst:
Bevor Sie sich wundern: Ich habe keine Ahnung, welcher dieser Werte richtig ist. Weil es irrelevant ist und diese Debatten darum, wer „den Medien“ vertraut, an Unsinn kaum zu überbieten ist.
Alleine die Fragestellung: Wäre ich ehrlich, müsste ich ebenfalls mit „Nein“ antworten. Weil ich „den Medien“ in ihrer Gesamtheit sicher nicht traue. Oder trauen Sie vielleicht dem Goldenen Blatt? Vertrauen Sie jeder Meldung, die irgendwo in den Untiefen des Boulevards abgesetzt wird?
Natürlich vertraue ich der SZ oder der Tagesschau. Im Sinne von: Ich weiß, dass sie alles dafür tun, korrekt und umfangreich zu recherchieren und dass sie sich nicht instrumentalisieren lassen, von wem auch immer. Glaube ich deswegen, dass alles, was die da tun, fehlerfrei ist? Natürlich nicht. Wer macht schon keine Fehler? Und soll ich tatsächlich glauben, dass sich ein Journalist selbst vom allerseriöstesten Medium nicht auch mal vom eigenen Weltbild, den eigenen Überzeugungen und der eigenen Filter Bubble lesen lässt?
Man sieht also schnell: Die Frage, ob man „den Medien“ vertraut, ist in dieser Form einigermaßen idiotisch. Zu pauschal, zu wenig spezifiziert. Bei Wunder, dass bei solchen Umfragen regelmäßig herauskommt, was man will.
Wissenschaftler müssen ja wissen, was sie tun. Insofern steht es uns als Journalisten auch kaum zu, ihnen Ratschläge zu geben. Was wir als Journalisten aber in jedem Fall tun sollten: Solche Vertrauensfragen komplett zu ignorieren.