Tag 2 auf der Re:publica: Beobachtungen zu einem immer wieder erstaunlichen digitalen Clash of Cultures, zwei großartigen Sessions und einer Intendantin, die mit einem ganzen Saal Überraschendes schaffte…Read More
Wir reden seit Jahren ja immer wieder über diesen digitalen Divide; wobei man ja eigentlich annehmen könnte, dass der irgendwann mal verschwinden sollte, so lange, wie es den jetzt schon gibt. Nun ist die re:publica seit ein paar Jahren eine Veranstaltung, auf der man auch wohlwollend Interessierte aus dem eher nicht so digitalen Lager trifft. Spätestens bei solchen Begegnungen schwindet die Hoffnung nach eine baldigen Zuwachsen des Grabens dann aber wieder.
Da ist beispielsweise Karola Wille, Intendantin des MDR und aktuell ARD-Vorsitzende. Frau Wille ist keine mitreißende Rednerin, aber das muss sie auch nicht sein, weil so etwas nicht in der Job-Beschreibung für Intendanten steht. Trotzdem hält sie eine selbst für Intendantenverhältnisse erstaunlich einschläfernde Rede über die Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, nach der man sich über manche Programme in der ARD nicht mehr wundert. Zweimal in einem Satz benutzt sie das Wort „crossmedial“, weswegen man sich wieder so ein bisschen wie bei der ersten rp im Jahr 2007 fühlt. Da war das gerade der heiße Scheiß schlechthin.
Außerdem meint sie, man müsse wohl mittlerweile Medien kanalgerecht servieren und mit Menschen interagieren und spätestens da weiß man, wo der Unterschied zwischen der re:publica und einer ARD-Intendanz liegt. Schon klar, man sollte von einer Intendantin nicht erwarten ein Nerd zu sein, aber wenn man dann ernsthaft von Crossmedia spricht, dann muss man sich über den Sprung ins digitale Zeitalter doch ein paar Sorgen mehr als gedacht machen.
Irgendwie ging es dann im Folgenden um den möglichen Auftrag der Öffentlich-Rechtlichen. Die Frage blieb offen, ob man eine solche Debatte führen kann, wenn man Crossmedia im Jahr 2017 noch immer für den Gipfel der Digitalisierung hält. Clash of cultures…
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Auch nach ein paar anderen Gesprächen mit den wohlwollend aufgeschlossenen aus dem anderen Lager bin ich inzwischen zu der Auffassung gekommen, dass das Problem gar nicht so sehr das Handwerk ist. Digitales Handwerk kann jeder durchschnittliche begabte Mensch lernen. Und nicht nur das: Ausgerechnet das Erstellen von multimedialen Inhalten wie beispielsweise Videos war noch nie so einfach wie heute. Und so kostengünstig.
Das Problem ist eher die Haltung. Die Idee, dass ein Produkt entwickelt wird, fertig ist und dann nach einer streng kalkulierten Zeit Gewinne abwirft. Dass das Netz so nicht tickt, dass in fertiges Produkt in der digitalen Welt nie fertig ist und dass man hier noch viel weniger als anderswo weiß, was morgen sein wird – das passt in die Vorstellung immer noch erstaunlich vieler analoger Medienmacher nicht ganz rein. Für sie ist die re:publica und die ganze daran hängende Kultur immer noch ein vielleicht ganz amüsanter Haufen, den man sich allmählich doch etwas näher anschauen sollte.
Aber sonst? Och nö, passt schon.
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Den Clash of Cultures konnte man auf der anderen Seite sehr hübsch auf Stage 1 beobachten. Da war zum Auftakt von Tag 1 der wie immer unterhaltsame, anregende, witzige und natürlich überaus kluge Gunter Dueck, der inzwischen eine beinahe lobohafte Traditionsfigur auf der re:publica geworden ist. Der Mann ist eben nicht nur schlau, sondern auch ein begnadeter Entertainer mit seiner ganzen gespielten Verhuschtheit. Muss man wohl auch sein, wenn man den Dueckschen Glaubenssätzen seines neuen Buchs „Flachsinn“ folgt: Aufmerksamkeit ist eine echte und ziemlich harte Währung in der Aufmerksamkeitsökonomie. Mehr zum Buch: hier.
Danach Miriam Meckel mit ein paar Ausblicken in die Zukunft, bei denen ich mir nicht sicher bin, ob ich sie potentiell großartig oder eher spooky finden soll. Meine kleine Unterhaltung darüber mit Dennis Horn und Jan Eggers findet ihr bei Facebook. Oder hier:
Jedenfalls: Die einen beschäftigen sich mit Zukunft, auch wenn noch keiner so richtig weiß (mal wieder), wie die aussehen soll. Die anderen, sagt Gunter Dueck, landen bei Spitzner. Als Medienmensch würden mir für Spitzner noch ein paar andere Synonyme einfallen, aber ich bin heute zu friedlich gestimmt, um sie aufzuzählen.
Kleiner Lesetipp schließlich noch: Dennis Horn bloggt beim WDR über die re:publica.
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Miriam Meckel ist übrigens jetzt auch neue Beirätin von Googles Digital News Initiative. Das hat der Konzern bekanntgegeben. DNI, das ist dieses Projekt, bei dem Google mit ziemlich viel Geld journalistische Projekte fördert und bei dem sie in der alten Welt plötzlich alle Google gar nicht mehr so schlecht finden.