Ab sofort ist die Zukunft von Medien, Journalismus und Kommunikation erhältlich. Zumindest so, wie Google Pixel sich das vorstellt. Ob man das gut oder schlecht finden soll – egal. Weil die Sache ziemlich unausweichlich ist…
Es gibt ein neues Smartphone. Es sieht aus wie ein iPhone. Und natürlich gibt es schon die ersten, die unken: es ist das bessere iPhone. (Besprechungen zum neuen Google Pixel: hier und hier.) Darüber kann man lange debattieren. Aber viel wichtiger als die Frage, wer die bessere Hardware baut: Google hat mit dem Pixel ein Teil auf den Markt gebracht, dass die Zukunft von Medien und Journalismus sein soll. Und natürlich will Google dabei die Hauptrolle spielen, weil: suchen und sich durch Links und Webseiten klicken – das ist irgendwie so 2014.
Die Zukunft in der Vision von Google hat demnach ein paar essentielle Bestandteile. Und sie hat auch eine Idee von dem, was in absehbarer Zeit unwichtiger werden soll. Webseiten beispielsweise. Nachrichten-Apps. Überhaupt, alles was mit langem Suchen und dann doch nicht finden zu tun hat. Dass das Netz aller Algorithmen zum Trotz für alle das gleiche sein soll. Der Gedanke, dass das Netz eine Fortsetzung von Zeitung, Radio und Fernsehen mit digitalen Mitteln sei.
Stattdessen: Künstliche Intelligenz. Virtuelle Realitäten. Personalisierung und zielgerichtete Information. Und das alles natürlich in einem Mikrokosmos, der Google heißt. In diesem Mikrokosmos findet sich gerade alles zusammen. Software, Hardware und Inhalte – wer das aus einer Hand bekommt, lässt sich gerne von der eigenen Bequemlichkeit fangen und bleibt da. Dass Google diese Strategie perfekt beherrscht, lässt sich aus den vergangenen zehn Jahren ablesen. Es gibt im Netz fast nichts mehr, was nicht von Google (vermeintlich) kostenlos bereit gestellt wird. Gut, Social Media hat nicht ganz so geklappt. Aber selbst auf Journalismus nimmt der Konzern schon jetzt direkt und indirekt Einfluss. Die „Google News Initiative“ klingt zwar reichlich altruistisch, ist es aber nicht.
Google Pixel will zu unserem zentralen Gerät für alles werden
Wenn das Smartphone also mittlerweile das zentrale Mediengerät geworden ist, dann handelt man mit Google Pixel exakt richtig: Inhalte und Funktionen so gestalten, dass sie auf dem Smartphone funktionieren – das ist die Herausforderung, vor der am Ende jedes Medienhaus steht. Google setzt dabei darauf, dass Nutzer in einer bisher unbekannten Verknüpfung von Personalisierung, VR und künstlicher Intelligenz alles, was sie wollen und brauchen aus dem Smartphone bekommen. Die Google-App, wie wir sie bisher kennen, gibt einen ersten Vorgeschmack auf die Idee: das Smartphone als ein persönlicher Assistent, der sehr präzise weiß, was wir wissen wollen.
Natürlich geht es dabei um so praktische Dinge wie: Wo ist der nächste Italiener? Wie wird das Wetter in München? Wo ist die nächste U-Bahn-Station? Aber wer sich die Google-App schon heute mal genau ansieht, der merkt schnell: Auch die Auswahl der Nachrichten, Reportagen und Videos, die wir Journalisten produzieren, wird in diesem Mikrokosmos von Google beeinflusst. Journalisten produzieren, Google filtert: Die Funktionen klassischer Redaktionen verschieben sich künftig ganz massiv.
Beeilt euch, Kollegen!
Dazu kommt, dass Google das Thema „Virtual Reality“ auf den Weg zur Massentauglichkeit bringt. Das Konzept „Daydream“ ist nichts anderes als der absehbar erfolgreiche Versuch, VR endgültig im gesamten Android-Kosmos unterzubringen. Die Idee ist also nicht die Brille – sondern wieder: das Snartphone. Die Daydream-Brille ist nur noch Mittel zum Zweck und vergleichsweise simpel. Klar ist aber auch: Wenn VR jetzt derart brachial in den Markt und auf das Smartphone gedrängt wird, dann werden auch hier Journalisten sehr, sehr schnell nachziehen müssen. (Interessante Analyse der Google-Daydream-Strategie übrigens bei t3n).
Google Pixel ist also weitaus mehr als ein Luxus-Smartphone im oberen Preissegment. Und Details wie eine ausgezeichnete Kamera sind für Google nur Kinkerlitzchen. Tatsächlich geht es um eine Neuerfindung von Journalismus, Medien und Kommunikation. Die Show mag nicht so spektakulär sein wie bei Steve Jobs – trotzdem hat Google mit dem Launch in dieser Woche dem Smartphone bisheriger Prägung den Garaus gemacht. Künftig werden wir nur noch unterscheiden: Zwischen Smartphones, die nur so heißen. Und solchen, die wirklich „smart“ sind.
(Foto auf dieser Seite: Markus Mielek/Google)