Bisher waren Apps eher so eine Art Reproduktion. Eines Hefts, einer Webseite, irgendeines anderen journalistischen Angebots. Meistens mit vergleichsweise wenig Eigenleben. Ab und an mal mit einem zusätzlichen Video oder einem anderen multimedialen Element. Meistens aber blieb es dabei: Mit copy and paste das eigentliche Produkt rübergehoben, fertig.
Der „Spiegel“ hatte da bis dato keine Ausnahme gemacht. Wer den „Spiegel“ auf den Tablet las, bekam einen unwesentlich veränderten Druck-Spiegel. Was dazu geführt hat, dass die wichtigste Motivation für das Digital-Abo die war, dass man kein Papier mehr zu Hause mehr haben wollte. Die anderen Dinge waren Gimmicks: dass man das Blatt schon am Freitagabend bekommen konnte, dass es ein paar nette zusätzliche Features gab und dass man sich ein paar Cent gegenüber der Druckausgabe sparen konnte. Dafür fehlten der App ein paar Elemente, die man sich gewünscht hätte…
Seit der aktuellen Ausgabe gibt es den Digital-Spiegel in einer neuen Form. Was diesmal nicht einfach zu ein paar optischen Retuschen geführt hat, sondern dazu, dass sich eine neue Sparte entwickelt, über die wir bisher noch gar nicht so geredet haben: eine Art „App-Journalismus“. Das ist ein Journalismus, der sich dem Endgerät anpasst, der eigenständige Inhalte und eigenständige Optik hervorbringt. Beim „Spiegel“ beginnt das tatsächlich schon mit der Optik: Das Magazin sieht jetzt eben auf dem Magazin tablet-gerecht aus. Davor war es eine mehr oder weniger schnöde 1:1-Umsetzung der Papier-Ausgabe. Sieht man übrigens auch an einer vermeintlichen Kleinigkeit: Wo vorher wie im Heft „geblättert“ wurde, wird jetzt gescrollt. Nicht ganz neu als Idee, aber eben auch ein weiterer Schritt zu einem eigenständigen Ding.
Auch andere Kleinigkeiten – beispielsweise die Tatsache, dass man jetzt nicht mehr die ganze Ausgabe erst komplett laden muss, um einzelne Artikel lesen zu können – zeigen, dass die App als ein mobiles Medium betrachtet wird. Und nicht einfach als „Digital-Ausgabe“.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass man an Apps in Zukunft noch stärker journalistisch herangehen muss. Dass man sie als ein eigenständiges Produkt mit eigenen Inhalten machen muss.
Was der „Spiegel“ gemacht hat, sieht jedenfalls schon mal sehr, sehr ordentlich aus. Wer braucht eigentlich noch ein Heft, wenn es solche Apps gibt?