Düstere Tage im Journalismus? Wer genau hinschaut, stellt fest: Neben rauchenden Trümmern gibt es auch einige Projekte, die den Glauben an eine Zukunft in den Medien zurückgeben.
Man könnte ein wenig verzweifeln an der Branche in diesen Monaten: Bei Gruner&Jahr gibt es seit Monaten Nachrichten, die man sich nur mit viel gutem Willen und einer fähigen PR-Abteilung schönreden kann. Beim „Spiegel“ läuft eine absurde Vorstellung aus der beliebten Reihe „Selbstzerfleischung“, bei anderen Blättern irgendwo in Deutschland gehören Entlassungen, Kürzungen und Schließungen ganzer Redaktionen zum Alltag. Man zuckt nochmal kurz zusammen, das war´s. Soll man da wirklich noch Spaß an seinem Job haben – oder womöglich sogar jungen Kollegen empfehlen, sich weiter mit einem lauten Hurra in den Journalismus zu stürzen?
Medien 2014, das ist aber auch das: Zwei Journalisten starten auf eigene Faust ein ambitioniertes Wissenschafts-Magazin (siehe auch die Geschichte drüben beim „Universalcode“). Das „correctiv“ etabliert sich als hoch spannendes Investigativ-und Rechercheprojekt. Die „Krautreporter“ haben rund eine Million Euro für ihr Reportage-Magazin eingesammelt. Und natürlich gibt es immer noch die ganzen Selfmade-Menschen, die sich im Netz als eigene Journalistenmarke etabliert haben, gute Geschichten außerhalb der Strukturen etablierter Medien erzählen und davon auch noch halbwegs passabel leben können.
Und nein, die Innovation passiert eben nicht nur an den Rändern – so schwarz-weiß ist nicht mal die Medienwelt. Es gibt eine ganze Menge an Veränderung auch bei denen, die in der digitalen Welt gerne mal ein bisschen geschmäht werden (aus Diskretionsgründen darf ich an dieser Stelle nicht allzu viel verraten). Es gibt hoch spannende Projekte wie die „NZZ“, die übrigens nebenbei bemerkt gerade Leute sucht. Es müssen gar nicht mal „NZZ“, „Guardian“ oder die „Zeit“ sein, die sich als Treiber hervortun. Wer genau und halbwegs vorurteilsfrei hinschaut, der sieht auch bei kleineren Häusern immer wieder mal interessante Ansätze.
Gespannt darf man vor allem auf das Projekt „Substanz“sein, das am kommenden Freitag an den Start gehen wird. Neben dem Modell der „Krautreporter“, die den Ansatz entwickelt haben, Geld dadurch zu verdienen, dass man eine Community gründet, ist das der nächste Weg: konsequent kostenpflichtig, vom ersten Tag an. Geld verdienen mit hochwertigem Journalismus. Mit einer Spezialisierung auf ein Ressort zudem. Gesetzt den Fall, die „Krautreporter“ und „Substanz“ funktionieren auf mittelfristige Sicht, dann wäre zumindest der Beweis erbracht, dass es eben doch funktionierende Geschäftsmodelle für Journalismus im Netz gibt. Es gibt ein Leben jenseits der bisherigen Geschäftsmodelle. Man muss es nur entdecken.
Und es gibt noch einen Grund, solchen Projekten Erfolg zu wünschen: Es wird ja viel und gerne darüber lamentiert, dass Journalismus im Netz automatisch gleichzusetzen ist mit Verflachung. „Substanz“, „Correctiv“ und „Krautreporter“ setzen genau auf das Gegenteil.
Würde das alles funktionieren – man könnte beinahe wieder Lust auf die Branche bekommen.