Die Kollegen vom „Kicker“ stehen normalerweise nicht dafür, Auslöser intensiver journalistischer Diskussionen zu sein. In der vergangenen Woche war das anders: Nach dem Outing von Thomas Hitzelsperger beschloss das Fußball-Magazin, diesem Thema keine einzige Zeile zu widmen. Mit mehreren interessanten Begründungen. Eine davon lautete sinngemäß: Das Privatleben und die sexuelle Orientierung eines Sportlers seien für die Öffentlichkeit und für die Bewertung seiner sportlichen Leistungen nicht relevant. Was auf den ersten Blick nachvollziehbar klingt, noch dazu, wo der „Kicker“ ein Sportmagazin und keine Klatschpostille ist.
In der besten aller Welten wäre es also tatsächlich so: Ob ein Fußballer (oder irgendeine andere Person des öffentlichen Lebens) schwul ist oder nicht, das interessiert keinen Menschen. Es wäre demnach auch keine einzige Meldung wert, weil ja auch niemand auf die Idee käme zu melden: Bastian Schweinsteiger heterosexuell!
Tatsächlich aber leben wir nicht in der besten aller Welten. Und natürlich gibt es gute Gründe dafür, warum sich in Deutschland noch kein einziger aktiver Spieler getraut hat, sich zu outen — und warum auch Hitzlsperger erst sein Karriereende abwartete. Dass es auf einer Seite wie „pi-incorrect“ (absichtlich kein Link) derbe Kommentare setzte, wird niemanden überraschen. Falls Sie jetzt sagen: ja klar, ist ja auch „pi-incorrect“, dann ist es ein Trugschluss, falls Sie glauben, nur in bekennend radikalen Postillen komme so etwas vor, eine kleine, verblendete Minderheit quasi. Auch ein Blatt wie die FAZ kommentierte den Fall Hitzlsperger. Und das, was man dort lesen konnte, war de facto „pi-incorrect“ auf gehobenem Niveau. O-Ton:
Für die große Mehrheit der Deutschen, die mit Homosexuellen so normal umgeht wie mit Heterosexuellen, ist das ein Schlag ins Gesicht. Es ist eine Form der Diskriminierung, die sich mindestens genau so rechtfertigen sollte, wie das die Politiker oder Geistlichen oder Eltern tun müssen, denen Homophobie unterstellt wird, nur weil sie eine abweichende Meinung haben, etwa über den künftigen Schulunterricht in Baden-Württemberg.
Um schließlich mit dem plattesten und Homophobie-typischen Satz zu schließen:
Es sollte nicht so weit kommen, dass Mut dazu gehört zu sagen: „Ich bin heterosexuell, und das ist auch gut so.“
Viel hätte nicht gefehlt und in diesem Kommentar wäre noch der Satz „Man wird doch noch sagen dürfen…“ aufgetaucht.
Bei „Bild“ wiederum wunderte sich der Briefeschreiber Wagner darüber, dass einer wie der Hitzelsperger schwul ist. Wo er doch so gekämpft und gegrätscht hat, der Hitzlsperger. Vermutlich dachte Wagner bislang, ein Schwuler würde am liebsten im Tatftröckchen auf den Platz gehen. Dass dann eine Überschrift zu einer Hitzlsperger-Geschichte auch noch in blassrosa eingefärbt war, mag ein unglücklicher Zufall sein, wenn man denn bei „Bild“ daran glaubt, dass irgend etwas ein unglücklicher Zufall ist.
Nein, es gehört natürlich immer noch Mut dazu, sich zu outen. Und es ist absurd zu glauben, dass nicht ausgerechnet der Fußball eine immer noch latent homophobe Zone ist.
Unlängst übrigens hat eine schottische Profi-Mannschaft einen Kollegen als besonders trainingsfaul gebrandmarkt. Das Ergebnis: Er musste in einem rosa Ballerinen-Outfit trainieren.
nicht wirklich ein kommentar zum veröffentlichen, nur eine kleine korrektur. an einigen stellen ist ein n statt ein b in den text gerutscht – homophon sollte doch wahrscheinlich homophob lauten, oder?
Bitte nicht „homophon“ mit „homophob“ verwechseln. Das ist eher peinlich und lässt die intellektuelle Kompetenz des Autors fragwürdig erscheinen…;-)
MfG
F. Raudszus
Ich hasse die Autokorrektur – aber der Hinweis ist natürlich berechtigt. Ich hab´s ausgebessert 🙂
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