Nur mosern geht ja dann doch nicht: Nachdem ich mich gestern ein wenig über die Medientage echauffiert habe (schöner Satz aus der heutigen SZ übrigens: Manche der Teilnehmer hätten gewirkt, als seien sie aus einer Zeitkapsel angereist und hätten dort zum ersten Mal etwas vom großen, bösen Internet gehört), trage ich heute selbst etwas dazu bei (Sie dürfen sich danach gerne über mich aufregen). Was ich sagen werde, lässt sich zunächst einmal unter zwei Worten zusammenfassen: Vergesst online!
Nein, natürlich meine ich damit nicht, dass dieses Internet eh überschätzt ist. Ich glaube auch nicht mit dem ZDF-Intendanten Thomas Bellut, dass das Internet jetzt zwar da ist, sich aber ansonsten wenig bis gar nicht geändert habe. Nur: Diese Fixierung auf „das Internet“ führt dazu, dass die meisten jetzt ihre bisherigen, angestammten Kanäle bespielen – und eben zusätzlich auch „das Internet“. Dabei passiert momentan nicht sehr viel weniger, als dass sich der Journalismus gerade mal wieder neu erfindet. Man muss also Journalismus neu denken – und nicht einfach nur ein bisschen Netz dazu machen.
Noch so ein fataler Satz der letzten Jahre ist übrigens der hier: Man muss die Leute da abholen, wo sie sind. Auch das führt zu einem dieser Trugschlüsse, die momentan in der Kategorie „gut gemeint“ abzuheften sind. Die Leute abholen, das bedeutet: Man muss eben da hin, wo die Menschen sind. Und wenn sie sich jetzt hauptsächlich in diesem Internet aufhalten, dass muss man sie dort eben besuchen. Das wiederum führt zu der verhängnisvollen Neigung, das Netz einfach nur als Vertriebskanal zu begreifen, wo man die bisherigen Angebote neu macht, nämlich digital. Dabei muss man sich ja nur mal beispielsweise die ausgezeichneten Videos des Deutschen Webvideopreises anschauen, um zu verstehen, dass Videos im YouTube-Zeitalter mit dem betulichen Fernsehen aus analogen Zeiten nichts mehr gemein haben. Wenn man also nur sein betuliches TV-Programm ins Netz transferieren oder seine Zeitung digitalisieren will, ist man zwar am richtigen Platz, macht aber das falsche Angebot.
Darüber (und über noch vieles andere) könnte man noch lange schwadronieren. Der Mediencampus Bayern hat mir freudlicherweise wenigstens 45 Minuten gegeben, in denen ich heute ab 15 Uhr auf dem Areal des Mediencampus erklären darf, warum wir diese Sache mit dem Online schnell wieder vergessen sollten. Der Eintritt dort ist übrigens frei.
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Gemeinsam mit dem Mediencampus Bayern habe ich gemeinsam mit ein paar anderen wackeren Mitstreitern eine Fachtagung bei den Lokalfunktagen in Nürnberg durchgeführt, bei der es um genau das ging: neue Darstellungsformen und alternative Erzählformen im Netz. Das Ergebnis dessen ist jetzt als Buch zu haben: „Innovation in den Medien“ heißt der Sammelband, den Markus Kaiser (Geschäftsleiter des Mediencampus) herausgegeben hat. Enthalten sind u.a, Texte von Daniel Fiene, Lisa Sonnabend und Harald Baumer, völlig überraschend habe ich auch ein Kapitel geschrieben. Das Buch gab es als Zuckerl gestern kostenlos am Infostand des Mediencampus bei den Medientagen. Ob´s heute noch Freiexemplare gibt, weiß ich nicht (denke aber eher nicht), dafür kann man das Buch aber zu einem Preis von 29,- Euro kaufen oder bestellen.
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