Die Medientage, die analogen Biotopschützer

Ich bin für drei Tage bei den Medientagen in München – und weiß, dass ich mich damit in einem krassen Widerspruch zu allem befinde, was mich seit Jahren an den Medientagen stört und was ich vor zwei Jahren hier mal in einem Anfall von echtem Genervtsein aufgeschrieben habe. Keine Sorge, das wird jetzt keiner dieser attitüdenhaften „I hate to be right“-Beiträge, auch wenn ich nach dem ersten Tag heute wieder jedes einzelne Wort von dem unterstreichen würde, was ich damals gesagt habe. Falls Sie einwenden sollten, das eine oder andere digitale Gesicht sei doch diesmal dabei gewesen, jaja, stimmt schon alles, aber in diesem Kontext einer sehr gemählichen Veranstaltung wirkt das doch eher so, als würde sich ein Rentner eine Jeans anziehen – um zu zeigen, dass er doch ganz schön cool sein kann. (Wenn Sie sich jetzt immer noch fragen, was ich da mache, ich bin für den BR und die Rundshow an einem Stand).

Medien 2012

Aber eine halbe Erkenntnis habe ich dann doch mitgenommen (dass die Medientage eigentlich nur en überdimensioniertes meet&greet sind, ist nicht wirklich neu): Ich habe eine Ahnung bekommen, warum so viele aus der großen Elefantenherde immer noch fröhlich pfeifend auf den Abgrund zumarschieren. Wenn man dieser unfassbar langweiligen Elefantenrunde zum Auftakt so zuhört oder auch dem Herrn Seehofer oder dem einen oder anderen Panel, dann merkt man: Das ganze Ausmaß der Veränderung ist tatsächlich auch im Jahr 2012 noch nicht wirklich beim Establishment angekommen. In diesem Jahr wurde bisher viel über neue Gesetze gesprochen, die letztlich nur alte Werte reflektieren: Gute Arbeit muss auch weiterhin geschützt und bezahlt werden! Diebstahl ist böse und alles, was nicht dem bisherigen Geschäftsmodell entspricht ist irgendwie Diebstahl. Deswegen brauchen wir Leistungsschutzrechte und irgendwie ganz viele andere Regeln, die dafür sorgen, dass wir in Deutschland ein analoges Biotop in einer digitalen Welt bleiben. Natürlich räumt man ein, dass dieses Internet, von dem man so viel hört, künftig schon wichtig sein wird, es sich aber gleichzeitig schon nach den bisher geltenden Spielregeln richten muss. Dass dieses wünschenswerte Szenario möglicherweise nicht eintritt, ist in diesen Szenarien nicht vorgesehen.

Ich weiß nicht warum, aber ab und an musste ich heute an Kinder denken, die mit dem Fuß auf die Erde stampfen und ganz laut „aua“ schreien – bis jemand kommt, um  ihm seinen Willen (oder sein Leistungsschutzrecht)  zu geben, Hauptsache, es hält die Klappe.

 

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