Der „Spiegel“ solle wieder ein bisschen eindeutiger nach links rücken, kündigte Georg Mascolo an, als er zum Defacto-Alleinchefredakteur des Nachrichtenmagazins wurde. Das passiert seit ein paar Monaten ein bisschen bemüht. So bemüht, dass sie in Hamburg aktuell bei den großen Geschichten gerne mal die Substanz vergessen, obwohl die Geschichte doch so schön aufregerhaft und spiegelig klingt. Der neueste Aufmacher ist nicht mal mehr das, sondern einer der merkwürdigsten Veranstaltungen der an Merkwürdigkeiten nicht armen „Spiegel“-Geschichte. Im Kern geht es darum, dass Helmut Schmidt zusammen mit Peer Steinbrück ein Buch veröffentlicht, dessen interessanteste Aussage vermutlich die ist, dass Schmidt seiner Partei Steinbrück offen als Kanzlerkanidat empfiehlt. Das wiederum veranlasst den „Spiegel“ zu einer Titelgeschichte, in der als Quintessenz steht, dass Schmidt Steinbrück als Kanzlerkandidat empfiehlt. Um sicherzugehen, wird in einem Interview mit beiden nachgebohrt, wen Schmidt seiner Partei als Kanzlerkanidat empfiehlt, worauf Schmidt überraschenderweise sagt, es stehe ja schon im Buch, aber er sei ganz eindeutig für Steinbrück, den er konsequent mit „Sie“ und „Peer“anspricht. Steinbrück (der „Helmut“ und „Sie “ sagt) beteuert, er fühle sich sehr geehrt, was man sich so gar nicht gedacht hätte. Ansonsten lernt man noch, dass Steinbrück Schmidt für einen großen Kanzler hält und Schmidt Steinbrück für einen geeigneten Nachfolger und Frau Merkel für irgendwie ungeeignet. So also liest sich das, wenn ein Nachrichtenmagazin wieder ein bisschen nach links rückt. Eine PR-Agentur hätte den Schmidt-Steinbrück-Doppelbeschluss nicht schöner in Szene setzen können.
Was ist an „Helmut“ und „Peer“ links?
Was nach „links“ rücken für den Spiegel bedeutet, hat Mascolo ja im Journalist-Interview mehr als deutlich gemacht.
Um wieder das „Sturmgeschütz der Demokratie“ (Augstein) werden zu können, bedürfte es für den Spiegel eines ordentlichen Kanoniers. Woher nehmen?