Der Pyrrhussieg im Tarifstreit

Es wäre eine echte Chance gewesen. Eine Chance, es anders zu machen als all die Jahre zuvor. Das ausgetretene Tarifritual, das sich im Wesentlichen mit Prozenten und Laufzeiten befasst, zu verlassen. Und um über sehr grundlegende Dinge zu sprechen, beispielsweise über so etwas Simples wie die Frage, wie es mit dem Journalistenberuf eigentlich weitergehen soll. Stattdessen haben sich Gewerkschaften und Zeitungsverleger über außergewöhnlich viele Runden gegenseitig gequält. Mit einem Ergebnis, an dessen Ende auch stehen könnte: Wir vertagen uns nochmal zwei Jahre, danach werden wir die Debatten aus dem Jahr 2011 nochmal führen (müssen). Man hat also Zeit gewonnen, nicht sehr viel mehr.

Vordergründig, natürlich, steht anderes: Die befürchteten Einbußen im Redakteursberuf bei Tageszeitungen sind zunächst vom Tisch, es gibt sogar ein bisschen mehr Geld. Zwei Einmalzahlungen von jeweils 200 Euro, dazu eine Gehaltssteigerung von rund 1,5 Prozent. DJV und Verdi verweisen jetzt darauf, dass man das Schlimmste habe abwehren können, und hey, mehr Geld gibt´s auch. Immerhin hatten die streikenden Kollegen ja gerne postuliert, dass Journalismus „mehr wert“ sei. Dieser Mehrwert manifestiert sich jetzt in rund 45 Euro brutto, die jemand bei einem Gehalt von 4000 Euro demnächst mehr auf seinem Gehaltszettel stehen hat. Dafür kann man in einem Arbeitskampf schon mal über die volle Distanz gehen.

Natürlich, jedem Kollegen sei jeder Euro mehr herzlich gegönnt. Das Dumme ist nur: Keines der wirklich drängenden und mittelfristigen Probleme, die dieser Beruf und damit letztendlich die streikenden Redakteure momentan haben, ist damit gelöst worden. Und ja, das müssen sich DJV (Hinweis: Ich bin Mitglied) und Verdi vorwerfen lassen: Sie haben es nicht mal versucht. Die Verlockung, endlich mal wieder einen richtig ordentlichen Arbeitskampf zu zelebrieren, war anscheinend zu groß. Und auch das darf man vermuten: Die Berufsgruppe der Tageszeitungsredakteure ist immer noch die größte und einflussreichste in den Verbänden, da muss man sich schon mal ins Zeug legen. Zehn Verhandlungsrunden und lange Streiks für Online-Kollegen? Kaum vorstellbar, es gibt ja bis heute noch nicht mal einen Onliner-Tarifvertrag. Dass Onlinejournalisten immer noch sehr häufig deutlich schlechter bezahlt werden als ihre Printkollegen, nimmt man anscheinend als gottgegeben hin.

Dabei geht es nicht um eine Abwägung, welche Berufsgruppe im Verband besser vertreten ist; dass die Onliner-Lobby selbst unter den eigenen Kollegen nicht so rasend groß ist, weiß jeder, der mit Onlinejournalismus zu tun hat. Nein, es wäre auch im eigenen Interesse der Zeitungskollegen gewesen, das Thema Digitalisierung auch mit Blick auf das eigene Berufsbild und ihre eigene Zukunft zu verhandeln. 2013, wenn die nächsten Tarifrunden anstehen, wird die Erosion des klassischen Tageszeitungsredakteurs weiter fortgeschritten sein, werden neue Tätigkeiten hinzukommen, wird sich noch sehr viel mehr im Netz abspielen als bisher schon. Vor allem wird es diese strikte Unterscheidung zwischen dem Print- und dem Onlineredakteur nicht mehr geben. Wenn also künftig Printjournalisten mehr im Digitalen arbeiten müssen, wenn sich möglicherweise ganze Ressorts deutlich mehr Online als im Blatt abspielen und wenn umgekehrt Onliner mehr als bisher den Blättern zuliefern, wie kann man dann noch Tarifverträge für „Zeitungsredakteure“ in dieser Ausschließlichkeit debattieren? Und wie kann man es angesichts dessen dann immer noch rechtfertigen, dass Onliner schlechter bezahlt sind?

Erstaunlich ist das, nebenher bemerkt, auch aus verbandspolitischer Sicht. Speziell der DJV beklagt ja gerne mal intern, für junge Journalisten nicht mehr so richtig lukrativ zu sein. Aber wie soll das auch gehen, wenn junge, digital denkende Journalisten im Verband sehr viel weniger Heimat finden als jeder Lokalredakteur eines Provinzblatts?

Der Journalistenberuf jedenfalls wandelt sich mehr und mehr, speziell beim Berufsbild „Zeitungsredakteur“ geht der Umbruch sehr viel schneller als man sich das noch vor zwei oder drei Jahren hätte vorstellen können. 45 Euro mehr Gehalt und ein Aufschub von zwei Jahren sind ein Pyrrhussieg. Von den Fragen, die sich schon bald stellen werden, ist dagegen leider keine einzige beantwortet worden.

 

Dieser Beitrag hat 28 Kommentare

  1. Karlheinz Stannies

    Lieber Kollege,

    liest sich alles, wie üblich aus streng jung-digitaler Sicht, gut. Nur zur Klarstellung: Es ging nicht um „45 Euro mehr und ein wenig Zeitgewinn“. Wer auch nur ansatzweise diesen Arbeitskampf verfolgt hat, weiß: Es ging um einen zweiten Tarifvertrag, den die Verleger parallel speziell für die jungen Leute wollten, und der Einsteigertarif sollte ursprünglich 25 bis 30 Prozent unter den bisherigen Tarifleistungen liegen.

    Da ging es für den Nachwuchs um Zigtausende, aber futsche, nicht um 45 Euro mehr. Und für die „Alten“, die jetzt solidarisch für den Nachwuchs streikten, der noch nicht da ist, ging es anfangs zwar „nur“ um mindestens drei Viertel eines Monatsgehalts (Kürzung Urlaubsgeld), also um Hunderte – aber halt auch futsche. Und darum, dass sie beim Jobwechsel womöglich in der Billiggruppe gelandet wären. Also Tausende, siehe oben.

    Und was die Onliner angeht: Das ist ein Jammer. Die Gewerkschaften wollen die Onliner seit Jahren liebend gern in den Tarif eingruppieren; die Verleger lehnten dies stets ab. Sie hätten es angeblich diesmal getan – aber ausschließlich im tiefergelegten Parallel-Tarif für den Nachwuchs und für alle Zukunft, siehe PM des BDZV von heute.

    Ich werde mich in meiner Gewerkschaft (auch DJV) weiter dafür einsetzen, dass wir die Integration der Onliner schnell hinkriegen. Wir wollen dies hier in NRW, in dem einen oder anderen ausgelagerten Online-Bereich ohne Tarifbindung, notfalls per Haustarif versuchen. Es wäre hilfreich, wenn dabei die Onliner mithelfen würden.

    Grüße
    Karlheinz Stannies

  2. Michael Anger

    Na, Herr Kollege, mal wieder die Welt wie üblich grau in grau malen? Mit der Methode wollen Sie die Menschen ermutigen, etwas zu unternehmen?
    Die Arbeitgeber weigern sich, über Onliner zu verhandeln. Wie kann man sie an den Tisch zwingen? Kennen Sie einen Onliner, der bereit ist, 30 Tage auf die Straße zu gehen, mit dem Publikum zu reden, seine Lage öffentlich zu machen? Ich kenne eine ganze Menge, die vielleicht bereit sind, 30 Tage zu protestieren, aber im stillen Kämmerlein am PC. Das bringt nichts. Man mag über solche Methoden die Nase oder das Ipaid rümpfen, es gilt aber, was ich auch den Freien immer sage: Ihr müsst euch körperlich zusammenrotten wie die Printredakteure, nur dann erreicht ihr bei Verlagen Konkretes.
    In einem wichtigen Punkt haben Sie völlig Recht – Ende 2013 droht uns dergleiche Mist wieder. Und bis dahin müssen wir eine Menge Hausaufgaben machen, z.B. unser bisheriges Definitionsverständnis Redakteure – Onliner – Tageszeitung ändern. Endlich haben wir uns die multimediale Ausbildung für jeden auf die Fahnen geschrieben, dann sollten wir auch den Mut haben, diverse Papiere und Verträge unserer geänderten Berufswirklichkeit anzupassen. Aber nicht durch gegenseitiges Anmosern, sondern durch Zusammensetzen und Vorschläge erarbeiten. Wäre prima, wenn die DJV-Onliner z.B. auf dem Bundesverbandstag einen entsprechenden Antrag formulierten, der den Vorstand verpflichtet, genau in diese Richtung innerhalb eines Jahres Konkretes zu erarbeiten.
    Ich habe als Freier die Zeitungskollegen unterstützt. Liebend gern würde ich auch mal zu „Zusammenrottungen“ von Onlinern kommen.

    herzlicher (ist auch so gemeint) gruß
    michael anger
    djv-vize

  3. Thorsten Jürgens

    Ich habe mich vor mehr als 11 Jahren für online entschieden. Materiell war das ein Fehler: Verglichen mit einem Tageszeitungs-Redakteur bekomme ich inzwischen rund 20 000 Euro weniger Gehalt, wenn, was wahrscheinlich ist, ich dort inzwischen Ressortleiter wäre.

    Als Onliner kann ich textlich all das, was der printmann auch kann, das bisschen Layout kenne ich von früher und hätte ich in drei Tagen drauf – aber das, was ich mehr kann als der Pritler, lernt der in Wochen und Monaten nicht. Moderation vor der Kamera etc., wirklich crossmediales Denken. Ich gönne jedem Printtler seine Kohle, auch wenn die Onliner bei den namhaften Sites den härteren, schnelleren, anspruchsvolleren und vielschichtigeren Job machen. Aber sie werden sich umschauen, wenn eine Generation von extrem qualifizierten Onlineren irgendwann mit Kusshand ihren Job macht und dabei für deutlich mehr Geld weniger Stress hat. Die Printler leben auf der Insel der Ahnungslosen.

  4. cjakubetz

    @Michael Anger: Mich erstaunt ehrlich gesagt Ihre Sichtweise der Online-Welt. Glauben Sie ernsthaft, das Problem sei, dass Online allenfalls virtuell für oder gegen etwas Stellung nehmen können („Ich kenne eine ganze Menge, die vielleicht bereit sind, 30 Tage zu protestieren, aber im stillen Kämmerlein am PC“) ? Währenddessen die Printkolegen so mutig und engagiert sind, dass sie auch mal während eines 30tägigen Arbeitskampfes auf die Straße trauen? Ich weiß nicht, wie viele und welche Online Sie kennen, aber ich würde in jedem Fall die Prognose wagen: die falschen. Im übrigen geht es mir nicht um eine Positionierung von Onlinern vs. Print, sondern exakt um das, was Sie ja auch schreiben: Diese beiden Tätigkeiten werden sich nicht mehr lange auseinander dividieren lassen. Das Problem ist also nur um zwei Jahre verschoben worden.

    Was das Ermutigen und die Ausbildung und das „selber was machen“ angeht: Ich lade den BJV/DJV gerne ein, das Projekt „Universalcode“ (sowohl das Buch als auch das Portal) zu unterstützen, da haben sich 18 Leute „zusammengerottet“, Online genauso wie Printleute. Und ganz unbescheiden glaube ich, dass diese 18 Leute und dieses Projekt dann doch etwas mehr sind als das von Ihnen monierte stumme Lamentieren am PC oder iPad. Ich schicke Ihnen gerne die Druckfahnen zu, soweit sie bisher fertig sind, gerne auch das ganze Buch. Und dann lassen Sie uns nochmal reden, ok? Bis dahin werde ich gerne die Welt weiter in grau malen, weil sie meistens grau ist und nicht schwarz und weiß, wie man nach so einem Arbeitskampf ja meinen könnte.

    @KHSTannies: Ich bezweifle ja nicht, dass der Abschluss schlimmer ausfallen hätte können und 45 Euro mehr sind 45 Euro mehr, das ist bis dahin schon ok. Trotzdem prophezeie ich Ihnen schon jetzt, dass es 2013 noch sehr viel härter zugehen wird und dass sich die Verbandspositionen nicht mehr halten lassen werden.

  5. pjebsen

    @Thorsten Jürgens: Manche Printredakteure werden sich in der Tat umschauen müssen. Heute las ich,, dass sich laut einer Studie der Bundeszentrale für politische Bildung rund 30 Prozent der befragten Lokaljournalisten „den Herausforderungen der Internetwelt völlig“ verschließen. Das heißt (wenn’s stimmen sollte): Ein großer Teil der Mitarbeiter einer bedrohten Branche, deren Geschäftsmodelle schon seit Jahren wanken, steht für eine Anpassung an neue Marktgegebenheiten nicht zur Verfügung.
    http://www.drehscheibe.org/lokaljournalismus-crossmedial.html

    @Michael Anger: Die DJV-Onliner lesen mit! 😉

    @Christian Jakubetz: Wie Karlheinz Stannies schon erwähnte, sind die „45 Euro“ nur einer von vielen Aspekten. Wichtiger ist für viele Kollegen die von dir nicht erwähnte Tatsache, dass der Manteltarifvertrag (mit Regelungen zur Altersversorgung etc.) unverändert wieder in Kraft gesetzt wird.

    Ich stimme dir zu, dass das Thema der Ungleichbehandlung von Print- und Online-Journalisten entschiedener angepackt werden muss. Das Problem ist in manchen Verlagen (z. B. bei Springer) u. a., dass viele Online-Redaktionen in nicht tarifgebundenen Tochtergesellschaften untergebracht sind. Solange das so bleibt, hätten deren Redakteure nichts von Onliner-Tarifverträgen.

  6. Alexander von Obert

    Im Wandel liegt die Kraft!

    Wenn sich „rund 30 Prozent der befragten Lokaljournalisten “den Herausforderungen der Internetwelt völlig” verschließen“, dann brauchen sie sich nicht zu wundern: Sie stehen über kurz oder lang auf der Straße.

    Auch ich lebe vom Schreiben. Aber ich habe mir dabei immer überlegt, wie ich möglichst viele meiner Fähigkeiten einsetzen kann, meine Schwächen sich möglichst wenig bemerkbar machen und wohin ich mich längerfristig entwickeln kann. Das bedeutete, dass ich so alle 5-8 Jahre mein Geschäftsmodell deutlich veränderte und dass ich regelmäßig wenigstens 5 Jahre vor dem Mainstream her schwamm. Sobald die großen Fische in einer Marktnische auftauchen, bin ich weg.

    Mittlerweile bin ich in einem Alter, wo man Ingenieure (ich bin einer) gewöhnlich für unvermittelbar hält. Davon habe ich noch nichts gemerkt. Auch kenne ich schon seit meinem Studium die Kurve, dass Ingenieursgehälter jenseits der 45 tendenziell abnehmen. Ich habe noch nie so gut verdient wie ab 50, als ich gerade mal wieder mein Geschäftsmodell änderte.

    Kurz: Wem die Verhältnisse in einer Branche nicht passen, der muss sich halt eine andere suchen. So lange offensichtlich viel zu viele Journalisten werden wollen und nicht weit genug rechts und links sehen wollen oder können (wie machen die dann eigentlich ihren Job?), so lange können die Verleger ihr Spielchen machen.

    Da sind Mut, Kreativität und Durchsetzungsvermögen gefordert. Aus eigener, Jahrzehnte langer, Erfahrung weiß ich, dass massenweise Geld auf der Straße liegt. Man muss sich nur etwas anstrengen, es aufzuheben.

  7. Karlheinz Stannies

    @cjakubetz
    Warum sollte denn der DJV – wie Sie schreiben – seine Position (Onliner rein in den Tarifvertrag) in zwei Jahren ändern müssen? Das macht doch Sinn. Wir werden, wie gesagt, versuchen, selbst in tariflosen Gesellschaften per Haustarif etwas für die Onliner zu tun. Aber: Sie müssten schon mitmachen, wenn’s geht auch vorher in einer Gewerkschaft.

    Übrigens mache ich mir in der Tat Sorgen um 2013. Wer sagt denn, dass die schwindsüchtigen Zeitungen sich dann noch ordentliche Online-Auftritte im bisherigen Umfang leisten können? (Um mal wider den Stachel zu löken .. ;o) ..)

  8. Carsten Spöring

    Liebe Kolleginnen und Kollegen,
    als einer, der auf Seiten des DJV direkt an den Verhandlungen beteiligt war, möchte ich hier einen Teil der Kommentare kommentieren.
    Beginnen möchte ich mit dem Vorwurf, es sei eine Chance vertan worden, das Tarifritual zu verlassen. Da kann ich dem Kollegen nur vorhalten, die Infos zu den Tarifverhandlungen nur in der Schlussphase verfolgt zu haben. Es war nämlich der DJV, der die eingetretenen Pfade des Tarifrituals verlassen wollte. Im Frühjahr 2010 – ja, da begann bereits diese Tarifrunde, die am heutigen Tag abgeschlossen wurde – haben DJV-Vertreter den Versuch unternommen, in Gesprächen mit Verlegervertretern wegzukommen vom sturen Fordern, Gegenfordern, stundenlangen Verhandeln und begleitenden Streiks. Wir haben uns vorgestellt, in ruhigen Gesprächen ohne große Forderungen zu verhandeln und dabei auch einen Umbau der Tarifverträge hinzubekommen; dazu hätte beispielsweise auch eine Einbeziehung von Online-Redakteuren gehört. Aber die Arbeitgeber wollten nicht, winkten ab, sahen stur nur ihre Finanztöpfe und drängten uns in eine Tarifrunde, die den üblichen Ritualen entsprach.
    Dass dann heute von einem Pyrrhussieg im Tarifstreit gsprochen wird, verstehe ich nicht, wenn man die Ausgangslage sieht: Die Arbeitgeber wollten die Einkommen der Neueinzustellenden (von denen etliche sicherlich auch in Online-Bereichen arbeiten werden) um bis zu 30 Prozent kürzen. Das haben viele, viele Redakteurinnen und Redakteure mit ihren Streiks sowie die DJV-Tarifkommission am Verhandlungstisch verhindet. Komplett verhindert. Das haben die älteren Kollegen auch für ihren jüngeren Nachwuchs (mit-)getan und das haben etliche Volontärinnen und Volontäre auch für sich getan. Da ist der DJV auch und gerde für die Jungen mi eingetreten.
    Dass die Online-Redakteure weiterhin nicht im Geltungsbereich der Tarifverträge stehen, ist ein Manko, ist misslich. Mit treuen Augen haben selbst die Arbeitgeber am Verhandlungstisch dies „bedauert“ – aber anstatt dann die Online-Redakteure in die Tarifverträge reinzuschreiben und sie nach diesen Verträgen zu bezahlen, verlangten sie von uns (dem DJV) eine „Kompensation“, Cash. Knete. So läuft das nicht, haben wir den Verlegern deutlich gemacht. Und es ist in den Kommentaren ja auch schon angesprochen worden: Es gibt nur wenige Arbeitgeber im Tageszeitungsbereich, die ihre Online-Redakteure in der Tageszeitungsredaktion angesiedelt haben (und dann meist ohnehin nach Tarif bezahlen, wenn in der Redaktion noch Tarif gilt) – sonst sind es Billigstfirmen, deren Mitarbeiter (Redakteure) zwar mit den Zeitngsredakteuren oftmals am gleichen Tisch sitzen, aber viel schlecher bezahlt werden, und von den Zeitungsverlegern verleugnet werden, sie gehörten ja nicht (formal halt korrekt) zu ihrem Zeitungsunternehmen. Also verweigern sich Zeitungsverlger auch, über diese Kollegen bei Tarifverhandlungen zu verhandeln. Da die Redakteure in diesen Online-Ablegern der Zeitungen aber oftmals nur kurze Zeiträume in diesen Firmen verbringen (wegen schlechter Arbeitsbedingungen), sind dort Aktionen wie von den Zeitungsredakteuren eher nicht zu erwarten. Also wird es ein langer Weg werden, den Großteil dieser Kollegen in den Tarif zu bekommen.

  9. cjakubetz

    Nur, um Missverständnissen vorzubeugen: Mir ging es in diesem Beitrag nicht nur darum, endlich auch mal diese ständige Ungleichbehandlung von Onlinejournalisten zu erwähnen. Die Sache wird auch in die andere Richtung gehen, nämlich dass Zeitungsredakteure zunehmen auch zu Onlinern werden, ob ihnen das gefällt oder eben auch nicht. Kurzum: Das Berufsbild wird sich auf beiden Seiten wandeln. Und die Anmerkung von Karl-Heinz Stannies, ob sich Zeitungen dann überhaupt noch ordentliche Auftritte im Netz leisten können, würde ich sogar noch weiterführen: Können sich Verlage angesichts der jetzigen Situation überhaupt noch ordentlichen Journalismus leisten? Genau das war doch die Frage bei diesen Verhandlungen, genau diese Frage ist nicht beantwortet worden. Was passiert denn dann bitte 2013? Letztendlich – und das meinte ich mit Pyhrrussieg – ist ein Status Quo nochmal (ein letztes Mal?) zementiert worden, von dem wir doch alle wissen sollten, dass es ih in dieser Form in ein paar Jahren nicht mehr geben wird.

  10. Susanne Peyronnet

    Genau dieser letzte Einwand spricht mir aus dem Herzen: Dividiert doch nicht Printler und Onliner auseinander. Welcher Printredakteur ist denn heute noch gänzlich frei von Online-Arbeit? Der eine muss sich mehr, der andere weniger mit Online-Aufgaben beschäftigen. Letztlich ist es das, was an unserem Beruf so viel Spaß macht: sich ständig auf neuen Feldern zu versuchen, nicht nur neue Themen, sondern auch neue Vermittlungswege zu verinnerlichen und zu nutzen.
    Dabei darf nicht vergessen werden, dass Printler, die Online (mit)machen, dies zusätzlich zu ihrer ohnehin immer mehr verdichteten Print-Arbeit erledigen. Was keineswegs die Leistung der reinen Onliner schmälern soll. Beide Jobs sind gleich aufreibend und verdienen deshalb allemal, gleich gut bezahlt zu werden.

  11. Karlheinz Stannies

    Ja, einverstanden, aber das bestreitet ja nun wirklich niemand, dass sich das Berufsbild ändert, dass crossmediales Arbeiten längst zum Handwerkszeug jedes Journalisten gehört.

    Es ist nur leider so, dass in der Übergangszeit viele sträflich dezimierte Lokalredaktionen mit drei Mann fünf Seiten füllen müssen – und sich vor allem deshalb ihr Enthusiasmus in Grenzen hält, zusätzlich gleichzeitig auch noch das Internet zu bedienen. Das hat weniger mit nicht Wollen oder Können, mehr mit nicht Schaffen zu tun.

    Was sich die Verlagamanager noch an Qualitätsjournalismus leisten wollen, haben sie uns in den letzten Jahren sehr deutlich gemacht: Personalabbau, Tarifflucht und jetzt Tarif-Tieferlegen um ein Viertel.

    Mit Argumenten kommt man da bei den Herrschaften leider selten weiter. Und denen ist es ziemlich egal, ob Printler oder Onliner oder Pronliner oder Onlintler.. für sie sind das stets Kostenstellen.

    Übrigens, die Alternative zu Solidarität und Tarifvertrag ist: alle frei, alle Einzelkämpfer. Ist das die Zukunft, die @cjakubetz voraussagt (leider ohne sie genauer zu benennen)?

  12. cjakubetz

    Zumindest was die Zahl der Festanstellungen in bisheriger Form angeht: Nicht alle frei, aber sehr viel mehr frei. Ja, würde ich so sagen. Und immer weniger bei Tageszeitungen. Was die Zukunft angeht, stehen auf diesem Blog übrigens so viele Beiträge, dass es sich nicht lohnen würde, die jetzt alle zu verlinken.

  13. Karlheinz Stannies

    Danke, jetzt habe ich eine Vorstellung. Mehr muss gar nicht sein. Habe natürlich auch schon Hunderte Beiträge gelesen zum Thema. Schön, dass mir Ihr Text hier mal Gelegenheit gab, ein paar meiner Gedanken loszuwerden und zur Diskussion beizutragen.

  14. Heike Rost

    Ach verflixt. Als allererstes: Danke an die Verhandlungskommission. Wegen der guten Nerven, über einen solchen unerträglich langen Zeitraum gebetsmühlenartig immer wieder die selben dicken Bretter zu bohren. Danke auch dafür, jetzt die Prügel auszuhalten: Von denen, die den Abschluss mickrig finden, im Nachhinein eh alles ganz anders, besser, bunter und sowieso viel doller hingekriegt hätten.
    Womit ich ausdrücklich NICHT den Kollegen Jakubetz meine. Weil er an einem entscheidenden Punkt recht hat: Das althergebrachte Aufdröseln von Journalisten in Schubladen von Online über Print bis Knipser, pardon, Bildjournalisten ist schlicht nicht mehr zeitgemäß.
    Was übrigens auch nichts mit der „eierlegenden Wollmilchsau“ zu tun hat: Der steinalte Fehler, „das Online“ (nein, diese Formulierung stammt nicht von mir, die ist ein Zitat aus einer geharnischten Debatte) als eine Art Wurmfortsatz und Abraumhalde „des Print“ zu betrachten, der bestenfalls mit „Content“ „abgefüllt“ wird, ist da viel wichtiger in der Betrachtung. Diese Sichtweise wird offenbar immer noch Journalistikstudenten beigebracht, die in Scharen zu Rundfunk und Print streben – aber nicht in den Online-Bereich. (Was mangels angemessener Gehalts- und/oder Honorarstruktur möglicherweise auch logisch ist.)
    Und noch viel erschreckender finde ich die Tatsache, dass immer noch unglaublich viele Journalisten „mit dem Netzgedöns“ nichts am Hut haben. Weil sie „keine Zeit“, „keine Lust“ oder „es nicht so mit der Technik haben“. Ganz ganz böses Eigentor: Wer sich der Infrastruktur des 21. Jahrhunderts (Zitat von Amir Kassaei auf dem Süddt. Journalistentag in Mainz) in dieser Weise verweigert, hat wenig bis keine (beruflichen) Zukunftschancen.
    Übrigens, noch etwas: Solidarität ist nötig, auch unter Freiberuflern. Wie nötig, erleben wir gerade in der Umsetzung der Gemeinsamen Vergütungsregeln. Dort, wo Freie gemeinsam (= solidarisch) handeln, bewegt sich etwas. Ihnen dazu erst einmal Mut zu machen, ist allerdings eine Sysiphos-Arbeit. Wer über Jahre verdroschen wird, handelt irgendwann nicht mehr selbstbewusst – oder gar im Bewusstsein des Werts seiner Arbeit. Was wiederum Redakteure und Freie betrifft.

    Disclaimer: Ich bin Landesvorsitzende im DJV Rheinland-Pfalz. Und habe mir weitgehend abgewöhnt, von Redakteuren und Freien zu reden – stattdessen rede ich von Journalisten. Denn ich bin der festen Überzeugung, dass mancher Gedanke und manche Veränderung mit Sprache beginnt.

  15. Heike Rost

    PS @Karlheinz Stannies: Lieber Charly, genau diese Diskussionen finde ich wichtig. Auch, sie in Form von Blogposts und Kommentaren zu führen. Closed-Shop-Runden unter denen, „die eigentlich eh wissen, wie’s laufen müsste“, haben was vom Schmoren im eigenen Saft. Meinungsaustausch und Kontroversen haben einen wesentlichen Vorteil: Sie bringen Bewegung rein. 😉

  16. Wolfgang Grebenhof

    Kollege Jakubetz, Sie sehen die Schuld am ewig gleichen Tarif-Ritual bei der bösen Gewerkschaft, aber damit irren Sie gewaltig. Die Betonköpfe sitzen in den Reihen der Verleger. Der DJV wollte die Onliner in den Tarif aufnehmen – die Verleger weigern sich. Sie sind es auch, die sich zwar Unternehmer nennen, aber vielerorts nichts unternehmen, um kreativ und konstruktiv auf den Wandel in der Medienlandschaft zu reagieren. Gegen Manager, die außer Kostenreduzierung keinerlei Handwerkszeug beherrschen, hilft nur eines: knallharte Opposition. Daß wir das draufhaben, beweist der Ausgang dieser Tarifrunde. Für die Verleger haben sich die Erwartungen nicht erfüllt – für uns die Befürchtungen. Wenn sich die Verlagshäuptlinge 2013 wieder eine blutige Nase holen wollen, werden sie wieder mit unverschämten Forderungen daherkommen. Aber vielleicht sind sie ja doch lernfähig.
    Ich persönlich glaube ja nicht, daß die Verleger 2013 die Taktik auffahren werden: Brutal tiefe Einschnitte fordern, dann kommt am Ende eine Nullrunde raus. Denn sie wissen jetzt: Redakteure können kämpfen, und sie sind bereit zu kämpfen. Außerdem sorgen maßlose Forderungen, die sich dann nicht durchsetzen lassen, stets auch für Gesichtsverlust – in den eigenen Reihen (siehe die jüngsten OT-Flüchtlinge) wie auch in der Öffentlichkeit. So wie diesmal blamiert man sich nicht gerne mehrfach hintereinander… Es wird Zeit, daß die Verleger begreifen: Unternehmer heißen so, weil sie etwas unternehmen sollen. Sie können den Medienwandel nicht aussitzen, sondern müssen Wege finden, auch online Geld zu verdienen. Das ist ihr verdammter Job, nicht der der Gewerkschaften. Allein durch Sparwahn und Personalkosten-Reduzierungen die Rendite zweistellig zu halten ist ein armseliger, erbärmlicher Ansatz. Und einer, der sich gegen uns nicht durchsetzen läßt, wie wir eindrucksvoll bewiesen haben.

  17. Heike Rost

    „Stattdessen haben sich Gewerkschaften und Zeitungsverleger über außergewöhnlich viele Runden gegenseitig gequält. Mit einem Ergebnis, an dessen Ende auch stehen könnte: Wir vertagen uns nochmal zwei Jahre, danach werden wir die Debatten aus dem Jahr 2011 nochmal führen (müssen). Man hat also Zeit gewonnen, nicht sehr viel mehr.“ (Christian Jakubetz)

    Böse Gewerkschaften? Schuldzuweisungen? Nö. In dieser Runde gabs einen Abschluss – aber auf beiden Seiten Verlierer. Weil die Strukturprobleme nur vertagt worden sind. Zwei Jahre sind in unserer schnelllebigen Branche lausig kurz. Und die Projektion irgendwelcher Feindbilder rettet uns auch nicht den Allerwertesten.

    Apropos lausig: Der legendäre Wutanfall von Dr. Hubert Burda auf der DLD von den zu verdienenden „lousy pennies“ im Internet ist leider zum geflügelten Wort geworden, das hartnäckig in den Hirnwindungen klebt. Die Zahlen der Online-Werbeerlöse sagen etwas ganz anderes. Man kann sich aber täglich sein Mantra der lausigen Pfennige vorsagen, dann glaubt man’s nicht nur, sondern setzt auch nix mehr um. Weil sich’s nicht lohnt, wird mit Content abgefüllt, was wiederum keiner flattrt, kachingelt oder sonstwie bezahlt, lohnt sich ja nicht. Weswegen man es nur mit Content … (schon gut, ich hör schon auf.)

    Ein großer Teil der Mitarbeiter einer bedrohten Branche, deren Geschäftsmodelle schon seit Jahren wanken, steht für eine Anpassung an neue Marktgegebenheiten nicht zur Verfügung.
    http://www.drehscheibe.org/lokaljournalismus-crossmedial.html

  18. Heike Rost

    Sorry, die Zitatkennzeichnung aus Peter Jebsens Kommentar am Ende glatt vergessen. Und die Anschlussbemerkung, dass unter diesen „Mitarbeitern der bedrohten Branche“ auch erschreckend viele Kollegen sind, die noch mindestens ein Vierteljahrhundert Berufsleben vor sich haben…..

    Das Schweizer Hybridmodell der „Tageswoche“ ist übrigens ein interessantes Beispiel, wie es zukunftsorientiert weitergehen könnte. Der Standard berichtete ausführlich, auch über das Finanzierungsmodell (eine Stiftung).
    http://derstandard.at/1313024423174/Hybridmodell-Schweizer-testen-neues-Zeitungskonzept

  19. S. Michael Westerholz

    Liebe Kolleginnen,
    liebe Kollegen,
    jüngst ereignete sich in meiner Region eine Tornado-Katastrophe, vor zwei Tagen eine mitmenschliche Tragödie. Das wie selbstveständliche Zusammenwirken der Printler und Onliner und die großartige Verzahnung der Beiträge vieler Mitarbeiter im selben Haus, aber bei – ungerechter – unterschiedlicher Bezahlung war zutiefst beeindruckend und überzeugend – und niemandem kann ich erklären,warum die Onliner nicht demselben Tarif zugeordnet sind wie ihre schreibenden Kolleginnen und Kollegen. Ich kann Michael Anger nur zustimmen: Printler und Onliner müssen zusammengehen, müssen nötigenfalls auch bereit sein, gemeinschaftlich zu streiken, ich sag´s kitschig: Dem Leitbild der Drei Musketiere entsprechend, EINER für ALLE, ALLE für EINEN! Dass jeder dritte befragete Journalist sich den neuen Aufgaben verweigert, halte ich für Stuss. Hat es nicht Mitte der Achtziger auch so angefangen, als es uns freigestellt wurde, auf die Maschine einzuhacken oder in den Bildschirm zu schreiben? Damals saß ein Kollege neben mir, der seine Beiträge per Hand und dann erst, redigiert,in die Maschine schrieb – und ein Jahr später zeigte er sich überzeugt: „Bald schreiben wir alle direkt auf die Bildschirme unserer Abonnenten!“ cj´ Aussage stimmt natürlich: 2013 ist die Ausgangslage ungleich schwieriger als sie 2010/11 war. Nur ist seine harsche Kritik an DJV und verdi mit den Predigten der Pfarrer vergleichbar, die vor den anwesenden Gläubigen auf die schimpften, die ihrer Sonntagspflicht nicht genügten: Auch ich bin überzeugt: Wenn die Onliner sich nicht bei den Printlern einklinken, gehen für viele am gleichen Tag die Lichter aus wie für die Printler – ein Blick in die ivw-Listen bestätigt dies. Die Frage ist dann nicht mehr, wie wichtig die 45 € aus cj-Musterrechnung sind, sondern: Können die Aktiven sich dann noch den herrlichen Beruf des Journalisten leisten? Und wie viele Freie überleben bis dahin und hernach, wenn heute schon Einnahmen unter Hartz-iV-Niveau akzeptiert werden – von Journalisten, die hinreißend recherchieren und schreiben?

  20. Bernd Stuhlfelner

    Sie provozieren wieder einmal, lieber Christian Jakubetz, das ist durchaus gut so, insbesondere, wenn es um journalistisches Ethos geht, das Sie durchaus eloquent und elegant pflegen und auch zu pflegen wissen.

    Insofern nehme ich Ihren ersten Absatz auch nicht wirklich ernst, dass es in dieser harten Auseinandersetzung (wieder einmal) nur um ein paar Euro gegangen sei. Geschenkt.

    Es ging – und dafür sei den Verhandlungsführern auf journalistischer Seite gedankt – um nicht mehr und nicht weniger als um die Sicherung einer gewissen Grundqualität im Journalismus. Wir können diesen Standard gerne aufgeben und uns alle zusammen ausschließlich auf das Netz verlassen. Nur wissen Sie als alter Hase, der alle Facetten des Mediengeschäfts kennt, bestens, was das bedeuten würde.

    In diesem Sinne grüße ich Sie herzlich

  21. cjakubetz

    Lieber Bernd Stuhfelner,

    nein, ich weiß nicht, was es für die journalistische Qualität bedeuten würde, würde man sich „auf das Netz“ verlassen. Und zum anderen: Ich weiß auch nicht, was das eine mit dem anderen zu tun hat.

    Was ich aber sicher weiß ist, dass man journalistische Qualität nicht per se mit mehr Geld sichert. Ja, ich weiß: Natürlich muss gute Arbeit auch entsprechend bezahlt werden. Trotzdem gäbe es noch eine ganze Reihe anderer Dinge, die mir zum Thema journalistische Qualitätssicherung einfallen würden. Gleichzeitig bin ich mir aber sicher, dass keine dieser Dinge durch einen Tarifabschluss umgesetzt werden.

    Wie dem auch sei, wenn ich mal in Straubing bin, diskutiere ich das gerne mit Ihnen bei einem Kaffee, ggf. auch bei einem Weißbier.

  22. Bernd Stuhlfelner

    Lieber Christian Jakubetz,

    auf die von Ihnen angebotene Diskussion freue ich mich. Da gibts einiges zu besprechen.

    Ansonsten nur noch soviel: Die Qualitätssicherung im Journalismus beschäftigt nun mal alte Hasen außerordentlich. Dass gute Publizistik auch etwas mit guter alter Kaufmannstradition zu tun hat, sprich: mit Ökonomie, hat unsereins noch im einschlägigen Studium gelernt .

    Und auch nur noch dies. “Die Verlockung, endlich mal wieder einen richtig ordentlichen Arbeitskampf zu zelebrieren, war anscheinend zu
    groß“, schreiben Sie, und wissen doch so gut wie ich und alle anderen, dass Redakteure nicht gerne streiken und dies schon gar nicht zelebrieren. Die Not muss also groß gewesen sein, wenn es zu diesem Arbeitskampf gekommen ist.

    Wir sehen uns!

  23. Heike Rost

    Das ist mal eine steile These: „Sich aufs Netz verlassen“ und folglich „Standards“ (der Qualität) verlassen? Au Backe, das sollten wir mal in einer kleinen Diskussionsrunde besprechen, finde ich.
    Ein Preisgeben von Qualitätsstandards hat mit der technischen Plattform nichts, aber auch rein gar nichts zu tun. Abgrundtief schlechter Journalismus findet sich on- wie offline zuhauf. Leider.

  24. Bernd Stuhlfelner

    Verehrte Frau Rost,

    eine kleine Diskussionsrunde? Mit Vergnügen. Bitte gerne. Aber worüber?

    Den inneren Zusammenhang zwischen Offline und Online setze ich als Grundlage voraus. Auch der Online-Journalismus wird von den traditionellen Medienhäusern, Print wie elektronisch, geleistet. Wenn die offline sparen und Qualität senken, werden sie das Gesparte nicht ausgerechnet online wieder ausgeben, wo kaum Geld zu verdienen ist. Nicht einmal SPON mit seinen hundert Online-Redakteuren kann ohne die Print-Mutter einen vollwertig eigenständigen Online-Auftritt gewährleisten.

    Hierin steckt der Kausalzusammenhang, und damit ist auch Christian Jakubetz‘ Frage beantwortet, was denn das eine mit dem anderen zu tun habe.

  25. Heike Rost

    Worüber, verehrter Herr Stuhlfelner? Mit Verlaub, diese Frage hört sich unglaublich resigniert an; so, als gäbe es nichts mehr zu diskutieren angesichts der Großbaustellen im Journalismus, als sei eh schon alles zu spät.
    Dabei gibt es viele Ansätze, die sich jenseits der einfachen Fragen und Antworten bewegen und die mich persönlich – trotz aller bekannten Probleme und Schwierigkeiten – durchaus positiv über Journalismus an sich denken lassen.

    Gerne über die dogmatische Sichtweise, dass im Internet nichts oder bestenfalls „lousy pennies“ zu verdienen seien. Mich stört ganz ungemein, dass eine selbst gezüchtete Gratiskultur aus den Anfangstagen des Netzes, in denen reflexhaft alles „ins Online“ geschaufelt wurde, zu einer Art Naturgesetz mutiert ist. In den Köpfen, in der Ausbildung, in den (fehlenden) Konzepten.

    Gerne auch über die Zahlen, die Onlinewerbung und deren Wachstum betreffend (z.B. http://bit.ly/fHA40n); lousy pennies? Oder auch über die Sache mit den Paywalls, die anderswo mit Interesse beobachtet wird. (z.B. http://bit.ly/mR2MJz)

    Gerne auch über Inhalte, Qualität und Kaufargumente; denn angesichts dank Themenpools, Konzentration auf dem Zeitungsmarkt, Redaktions- und Mantelgemeinschaften flächendeckend gleicher Inhalte fehlen mir jegliche Motivation und Kaufargumente für mehrere verschiedene Tageszeitungen, ob am Kiosk oder per App. Ein Beispiel dafür: Die Apps der Welt und der Berliner Morgenpost. Einzige kleine Unterschied im regionalen Bezug, der „große Rest“ ähnelt sich inklusive Layout wie ein Ei dem anderen. Kein Grund also, beide Zeitungen zu lesen – was ich zu früheren Zeiten gerne getan habe.

    Gerne auch über Bretter vor dem Kopf: Die blödsinnige und völlig kontraproduktive, gedankliche Trennung zwischen Online und Print. Die im Grunde überholte Debatte über technische Plattformen des Journalismus. Die dusseligen Argumente der Sorte „Man muss für Online anders schreiben“, „Online werden keine längeren Texte gelesen“ und vieles mehr, die seit Jahren in der Ausbildung vermittelt werden, die Sache mit den lousy pennies inbegriffen. Den Unfug der möglichen Minderwertigkeit von Online-Produkten, „das ist nur fürs Netz“ als Wurmfortsatz in Debatten um inhaltliche Qualität von Bild und Text.

  26. Bernd Stuhlfelner

    Nun doch noch einmal, verehrte Frau Rost: Was Sie hier von sich geben – da bin ich dabei. Aber Resignation? Bei mir? Sie kennen mich nicht.

    Ich grüße freundlichst

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