Ein Buch – das Update (46): Prantl und die Zukunft des Journalismus

 

Liebe künftige Leser des „Universalcodes“, bedauerlicherweise fehlt in unseren beiden Kapiteln zum Thema „Video“ etwas. Eine wichtiger praktischer Tipp. Nämlich der, immer Ihre Akkus aufzuladen. Das Video, dass wir mit mir vor der Kamera gedreht haben, endet nicht deshalb so ruckartig, weil mir nix mmehr einfiel, sondern weil tatsächlich die Akkus alle waren und ein Ladegerät auch nicht in Sicht war. Nehmen Sie es also als Anschauungsunterricht, wie man es nicht macht. Für ca. 20 Sekunden hat es noch gereicht.

***

Schon geklickt für den Endspurt zur Virenschleuder 2011? Nein? Wir sind ganz gut im Rennen, freuen uns aber nach wie vor über jeden Klick…scrollen, „Euryclia“ suchen, liken. Danke!

***

Sehr viel ausführlicher als meine 22 Sekunden Video-Gestammel und sehr, sehr lesenswert ist das Vorwort, dass Heribert Prantl („Süddeutsche Zeitung“) zum Buch geschrieben hat. Es ist eine sehr treffende und Lust auf Journalismus machende Zustandsbeschreibung unseres Berufs. Es ist eine wunderbare Einleitung zum Buch — und wenn ich dann noch das Schlusswort von Richard Gutjahr vor Augen hat, dann finde ich, dass „Universalcode“ mit diesen beiden Texten zu Anfang und zu Ende des Buchs eine sehr schöne inhaltliche Klammer hat. Das Vorwort (in Auszügen, den vollständigen Text gibt es dann im Buch).

***

Autorität kommt von Autor, und Qualität kommt von Qual

Von der Zukunft des Journalismus

 

Von Heribert Prantl

 

Ich weiß nicht, warum man sich als Zeitungsmensch vor der digitalen „Huffington Post“ oder einer anderen Netz-Zeitung fürchten soll. Die macht das, was eine gute Papier-Zeitung auch macht: ordentlichen Journalismus. Man  sollte damit aufhören, Gegensätze zu konstruieren – hie Zeitung und klassischer Journalismus, da Internet und Blog mit einem angeblich unklassischen Journalismus. Man sollte auch aufhören mit dem Gerede, dass der „klassische“ Journalismus in einem Bermuda-Dreieck verschwinde. Der gute klassische ist kein anderer Journalismus als der gute digitale Journalismus.

Die Tageszeitung muss sich, wird sich verändern, sehr viel mehr als die Konkurrenz von Rundfunk und Fernsehen sie verändert hat. Der Inhalt der Zeitung wird ein anderer sein, als man es bisher gewohnt war, aber sie wird immer noch und erst recht Zeitung sein: Und die Texte, die dort stehen, werden Nachrichten im Ursinne sein – Texte zum Sich-danach-Richten. Das gibt es nicht umsonst, das kostet. Ein Billigjournalismus ist zum Wegwerfen, nicht zum Lesen. Wenn sich eine Zeitung an Anzeigenblättern orientiert, ist sie keine Zeitung mehr, sondern eben ein Anzeigenblatt.

Wenn Zeitungshäuser klug sind, dann machen sie das Internet zu einem Appetizer für die Zeitung, denn dann weckt der Online-Journalismus den Appetit auf mehr. Aber dann muss auch der Appetizer Qualität haben, sonst kann er nicht Appetit auf mehr machen. Es wird viel davon geredet, dass Zeitungen und Internet sich ergänzen. Ich bin überzeugt davon, dass das stimmt – wenn jedes Medium seine spezifischen Stärken kennt und nutzt. Die Stärke des Internets ist seine Rasanz und die unmittelbare Kommunikation mit dem Leser. Die Stärken der Zeitung sind Reflexion, Tiefenschärfe und eine große Befriedungskraft.

Mein Optimismus zur Zukunft der Zeitung  ist keine Selbstbeschwörung. Ich muss mich nicht beschwören – ich bin fest davon überzeugt. Im übrigen: Die von professionellen Redakteuren hergestellten, journalistischen Inhalte sind ohnehin nicht gefährdet;  jedes Trägermedium ist auf sie angewiesen, ob Zeitung, Rundfunk oder Internet. Das Internet ersetzt nicht gute Redakteure, es macht sie noch notweniger als bisher. Trotzdem gibt es im Profi-Journalismus eine merkwürdige Angst vor der Bloggerei. Es wird so getan, als sei die Bloggerei eine Seuche, die via Internet übertragen wird und den professionellen Journalismus auffrisst. Das ist, mit Verlaub, Unfug. In jedem professionellen Journalisten steckt ein Blogger. Der Blog des professionellen Journalisten heißt Frankfurter Allgemeine Zeitung, Süddeutsche Zeitung, Schwarzwald-Bote, WAZ,  taz oder Der Neue Tag. Der sogenannte klassische Journalist hat dort seinen Platz, und er hat ihn in der Regel deswegen, weil er klassische Fähigkeiten hat, die ihn und sein Produkt besonders auszeichnen.

Es gibt das etwas altbackene Wort „Edelfeder“ für die Journalisten, die mit der Sprache besonders behände umzugehen vermögen. Der professionelle Journalist ist, wenn man bei diesem Sprachgebrauch bleiben will, eine Art Edelblogger.  Der Journalismus wird sich nicht mehr so fest wie bisher am Papier festhalten, er löst sich zum Teil davon; aber er löst sich nicht auf. Er verändert seinen Aggregatzustand, er ist nicht mehr so fest wie er es hundertfünfzig Jahre lang war, er ist schon flüssig geworden, vielleicht wird er gasförmig. Das wird ihm nicht schaden. Gase erfüllen jeden Raum. Ein Journalismus, der Angst vor solchen Veränderungen hätte, wäre ein Unglück. Ein guter Journalist ist ein Forscher, ein Entdecker, ein Erklärer – er ist ein Amundsen, er ist ein Scott. Er kann Dinge, die andere nicht können und er traut sich Dinge, die sich andere nicht trauen.

(Prof. Dr. jur. Heribert Prantl ist Mitglied der Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung und Leiter der Redaktion Innenpolitik)

 

Dieser Beitrag hat 5 Kommentare

  1. Jörg Gastmann

    Herr Prantl meint, Texte aus Zeitungen seien Texte zum Sich-danach-Richten. Darin liegen gleich 2 Probleme:
    Erstens läßt sich tatsächlich eine erschreckend hohe Zahl der Leser durch „ihr“ Medium die eigene Meinung „bilden“.
    Und zweitens in der Selbstverständlichkeit, mit der die hochbezahlten, unter der Käseglocke lebenden Autoren reichweitenstarker Medien meinen, der Rest der Welt möge sich nach ihnen richten.
    Nein, das wollen die wachen Menschen eben nicht! Wir wollen keine Regierungssprecher, die z.B. die extrem manipulierte Arbeitslosenzahl, Rettungspakete, Schuldenbremsen und sonstige Propaganda als Jubelmeldungen verkünden, sondern kritischen Journalismus, der den Mächtigen ernsthaft auf die Finger haut, wenn sie sich als überfordert oder lobbygesteuert erweisen. Heute sind viele Politik- und Wirtschaftsredaktionen leider nur mit getarnten Lobbyisten, nicht aber mit echten Journalisten besetzt.

  2. Fabian Herbel

    Seid mir nicht böse, ich harre auch recht ungeduldig dem Erscheinen des Buches, aber dass Prantls Vorwort die Drittverwurstung eines Artikels ist, der sehr, sehr ähnlich schon auf sueddeutsche.de erschien und als Vorwort für Weichert,Kramp,Jakobs: Wozu noch Journalismus? gedient hat, finde ich schon recht enttäuschend.

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.