Irgendwie ist es ja schon wieder von fast rührender Hilflosigkeit, wie insbesondere Printmedien auf die neuen Riesen im Netz reagieren. Man will nämlich einfach was abhaben vom Kuchen.
Die neueste Idee stammt vom VDZ, der zumindest eines schon mal richtig erkannt hat: Ein nicht unbeträchtlicher Teil von Werbeerlösen — der VDZ schätzt momentan rund 10 Prozent bis zum Jahr 2012 — wird zu Riesen wie Facebook abwandern. Das ist tendenziell unerfreulich für die Verlage, weswegen man sich eine interessante Reaktion ausgedacht hat: Man will jetzt einfach eine Umsatzbeteiligung von Facebook haben, beispielsweise für Erlöse auf Fanseiten von Zeitschriften, die bei Facebook eingerichtet sind. Wobei man ja nun nicht weiß, wie das eigentlich aussehen soll: Da richtet ein Leser eine Fan-Seite für, sagen wir, den „Stern“ ein — und das Geld, das Facebook auf dieser Seite generiert, wird dann anteilsmäßig an den „Stern“ abgeführt? Und wenn der „Stern“ sich selbst eine Fanseite einrichtet, bekommt er dann auch Geld dafür? Das wäre dann nochmal eine hübsche Steigerung der Argumente in der Google-Debatte: Man würde dann Geld dafür verlangen, dass irgendwo auch nur der Name des Objekts auftaucht.
Erstaunlich daran ist nicht nur die hartnäckige Realitätsverweigerung, die solchen Vorschlägen zugrunde liegt. Facebook oder andere werden einen Teufel tun und deutsche Verlage brav an ihren Umsätzen beteiligen. Ebenso bemerkenswert (und bezeichnend) ist der strategische Ansatz, der dahinter liegt: Seit Jahren hecheln viele Verlage den Entwicklungen im Netz hinterher — und wenn sie dann feststellen, dass sie in einer Sackgasse gelandet sind, schreien sie nach Umsatzbeteiligung, Leistungsschutz, Welpenschutz und Artenschutz. Man meint, sie seien Ausgebeutete in einer modernen Form des Feudalismus. Anstatt die Möglichkeiten zu ergreifen, die neue Kanäle bieten (und ja, das tun sie!), wird nach Verboten und Regulierungen gerufen. Dabei wäre es ja einfach,würde man wirklich wollen: zwei Mausklicks und die Webseiten sind nicht mehr auffindbar für Suchmaschinen. Würde halt dann eben nur mal schnell die Hälfte des Traffics kosten, was man dann irgendwie auch wieder nicht will.
Dabei ist dieser Ansatz schon deswegen falsch, weil er die Verlage noch über Jahre hinweg in der Rolle der Getriebenen halten wird. Stattdessen müssten sie, wie es der eine oder andere ja inzwischen auch schon vormacht, endlich wieder Herr des eigenen Handelns werden, anstatt dauernd den Googles und Facebooks dieser Welt hinterherzuhecheln. Eigene Ideen, eigene Plattformen entwickeln, anstatt sich dauern zu beklagen, dass andere schneller und gewitzter waren. Und vielleicht mal eine kleine Liste anfertigen, auf der mahnenderweise drauf steht, was man in den letzten Jahren so alles übersehen hat. Da hat sich inzwischen nämlich so einiges angesammelt. Ganz oben steht dann: 1996. Das Internet.
Mehr dazu:
- Thomas Knüwer: König Lear und der VDZ.
- Holger Schmidt: Verleger wollen „fairen Anteil“ an Facebook-Werbeerlösen
Schlimm eigentlich, daß solche Ideen überhaupt Gehör finden, noch dazu von Verlagen, die ihre Autoren als kleine Zuarbeiter großkotziger Medien halten, anstatt sie zu Publikumslieblingen aufzubauen, wie das Rob Savelberg mal ganz nebenbei gelungen ist.
Strukturell hätte die Blogosphäre sicherlich noch Probleme, eine Barschel-Affäre aufzuarbeiten oder tatsächlich aufwendig investigativ zu arbeiten (von Groklaw mal abgesehen). Aber Qualitätsjournalismus, der sich nur noch so nennt und darauf gleich verzichtet,den braucht auch niemand mehr.
> Seit Jahren hecheln viele Verlage den Entwicklungen
> im Netz hinterher
Hecheln? Kann ich nicht erkennen, denn man hechelt nur, wenn man überhaupt etwas tut, siehe mein Hund. Renitent verschlafen wäre der bessere Ausdruck.
Naja,
generell ist der Gedanke ja so abwegig nicht. Aber wenn man neben der Werbewirkung auch noch an den Einnahmen beteiligt werden will, muss man auch was dafür bieten. Eine Fanseite ist da doch ein bisschen wenig.
Das ist ja, als würde eine Firma auf meiner Webseite werben und eine Beteiligung verlangen, weil die Werbung den content aufwertet.
Und was die Perspektive und den Blick für aktuelle Entwicklungen angeht – Letztes Jahr musste ich einem Dozenten an der Uni erklären, was „ein Google“ ist. Ich bin mir sicher, dass er zu der Klientel gehört, aus der manche Verlage ihre Entscheider rekrutieren :-)))
Mein Trackback nicht angekommen? Naja…
Eigentlich ist es doch ganz einfach: die Medien machen einfach den Ilse Aigner, löschen ihre Seiten bei fb und freuen sich über entgangene Leser (m/w) – fb wird das wohl eher wenig stören 😉