Krise? Welche Krise?

Das lustigste Wort der zurückliegende Monaten ist Krise. Wir haben keine Krise, wirklich nicht. Wer das, was in unserer Branche momentan passiert, als Krise bezeichnet, nennt berufsmäßige Steuerhinterzieher auch „Steuersünder“. Würden wir von einer Krise reden, hätten wir es mit einer vorübergehenden Erscheinung zu tun. Die irgendwann mal wieder endet — und danach ist dann fast alles beinahe wieder so wie vorher. Das ist natürlich ein Irrglaube. Nichts wird hinterher wieder so sein wie vorher. Vieles wird sich ändern, manches wird restlos verschwinden.

***

Mal eben die letzten Wochen zusammengezählt — rund 20 Jobs bei der „Süddeutschen Zeitung“, um die 40 bei der „Abendzeitung“, rund 70 beim „Jahreszeiten-Verlag“, das sind um die 130 Leute, die neu auf den Markt kommen, um das mal ein wenig euphemistisch zu umschreiben. Man muss kein Zyniker sein, um die Prognose zu wagen: Nicht alle davon werden wieder in einer Festanstellung landen. Das wäre generell noch nicht wirklich schlimm, weil Freiberuflichkeit zwar vielleicht nicht jedermanns Sache, dennoch aber grundsätzlich nichts Schlimmes ist. Der Markt für Freie kollabiert aber momentan genauso wie die Geschäftsmodelle der konventionellen Medien. Das eine hängt also logischerweise mit dem anderen zusammen. Wenn beispielsweise ein Branchenriese wie Gruner&Jahr im vergangenen Jahr ein Minus von 18 Millionen Euro schreibt, dann wird er seine Budgets für freie Journalisten nicht gerade erhöhen wollen, sondern seine redaktionellen Bedürfnisse mit (wenngleich geringeren) Bordmitteln stemmen. Es herrscht ein Überangebot — ein Überangebot an Menschen, die Inhalte produzieren. Diese Lage wird sich weiter verschärfen. Dabei spielt es zunächst einmal aus ökonomischer Sicht gar keine Rolle, wer diese Inhalte produziert, ob es gelernte Journalisten, Blogger oder irgendwelche Content-Manufakturen sind, die mit Macht auf den Markt drängen. Tatsache ist, dass es weitaus mehr Inhalte als Konsumenten gibt. Das drückt den Preis, das weiß jeder Student der Wirtschaftswissenschaften schon vor dem ersten Semester. Das ist schon jetzt dramatisch spürbar: Es gibt freie Journalisten, die für Stundenlöhne unterhalb von 15 Euro unterwegs sind, wenn sie richtig rechnen. Richtig rechnen bedeutet eben nicht nur, das Honorar für ein veröffentlichtes Stück zu sehen, sondern den kompletten Aufwand. Wer also für eine Sache zwei, drei Stunden recherchiert (was eh nicht übertrieben viel ist) und dann noch eine Stunde schreibt/schneidet/produziert und dafür 80 Euro bekommt (was wiederum keine Seltenheit ist), der hat 20 Euro pro Stunde. Wie man sieht: eine Rechnung, die tendenziell vieles zugunsten des Freiberuflers voraussetzt. Es kann auch deutlich schlechter laufen.

***

Aus der Sicht eines Betrebswirts ist das vermutlich der einzig gangbare Weg: Die Einnahmen brechen auch mittelfristig massiv weg, also müssen die Kosten gesenkt werden. Viel Potential für Kostensenkungen gibt es natürlich nicht, außer den üblichen Verdächtigen: Personalkosten, Honorarkosten. Weniger Menschen in den Redaktionen also, weniger Ausgaben für freie Journalisten. Das wiederum wird den konventionellen Journalismus in eine fatale Spirale führen. Gerade jetzt, in den Zeiten des Überangebots, müsste er seine latenten Stärken ausspielen. Er müsste sich von der schieren Masse der Anbieter absetzen, er müsste analysieren, einordnen, erklären, er müsste — einfach gute Geschichten erzählen, die fundiert sind, die relevant sind. Dafür könnte man dann vielleicht sogar Geld verlangen, in jedem Fall aber hätte man ein ziemlich gutes Argument, warum Leute ihre Zeit eben dann doch den Journalisten und nicht den Contentfabriken widmen sollen. Man hört von dieser sagenumwobenen Nische übrigens viel, immer dann nämlich, wenn man mal wieder von „Qualitätsjournalismus“ spricht.

***

Mit diesem „Qualitätsjournalismus“ ist das wiederum so eine Sache. Man hätte ja eigentlich denken können, dass man dafür u.a. so etwas wie Qualität an Menschen braucht, ganz sicher aber auch: eine gewisse Quantität, selbst wenn das widersprüchlich klingt. Insofern ist das ja dann schon erstaunlich, wenn die Chefredaktion der „Abendzeitung“ verkündet, man werde sich bemühen, dass der Leser den Wegfall der halben Redaktion gar nicht bemerkt. Das Bemühen der Redaktion sei unbenommen, das Argument als solches ist unsinnig. Würde es zutreffen, würde das bedeuten, dass man die letzten Jahre betriebswirtschaftliches Harakiri gespielt und etlichen Leuten beim Nasebohren zugeschaut hat. Wer also mal eben auf die Hälfte der Redaktion verzichten kann, war entweder vorher ein Dummkopf — oder ist es künftig, wenn er ernsthaft glaubt, der Konsument würde nicht merken, wenn auf einmal ein großer Teil der Belegschaft nicht mehr dabei ist (tatsächlich bin ich mir auch sicher, dass auch die Chefredaktion der AZ sehr genau weiß, dass das gar nicht geht, aber was soll man nach außen hin schon anders sagen? Etwa, dass natürlich jetzt auch die Zeitung schlechter wird?). Und wenn die SZ tatsächlich mal eben auf 20 Leute verzichten kann, ohne dass das einen Unterschied macht, hätte ich gerne meine früheren Abogebühren zurück, die ich offensichtlich aufgrund betriebswirtschaftlichen Missmanagements bezahlt habe.

***

 

Im sehr kleinen Beispiel hatte ich das Spiel schon mal, es ist vielleicht gar nicht falsch, sich so ein bodenständiges Exempel mal näher anzusehen. Schon vor über zehn Jahren als Lokalchef in der „Passauer Neuen Presse“ habe ich die Auswirkungen des Sparens zu spüren bekommen. Damals gab es auch schon schlaue Controller, die in irgendwelchen wilden Gleichungen vorrechneten, wie hoch Kosten, Nutzen und Gewinn auf einzelne Seiten und Redaktionen umzulegen seien. Also kürzte man Budgets (der Reflex muss wirklich tief sitzen…) und damit auch Seitenkontingente. Es dauerte nicht lange, bis die Leser bemerkten, dass sie für ihr Geld weniger bekamen. Und es dauerte nicht lange, bis die Auflage zu sinken begann, was die Leser in niederbayerischer Bierruhe erklärten: „Da steht ja nix mehr drin“, war ein Argument, das andere: „Do konn i aa s´Wochenblattl lesen“.  Sehr viel anders ist das heute auch nicht: Wer das Gefühl hat, weniger zu bekommen, kann auch anderes lesen. Nur dass die Alternative heute nicht mehr das kostenlose Wochenblatt ist, sondern das Internet. Aber auch das: meistens kostenlos. Deja vu? Von Journalismus, der sich Journalismus nennt und der sich bezahlen lässt, erwarten die Leute eben (zurecht) mehr als von Hobbyschreibern.

***

Es wird also, machen wir uns nichts vor, gerade Raubbau am Journalismus betrieben. Es werden schlechtere Medien produziert werden, beliebigere, oberflächlichere (für die man dann, welch Treppenwitz, Geld verlangen will). Auf Dauer wird der Journalismus noch mehr als bisher ohnehin schon seine Deutungshoheit verlieren, wenn nicht gegengesteuert wird. Journalismus kostet Geld, wenn man ihn vernünftig betreiben will. Momentan deutet beinahe nichts darauf hin, dass es diese Bereitschaft noch geben wird. Der Journalismus wird sich noch  zu Tode sparen.

Dieser Beitrag hat 26 Kommentare

  1. Inge Seibel

    Ich kann bei allem nur zustimmend nicken: Weniger Leute, weniger Qualität, weniger Inhalte und das ganze dann auch noch in paid content gepackt. Klingt richtig irrwitzig…
    Beim Lesen kamen mir nur gerade so die Gedanken, warum wir Journalisten eigentlich selbst noch so beharrlich an dem Verlegermodell festhalten. Von jenen fordern wir doch, dass sie endlich aufwachen, in Qualität investieren statt sie kontinuierlich abzubauen etc.
    Wieso soll eigentlich mit aller Macht die bestehende Verlegerdynastie in eine neue Epoche gerettet werden? Wer braucht denn noch das Papier der Verleger, den Verlagscomputer, ihre Druckmaschinen und das Vertriebssystem?
    Vielleicht müssen wir a l l e mal endlich richtig „umdenken“!

  2. Martin Giesler

    Krise – wäre es nicht so traurig, wäre es wirklich witzig. Aber der derzeitigen Situation kann vielleicht auch wirklich nur mit Humor begegnet werden. Den Gesetzen des Marktes zufolge erleben wir aber zur Zeit vielleicht auch eine Art Selbstreinigung, bei der die zahlreichen Boulevard- Angebote etwas ausgedünnt werden. Im Hinblick auf SZ und Gruner+Jahr trifft dies sicherlich nur am Rande zu, aber selbst dort müssen sich die Herren Verantwortlichen überlegen, was sie eigentlich machen wollen? Unterhalten auf niedrigem Niveau oder Informationen bieten, für die es sich auch zu zahlen lohnt… Werde jetzt jedenfalls regelmäßig hier vorbeischauen…

  3. Henning Ohlsen

    Liebe Frau Seibel,

    gerade gestern bei Anne Will sagte der Zukunftsforscher Matthias Horx etwas ähnliches wie Sie. Es ging um den Trend, Arbeitsverträge nur noch befristet zu vergeben und Horx forderte von den Menschen mehr Selbstständigkeit und Mut zur selbstständigen Arbeit.

    Auf den Journalismus lässt sich das natürlich einfach übertragen. Und immer mehr Journalisten versuchen ja auch neue Wege zu gehen, indem sie zum Beispiel neue Informationsquellen im Internet gründen. Ein großer Trend scheint mir momentan der hyperlokale Journalismus zu sein, also Berichterstattung aus geographischen Mikroebenen. Als Beispiel nenne ich einfach mal das Heddesheimblog oder Altona.info.

    Um wieder auf Ihre Aussage zurückzukommen: Das Papier der Verleger wird meiner Meinung nach nicht mehr unbedingt von einem Journalisten gebraucht, um finanziell über die Runden zu kommen.

  4. Chat Atkins

    Zustimmung – bis auf den Gebrauch des Futur I: „Es werden schlechtere Medien nicht erst produziert WERDEN, heute schon gibt es massenhaft schlechte und uninteressante Medien auf dem Markt, die im Prinzip doch nur noch Copy & Paste statt Stories bieten.

    Zur Beschreibung des Arbeitsmarktes gehört auch, dass in jedem Semester ungefähr 4.500 junge Menschen (lt. Medienbericht der Bundesregierung) mit völlig antiquierten Vorstellungen aus den zahllosen Journalismus-, Kommunikations- und PR-Studiengängen strömen, die alle ‚was mit Medien machen‘ wollen. Sie konkurrieren mit jener ‚redaktionellen Reservearmee‘, die derzeit aus den Verlagen gekegelt wird.

  5. Michael Liebert

    @ Ingo Seibel
    Das scheint mir ein interessanter Denkansatz! Gefragt ist guter Content und den produzieren doch nun mal gute Journalisten. Und um viele der Verleger mit ihren Druckerpressen und Drückerkolonnen ist es wohl nicht schade… Der Mensch da draußen ist auch bereit für guten Content zu zahlen, man muss ihm nur eine Idee an die Hand geben, wie das gehen soll…

  6. Maschinist

    Ich bin ja nicht vom Fach.
    Ich frage mich allerdings warum offenbar kein Verleger dies mal seinen Lesern mitgeteilt und zum Diskurs über einen evtl. höheren Zeitungspreis getreten ist. Werbeeinnahmen nehmen in der Krise ab, da wäre es doch verständlich etwas mehr für gute Information zu bezahlen.
    Stattdessen wird von gleicher, oder besserer (WAZ) Qualität von weniger Journalisten und dem Allheilmittel „Leistungsschutzrecht“ fabuliert. Der Dialog mit den Nutzern scheint zu lästig, aber wer heute noch seine Zeitung bezahlt wird auch ein paar Cent mehr täglich zu zahlen bereit sein.
    Man beschimpft lieber das Diskursmedium Internet und sieht den Lesern zu wie sie Hunderte Euros in medial unbestückte iPads investieren…

  7. Nicole Karepin

    Weniger Geld –> weniger Journalisten –> weniger Qualität –> weniger Leser
    Und um den letzten Schlenker auch noch zu machen: Die rausgeworfenen Journalisten fangen ohne festen Arbeitgeber selbst an, im Internet zu schreiben. Sie können ja nichts anderes, außerdem müssen sie auch ein bisschen Eigenmarketing betreiben, um velleicht doch noch eine Festanstellung irgendwo zu ergattern. Also stürzen sie sich ins Web und publizieren dort – kostenlos. Aber nicht unbedingt schlecht. Manche erzielen damit sogar Einnahmen, wie zum Beispiel das Heddesheimblog. Die früheren Arbeitgeber dieser Ex-Redakteure (aber eben nicht Ex-Journalisten!) schießen sich gleich doppelt ins Knie: Sie sparen an der eigenen Qualität und erhöhen gleichzeitig die des am stärksten gefürchteten Wettbewerbers, des Internets. Mit jedem Journalisten, den ein Verlag kündigt, stärkt er also seinen größten Konkurrenten. Diese Logik scheint allerdings den wenigsten bewusst zu sein.

  8. Benne

    Genau zu diesen „zahllosen“ Journalismus-Studenten von denen chat atkins da spricht werde ich auch mal gehören. Allerdings kann ich mit Überzeugung sagen, dass ich keine „völlig antiquierten“ Vorstellungen habe. Mir ist das, was sich „Medienkrise“ schimpft vollkommen bewusst und ich beobachte die Entwicklung sehr genau.
    Ich glaube zur Zeit kann noch niemand sagen wie es in 2-3 Jahren aussehen wird (der hyperlokale Journalismus wie von Henning Ohlsen erwähnt wird sich sicherlich weiterentwickeln).
    Aber die „Spirale“ (Entlassung-Qualitätsverlust-Verlust von Lesern-weniger Einahmen-Entlassung) wird sich immer schneller drehen. Es gibt ja genug Leute, die sich darüber den Kopf zerbrechen wie es weitergehen wird. Vielleicht sind es nur gerade die falschen Menschen. Das oft erwähnte „umdenken“ muss in den richtigen Köpfen stattfinden, damit sich etwas bewegt. Des weiteren muss das, was man sich „umgedacht“ hat auch noch umgesetzt werden und genau hier liegt ein großes Problem. Ohne das Risiko einzugehen, dass zu verlieren was man noch hat, wird die Spirale nicht durchbrochen. Dabei hat man eh nicht mehr viel zu verlieren…
    Wirre Gedanken die ich da von mir gebe, Ich hoffe sie sind halbwegs nachvollziehbar.

  9. Jens Arne Männig

    Im Verlagswesen hat seit einigen Jahren das Einzug gehalten, was auch einen Großteil der Unternehmen aller anderen Branchen zunehmend prägt: Nicht mehr der Kunde (Käufer, Abonnent, Leser) steht im Mittelpunkt der unternehmerischen Bemühungen, sondern der Investor. Folglich ist auch der Shareholder Value statt des Produkts in den Fokus der Aktivitäten gerückt. Zeitungen, Zeitschriften, Internetauftritte und deren Zielgruppe werden von den Zielgruppen an den Unternehmensspitzen primär als lästige, jedoch leider unverzichtbare Vehikel betrachtet, mit deren Hilfe der Cash Flow so gestaltet werden kann, dass der Shareholder zufrieden ist und Boni des Managements stimmen. Kein Wunder, dass auf dieser Grundlage kaum mehr als unbedingt nötig in den journalistischen Bereich investiert wird.

    Die Vorphase zu dieser Entwicklung war ja schon einige Jahre zuvor zu erleben: Viele Publikationen waren damals dem Vorbild der Fachzeitschriften gefolgt, die die Macht der Chefredakteure mit der neuen Position des Objektleiters zu brechen, der die jeweilige Publikation marktgerechter, sprich: den Anzeigenkunden genehmer gestalten sollte. Die damals neuen Objektleiter kamen natürlich meist selbst aus dem Anzeigenbereich oder aus dem Marketing, wenn sie nicht sogar bei Unternehmensberatungen angeheuert worden waren.

    Vor dem Hintergrund dieser Geschäftspolitik er letzten 20 Jahre scheint ein weiterer Verfall der alten Strukturen unausweichlich. Klar: Das Internet hat den enttäuschten Lesern erst Alternativen zur Verfügung gestellt, aber die eigentlichen Ursachen liegen in den betriebswirtschaftlichen Entscheidungen der Verlagshäuser. Eine Rückbesinnung auf die tatsächlichen Kunden, die Leser dürfte aber von der Generation der Wirtschaftsingenieure, die sich gerade an den Schlüsselpositionen festgesetzt hat, kaum zu erwarten sein.

  10. Niccolo

    Die iPads werden gefüllt – mit Nachrichten von freien Journalisten, die einer nach dem anderen hyperlokale Online-Seiten aufbauen. In wenigen Jahren reichen zwei fähige Crossmedia-Journalisten, ein Mediaberater und vielleicht noch eine Redaktionsassistentin, um wunderbaren Lokaljournalismus zu produzieren, der rentabel ist. Der dritte Redakteur folgt dann ein paar Jahre später 😉

  11. Chat Atkins

    @ Benne: Wenn du meine missverständliche Bemerkung in den falschen Hals bekommen hast, dann bitte ich um Entschuldigung. Ich zielte primär auf die Lehrenden an den Universitäten, die zumeist noch „total antiquierten“ Vorstellungen von Journalismus anhängen – lauter Selbstüberhöhung und idealistisches Geprotze mit ‚vierter Gewalt‘ und ‚Korrektiv der Macht‘ usw. Ja, Pustekuchen – schau dich bloß mal in der Medienlandschaft um!

    Notwendige Paradigmenwechsel an Universitäten aber finden stets erst nach der Emeritierung des alten Lehrkörpers statt, nichts ist konservativer als das Hirn eines Professors. Was sollen die Studenten also machen, als denen zu glauben, die dort auf dem Katheder stehen, oder zumindest so zu tun, als glaubten sie ihnen, wenn sie denn einen Schein haben wollen? So – durch Wohlverhalten – pflanzt sich das Verkehrte fort. Den Lernenden aber wollte ich nicht zu nahe treten, sie können nichts dafür. Sie sind sogar – im Gegensatz zu den alten Herren – fähig, nach ihrer Ankunft in der Realität umzudenken und Neues zu lernen.

  12. Maschinist

    Ich möchte mich – als Fachfremder – hier noch einmal zu Wort melden. Ich bin kein Journalist, war nie einer und bin nur durch Interesse auf dieses Blog gestossen.
    700.000 Kunden geben im Schnitt über $500 aus für ein iPad – dann waren die Dinger ausverkauft.
    Das allein sollten sich die Verlage mal ausrechnen und das könnte auch das Ende meiner Gedanken sein.

    Zu lesen gibt es vorerst nix auf dem neuen i-Dings ausser dem Internet und ein paar journalistischen Marken. Die aber topaktuell. Kein Holz mehr mit den Meldungen von gestern.

    Ging das an all den Professoren wirklich vorbei? Hat kein Journalist oder Verleger, nicht zuletzt aus Eigensinn, sich mal vom Prinzip des alleinigen Senders entfernt?
    Wenn sie noch einen Blumentopf gewinnen wollen, sollten die Verleger besser noch einen Programmierer für einen weiteren Redakteur engagieren und sich mal zeigen lassen was geht.

    Sollten in dieser Branche wirklich derartige Zustände herrschen wie ich hier lesen durfte, dann steckt sie in den 80ern fest. Ich kenne die Werbebranche die in den 90ern steckt (Vodafone) und auch nicht raus kommt aus der Falle.

    Wenn das wirklich so ist, dann kann ich nicht mehr als Apple gratulieren. Mit Medien von heute wäre es nie so weit gekommen.

  13. Ulrich Voß

    Gute Analyse! Endlich mal (wieder) jemand, der das Thema aus ökonomischer Sicht angeht. Es wird nämlich IMHO zu viel über die mangelnde Qualität im Journalismus diskutiert und zu wenig über die Finanzierbarkeit von Qualität. Das erste Problem erledigt sich IMHO ganz schnell von alleine (und damit auch der Job für die Hälfte der deutschen Journalisten, denn diese produzieren im Moment schlechte Qualität und das langsam und teuer). Aber das spannende Problem, das noch zu lösen ist: Wer produziert und finanziert in Zukunft den guten Teil? Die Patentlösung dafür habe ich leider auch nicht. Nur eines ist klar: Durch Sparen geht das sicherlich nicht …

    Nur den Vergleich mit dem iPad verstehe ich nicht. Hier überschätzt sich die Presse, wenn sie denkt, dass das 500 Euro an Apple sind, die eigentlich die Presse verdient hätte. Das Teil kann viel mehr, als Printprodukte anzeigen. Anders gesagt: Das iPad würde sich auch verkaufen, wenn nicht ein einziges klassisches Printprodukt darauf verfügbar wäre. Jede Wette!

  14. suann

    hi all,
    als absoluter laie mal eine ganz dumme frage.
    warum schließen sich nicht regional mehrere blogger zusammen und kreieren einen regionalen blog? ich bin absolut sicher, dass damit
    a) die freien journalisten mal zunaechst eine plattform haetten
    b) die leser ein groesseres interesse an diesem ( regionalen ) blog haetten als an den “ ueberholten “ printmedien
    c) damit sogar geld verdient werden wuerde ( nicht im ersten halbjahr, aber ganz sicher im laufe von acht monaten
    d) das bereits sehr erfolgreiche medium ist die „huffington post“
    wenn fuer so etwas interesse bestuende wuerde ich sogar „ehrenamtlich “ noch ein paar ideen einbringen und das projekt mit anleiern.
    suann

    ps.oder ist die “ eitelkeit “ deutscher journalisten so gross, dass sie sich nur gut uehlen, wenn sie ihren namen in einem printmedium finden?

  15. Kristian

    Ich möchte an dieser Stelle mal ein kleine Lanze für die Verlage brechen. Nicht bei allen sind Unternehmensberater an der Spitze und kalkulieren nur nach Kapazitäten, Mannstunden und Einnahmen/Ausgaben. Obwohl gern übersehen wird, dass auch ein Verlag letzten Endes ein Unternehmen ist, welches wirtschaftlich agieren muß und Produkte in einem Konkurrenzumfeld anbietet.Und da muß jede kaufmännische Überlegung gestattet sein, wenn auf einmal die Ausgaben die Einnahmen überschreiten.
    Wie ist es denn in der Realität. Ein redakteur, der seit 15-20 Jahren im Verlag arbeitet, hat bis dato bestimmt 2-3 technische Änderungen des Redaktionssystems mitgemacht. Die hat er auch noch akzeptiert, da ja letzten Endes Papier bedruckt wurde. Jetzt soll er umdenken und seine Artikel auch webfähig machen oder sogar mobil. Die Fotos kommen von Fotographen, bei denen die Hälfte noch nicht einmal der Veröffentlichung im Web zugestimmt hat (wir reden nur von der eigenen Zeitungswebsite). Der redakteur nutzt das Internet aber nicht genauso wie die jungen, nachdrängenden Redakteure, nicht so selbstverständlich. Er selbst hat andere Lesegewohnheiten. Wie soll er nachvollziehen, wie das im Web aussehen soll. Und dann reden bestimmt bei der Hälfte der Verlage die Printredaktionssysteme nicht mit den schnell drangestrickten Onlinesystemen. Da muß man auf einmal ein wenig html können oder 5 Tools (für Bildergalerien oder Videos) benutzen, um einen halbwegs vernünftigen Onlineartikel draus zumachen….und bei der Hälfte fehlen dann die Fotos wg. siehe oben 🙂 Was nun? Kündigen? Zu teuer, Redaktionsverbände, Gewerkschaft und, und, und. Ergebnis: Wir schhmeißen die jüngeren Kollegen raus, das ist nicht so teuer. Und somit unterscheiden sich inhaltlich und von der Aufbereitung her die Zeitungswebsites oftmals kaum von der Zeitung, bis hin zur Aktualität.
    Wenn jetzt jemand im Verlag auf die Idee kommt, das Ruder herumzuwerfen, dann kommt immer sofort die Frage: Mit wem? Da ist kaum einer, der eine Idee hat, wie das im Web aussehen soll, es gibt keinen Masterplan im Zusammenspiel von Online und Print, leider.
    Das soll kein Beitrag sein gegen die Journalismusbranche, ich denke, viele von euch kennen das aus eigener Erfahrung.
    Zum Schluß: Was ist Qualitätsjournalismus? Was unterscheidet einen guten Journalisten von einem schlechteren? Ich denke, es geht hier nicht um Edelfedern, die 1 Woche Zeit haben für einen 5 Seiten-Artikel. Es geht um die eigene Meinung, es geht um Bewerten, um einen Guide im Dickicht der täglichen gleichen Meldungen aus zig Kanälen. Da sehe ich die Zukunft der Verlage, um auch Geld für Inhalte zu bekommen. Das was passiert ist, erfahre ich überall. Aber warum es passiert ist, was das evtl. für Folgen direkt für mich haben kann und auch in 2 Wochen noch einmal daran erinnern, wenn es schon alle wg. 1.000 anderen Meldungen wieder vergessen haben. Dafür würde ich zahlen.

  16. Markus Kater

    Zur Einordnung: Ich arbeite seit 25 Jahren als Redakteur für Lokal- und Regionalzeitungen. Über einige Kommentare habe ich mich ein wenig geärgert.
    @cjakubetz: Viele Verlage haben in den vergangenen 20 Jahren einen größeren Fehler gemacht. Sie haben Redakteure zu Mitarbeitern der Druckvorstufe ausgebildet. Redakteure bauen Veranstaltungsseiten, bringen Pressemitteilungen von Unternehmen, Verbänden und Pressestellen in eine Form, die den Leser nicht interessiert, oder redigieren sechs von acht Stunden ihrer Arbeitszeit Texte von freien Mitarbeitern, die auch nach intensiver Bearbeitung nicht ins Blatt gehörten. Wenn Redakteure ausschließlich so arbeiten, sind ihre Lokalzeitungen in aller Regel von wenig Qualität. Das ist Copy&Paste-Journalimus. Und wo das so ist, da sind Redaktionen viel zu teuer. Das ist aber, auch in einigen Kommentaren zu diesem wieder einmal guten Stück, oft nur die Lieschen-Müller-Sicht auf die Zeitung. Es gibt auch in diesem Lande Redaktionen, die Wert darauf legen, dass auf dem teuren Papier, das sie täglich bedrucken lassen, eben nicht nur langweiliger Mist steht; sondern gut geschriebene und verständliche Stücke, die dem Leser Neuigkeiten bieten, ihm dabei helfen, etwas einzuordnen, Entscheidungen zu treffen. Es gibt Verlage und Redaktionen, die ihren Lesern täglich eine gute, mindestens ordentliche Zeitung bieten. Es gibt sogar Leser, die das so sehen;) Ich würde mir wünschen, dass wir das etwas differenzierter diskutierten. Und dann vielleicht auch erkennen, dass das, was einige Lokalredaktionen bieten, nicht so einfach zu ersetzen ist, zumindest nicht verlässlich. Bitte nicht falsch verstehen: Ich rede nicht von dem Vertriebsweg, nicht von Papier oder Bildschirmen, ich rede von Inhalten.
    Zu den Kosten: Vermutlich hat Christian Jakubetz recht, wenn er schreibt, dass in vielen Redaktionen künftig weniger Journalisten arbeiten werden. Und vermutlich wird das in einigen Redaktionen auch dazu führen, dass die Qualität der Inhalte (weiter) leidet. Und vielleicht wird das sogar dazu führen, dass einige Zeitungen deshalb so viele Leser verlieren, dass sie über die Wupper gehen. Vermutlich wird es aber auch Redaktionen geben, die sich darüber intensiv Gedanken machen. Redaktionen, die zum Beispiel darüber nachdenken, wie sie sich besser organisieren. Redaktionen, die zum Beispiel darüber nachdenken, wie sie ihre Mitarbeiter besser aus- und weiterbilden. Redaktionen, die zum Beispiel darüber nachdenken, wie sie in social networks neue Leser oder User gewinnen. Es gibt ja gute Beispiele, in Koblenz oder Dortmund und anderswo. Und ganz vielleicht ist das sogar unsere Chance.
    Es wird wichtig sein, dass wir aus Mitarbeitern der Druckvorstufe wieder Journalisten machen, oder, wenn das nicht mehr funktioniert, dass wir Mitarbeiter der Druckvorstufe durch Journalisten ersetzen. Durch solche, die Lust auf Geschichten und Lust auf Recherche und vor allem den Blick für den Leser und für den User haben. Und ja, das kostet Geld.

  17. vera

    @inge seibel
    YESSS. Auf der ganzen Linie.

    @suann
    hardy prothmann, http://heddesheimblog.de/

    eitelkeit: die paar köpfe, die so bekannt sind, daß sie sich das leisten können, kannst du an 10 fingern abzählen. und auch die waren irgendwann mal fleissig. manche sind es noch.
    Fang mal hier an und lies dich bei den links und hier bei Christian jakubetz weiter durch, dann bekommst du ein ganz gutes bild.

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.