Der Anruf kam, zugegeben, überraschend: Die Journalistenakademie der Adenauer-Stiftung, bei der ich ab und an bei Multimedia-Seminaren als Trainer mit dabei bin, ist mit acht deutschen und neun afrikanischen Journalisten im Juni 2009 in Johannesburg bei der Fußball-WM. Ein interkulturelles und multimediales Projekt, bei dem es natürlich auch, aber nicht nur um Fußball gehen wird. Sondern eben auch um Hintergründe: Was bedeutet eine WM für dieses Land, für den Kontintent? Wie lebt es sich in diesem Land, wie ist der Alltag dort?
Was ich damit zu tun habe? Ich werde als Trainer mit dabei sein in Südafrika — und bis dahin und schließlich von dort aus in vermutlich erst einmal ziemlich losen Folgen erzählen, wie man (besser: ich) sich vorbereitet auf einen doch ziemlich ungewöhnlichen Auftrag. Das dämmert mir nämlich erst allmählich und es dämmert mir in sehr kleinen Schritten. Gestern erst beispielsweise habe ich mitbekommen, dass (was ja eigentlich klar sein sollte, es mir aber nicht wirklich wahr) die Arbeitssprache des kompletten Seminars natürlich Englisch sein wird. Das brachte mich auf jene Episode, als ich mit meinem Bruder letztes Wochenende über das Level eines Englisch-Leistungskurses unterhielt (den wir beide belegten, beim selben Lehrer, nur zeitversetzt). Mein Bruder jedenfalls erinnerte sich an folgende Konversation aus seinem Kurs:
(Lehrer): What happened in World War II?
(Schüler): Many people died.
Für ein Jahr vor dem Abi ist das ja schon erstaunlich; nachdem wir aber beide den gleichen Lehrer hatten, hielt ich es nicht für ausgeschlossen, dass wir damals ähnlich geistreiche Unterhaltungen führten. Außerdem fiel mir ein, dass wir damals uns lange mit Lady Macbeth auseinandersetzten, was nicht nur ein wenig langweilig, sondern auch ein bisschen nutzlos war. Vermutlich wird in Johannesburg niemand beeindruckt sein, wenn ich Shakespeare zitiere.
Ich habe als allererstes drei Englisch-Podcasts bei iTunes abonniert und liebe Freunde schreiben mir neuerdings in Englisch.
Tatsächlich macht mir Alltagsenglisch keine Probleme, aber ein komplettes Journalistenseminar zwei Wochen lang hab´ich noch nie gemacht. Gut. Noch ist Zeit.
Weiter besorgt: Etliche Podcasts und eine WM-App aus dem Store. Fußball ist dabei das gerigere Problem, da sollte ich auf der Höhe sein. Aber was weiß ich über Südafrika — oder besser gefragt: Was weiß ich über Südafrika, was mich dazu qualifiziert, Menschen in Deutschland darüber zu berichten, was dort passiert? Wenn ich ehrlich bin: es ist vermutlich viel zu wenig, aber das ist halt Journalistenleben. Dafür wissen wir, wie man recherchiert und wie man sich ein Bild macht. Übrigens, wer einen guten Literaturtipp hat, immer her damit.
Nächste Idee: Jens Weinreich kontaktieren, der schon bei der Leichtathletik-WM in Berlin ein spannender und irre kompetenter Gesprächspartner war, vor allem dann, wenn man sich über mehr als das klassische 1:0 unterhalten will (wunder dich also nicht, Jens).
Abseitsregeln nochmal genau anschauen. Trikots kaufen.
Das sollte reichen für´s erste, es ist ja noch ein gutes halbes Jahr. Obwohl ich aus eigener Erfahrung weiß: Eigentlich ist das ja quasi nichts, so ein halbes Jahr.
Gratulation zu diesem Traum-Auftrag! Solche publizistische Begleitung erhöht auch meine Vorfreude auf die WM. Jens präsentierte sich übrigens auch gestern in Mainz bei der DJV-Tagung als „irre kompetenter“ und sympathischer Gesprächspartner. Er plant, wenn ich mich recht entsinne, demnächst nach Südafrika zu reisen (WM-Auslosung am 4.12.).
„What happened in World War II?“ ist aber auch eine selten dämliche Frage, oder? Was soll man denn darauf antworten, ohne eine Rede zu halten? „Many people died“ ist doch eigentlich eine bittere aber sehr treffende Zusammenfassung des Sachverhalts.
Bei der Aufregung verständlich: Das ganze wird wohl im Juni 2010 stattfinden, nicht 2009. Also: Glückwunsch! von Christian zu Christian
Auf dem edlen Herrn Shakespeare herumzuhacken, finde ich, ehrlich gesagt, ein bisserl kindisch. Passt irgendwie nicht so wirklich zu den übrigen Einträgen in diesem Blog.
Das ist, als ob man sich beschwert, dass man in Deutsch Goethe lesen musste. Ein Gefühl für eine Sprache entwickelt man, meiner Meinung nach, am ehensten über literarische/poetische Texte, egal ob von Shakespeare oder Jay Z. Word! 😉
When shall we three meet again
In thunder, lightning, or in rain?
When the hurlyburly’s done,
When the battle’s lost and won.