Über die Zukunft des Lokalen

Sie erinnern sich? Vor kurzem hatte ich hier ein paar Zeilen über die Zukunft des Lokaljournalismus geschrieben, nicht alle haben sich darüber gefreut (das ist ja das Schöne an Blogs). Inzwischen hat sich die Debatte auch auf die „Drehscheibe“ ausgeweitet, in deren neuesten Ausgabe ich nochmal ein paar Sätze zum Thema sage, gekontert (wie schon hier im Blog) von Ulli Tückmantel von der „Rheinischen Post“, dem ich jetzt die liebevolle Bezeichnung zu verdanken habe, ich sei der Hilfsschrebergärtner von Stefan Niggemeier, wobei ich  „BILDblog“ nicht unbedingt als publizistischen Schrebergarten sehen würde, aber bitte, ich bin ja halbwegs tolerant.

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Beide Texte finden Sie jetzt nachfolgend — und wenn Sie diskutieren wollen (herzlich gerne), können und sollen Sie das hier tun, nicht weil ich der „Drehscheibe“ die Debatte und den Traffic nicht gönne, sondern weil Sie bei der Drehscheibe aus technischen Gründen noch nicht diskutieren können (*räusper*).

Also, bitte sehr, hier die verschiedenen Positionen:

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PRO – Christian Jakubetz:

Der Tag, an dem mir der Kragen platzte, war eigentlich ein ganz normaler Tag im lokaljournalistischen Alltag. Er bestand im Wesentlichen aus einer Aufmachergeschichte im heimischen Lokalteil, bei der ich nach wenigen Absätzen einzuschlafen drohte. Irgendwo daneben hatte sich noch jemand mit einer „Glosse“ abgemüht – und, ach ja, es gab eine lokale Freitagsumfrage, die in etwa wissen wollte, ob die Bundeswehr in Afghanistan bleiben sollte. Man hätte auch fragen können, ob Obama ein guter Präsident ist oder ob Bayern Ribéry verkaufen soll; die Relevanz für den Lokalteil wäre ungefähr die gleiche.

Auf den kommenden Seiten ging das Elend dann erst richtig los: Ein Text einer Hausfrau aus meiner Nachbarschaft ließ mich wissen, dass die Feuerwehr auch im vergangenen Jahr wieder Unfassbares geleistet haben soll; umrahmt wurden diese und die folgenden Seiten von Texten, denen man unschwer ansehen konnte, dass sie zum einen nicht von Journalisten geschrieben und zum anderen von Journalisten redigiert worden waren, die einfach nur froh waren, diesen Text schnell wieder loszuwerden.

Danach setzte ich mich hin und schrieb einen Eintrag für meinen Blog, der selbstverständlich völlig unausgegoren, völlig subjektiv, hoffnungslos polemisch und genau deswegen gut war. Die Grundthese: Mit dieser lieblosen und langweiligen Art, wie sich Lokaljournalismus präsentiert, sind die Verlage auf dem allerbesten Weg, ihren letzten Rest Existenzberechtigung zu verspielen. Was mich wunderte: Es gab Widerspruch. Was mich noch mehr wunderte: Vieles an den Widersprüchen basierte auf der Annahme, ich hätte von Lokalem ungefähr gar keine Ahnung.

Aber genau das ist der entscheidende Punkt: Ich habe zwölf Jahre in Lokalredaktionen gearbeitet, über die Hälfte davon als Lokalchef. Zugegeben, seit nunmehr zwölf Jahren bin ich draußen aus dem Lokaljournalismus. Und vielleicht ist es gerade das, was ärgert und verblüfft: dass seither nichts besser geworden ist. Dass man seit vielen Jahren weiß, woran es hakt im Lokaljournalismus: an lieblosem Terminjournalismus, an freien Mitarbeitern, die sich aus Hausfrauen, Feuerwehrschriftführern und pensionierten Studienräten rekrutieren. An personell hoffnungslos unterbesetzten, technisch miserabel ausgestatteten und mäßig ausgebildeten Redaktionen und Redakteuren. An fehlender Rückendeckung aus den Verlagen und den Chefredaktionen. Und daran, dass es zwar Jahr für Jahr wohlfeile Kongresse und Panels gibt, bei denen die Bedeutung des Lokalen beschworen wird, die aber an der Situation nichts ändern.

Und nein, ich mache dies erst an letzter Stelle den Lokaljournalisten zum Vorwurf (obwohl es mir häufig durchaus sympathischer wäre, sie würden sich an die eigene Nase fassen und irgendetwas zu ändern versuchen, als regelmäßig das Klagelied gegen die bösen Verleger, die bösen Leser und die böse Welt anzustimmen). Wirkliche Vorwürfe müsste man hingegen denen machen, die es in der Hand hätten, die Zustände zu ändern. Denjenigen, die zwar den Wert des Lokalen regelmäßig betonen, gleichzeitig aber für ein skurriles Missverhältnis in der Besetzung und Ausstattung der Redaktionen sorgen. Eigentlich müsste man – gerade jetzt, wo das Lokale für viele Regionalzeitungen de facto zu ihrer einzigen Daseinsberechtigung geworden ist – in den Lokalredaktionen die Besten eines Hauses sitzen haben. Mal ganz ehrlich: Kennen Sie ein Blatt, wo das der Fall ist?

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CONTRA – Ulli Tückmantel:

Eigentlich ist in der Branche ein super Job zu vergeben: Wer einen fundierten Überblick über den Zustand des deutschen Lokaljournalismus hätte, könnte sich dumm und dusselig verdienen. Dass die Stelle unbesetzt ist, hat seinen simplen Grund darin, dass der deutsche Lokaljournalismus mit rund 1500 Titeln erstens genau das ist, was sein Name sagt (nämlich lokal, also unüberschaubar), und es zweitens keine einzige verwertbare Bestandsaufnahme wissenschaftlich-repräsentativer Natur gibt, aus der man sein Wissen abschreiben könnte. Solange sich daran nichts ändert, wird weiter vom hohen Ross der Unkenntnis herab von der eigenen schmalen Lektüre auf den Zustand des Lokaljournalismus geschlossen und geschossen werden.

Die daraus resultierenden Albernheiten liegen regelmäßig auf dem Niveau, auf das Die Zeit 1995 abstürzte, als sie aus den ihr völlig fremden Umstrukturierungs-Nöten eines Regionalverlags für ganz Deutschland schlussfolgerte, das Niveau der regionalen Presse sinke dramatisch. Klügelnd formulierte sie, aus den Käseblättern seien „Crème-fraîche-Blätter“ geworden. Das „Netzwerk Recherche“ gefiel sich 2004 darin, ohne Recherche einen Kongress mit dem Titel „Das große Schweigen? – Korruption und die Rolle des Lokaljournalismus“ zu veranstalten, der den Lokaljournalismus schon im Vorfeld pauschal als „ernst zu nehmendes Dunkelfeld“ denunzierte.

Nun muss es in den Lokalredaktionen niemanden kümmern, wenn Lautsprecher des Kalibers Leif & Leyendecker in der Diakonischen Akademie Berlin-Pankow die aus ihrer Rezeptionsverweigerung der lokalen Publizistik resultierende Unzuständigkeit unter der Jüngerschaft als aufklärerisches Werk feiern. Der Ex-Kollege Jakubetz, der nebenbei Niggemeier als Hilfsschrebergärtner dient, ist da bloß ein weiterer Fall. Praktizierende Lokal- und Regionaljournalisten sollten ihr Selbstbewusstsein, nicht jede Suada durch Kenntnisnahme zu nobilitieren, die unterhaltsame Einzelbefunde mit Zeugnissen eines Zustands verwechselt, offensiver artikulieren. Ich werde zudem den Verdacht nicht los, dass manch einer der selbsternannten Lokaljournalismus-Experten lediglich den Paradigmenwechsel einer „over-newsten“, globalisierungsgestressten Gesellschaft hin zu Heimat, überschaubarer Territorialität und Selbstverständigung im lokalen Erlebnisfeld nicht verkraftet. Wir waren Heimat? Sorry. Ihr seid gestern. Tschüss.

Nicht der Lokaljournalismus ist in den 80er Jahren stehen geblieben, sondern seine Kritiker. Die lokaljournalistische Diskussion wird von ganz anderen Fragen bestimmt. Viel lieber hätte ich angehört, wie Paul-Josef Raue kürzlich in der Schweiz Journalistenschülern erklärt hat, wie sich seine Braunschweiger Zeitung systematisch Leser zu Freunden und Funktionäre zu Feinden macht. Ich würde viel lieber den Kollegen des Hamburger Abendblatts bei einem der schlüssigsten Metropolen-Konzepte Deutschlands über die Schulter gucken. Die Autoren der besten Beiträge des Konrad-Adenauer-Preises abtelefonieren und wenigstens regelmäßig die drehscheibe lesen. Oder mir von Christian Lindner, dem Chefredakteur des Kritiker-Lieblings-Hassblatts Rhein-Zeitung, von den Erfahrungen seines intensiven Twitter-Einsatzes erzählen lassen. Ich bin halt einfach lieber mit Wesentlichem als mit irrelevanter Erbsenzählerei befasst.

(Ulli Tückmantel (43) war zehn Jahre Lokalchef am Niederrhein und leitet seit 2008 das Ressort Report der Rheinischen Post in Düsseldorf. Kontakt: www.tueckmantel.com.

Dieser Beitrag hat 11 Kommentare

  1. udokunze

    Hallo, Herr Hilfsschrebergärtner! Der Herr Tückmantel kennt bestimmt nette Leute, sogar welche mit Twitter-Einsatz, aber aus meinem Erleben kann ich sagen: von der hiesigen Monopoltageszeitung hatte ich schon lange nicht mehr den „politischen“ Teil gelesen und sie nur wegen des Lokalteils bezogen. Als sie dort zu Neujahr 2009 eine Wahrsagerin aus einer 30 km entfernten Großstadt zum kommenden Schicksal der Kleinstadt befragten und bei diesem Aufwasch auch noch der unliebsame Mitbewerber um das Bürgermeisteramt sein Fett weg bekam, schrieb ich die Abo-Kündigung. Und diese Scharlatanerie war nur ein kleines Pünktchen auf einem dicken, dummen und frechen „i“.
    Jetzt les´ ich Schrebergärtner.

  2. vipraum

    In unserer morgigen Ausgabe ist ein Beitrag über getötete Wildschweine auf der Seite 1. Die Überschrift stammt von einem Politikredakteur. Und was steht drin? Genau, das Wort „Schwarzkittel“.

    So stellt sich der Politikredakteur nämlich Lokaljournalismus vor.: Man sagt statt Wildschwein „Schwarzkittel“, statt Spargel „weißes Gold“, Plätze laden „zum Verweilen ein“ und Polizisten staunen häufig „nicht schlecht „.

    Doch in unserer Lokalredaktion schreibt kaum einer noch so. Insofern hat Herr Tückmantel schon recht: Diejenigen, die sich jetzt als Kritiker des Lokaljournalismus aufspielen, sind noch im Gestern verhaftet oder zielen aktuell bestenfalls auf Politikredakteure, die mal den Pausenlokalen geben.

  3. cjakubetz

    Das ist sprachlich natürlich gruselig, aber die Logik verstehe ich nicht ganz: Liegt das wirklich daran, dass ein Politikredakteur falsche Vorstellungen vom Lokalen hat, wenn er schlechte Überschriften macht?

  4. cdv!

    Aha, lieber Ex-Kollege Tückmantel: Wenn ich das richtig verstehe, ist dann die Rheinische Post eine der wenigen Zeitungs-Ausnahmen, die gnadenlos von Jahr zu Jahr die Auflage steigern. Weil die Zeitung einen Super-Lokalteil hat. Stimmt doch, oder? Und allen anderen Lokalzeitungen geht es genau so gut wie ihnen? Hmm, meedia-analyzer sieht das etwas anders. Und: Das ist kein Contra, sondern ein hilfloses Umhergeschreibsel, dass sie in ihrem Blatt auch nicht hätten lassen können. Zu polemisch, hätten alle meine Chefredakteure gesagt, nicht sachlich genug. Schreiben sie nicht „hätte“ und „würde“, sondern nehmen sie doch mal sachlich Stellung, wo sich der Lokaljournalismus in den letzten Jahren verbessert hat.. Und wenn sie das dann schreiben, dann zeigen sie mir mal, wo das passiert. Die meisten Lokalzeitungen, die ich mir heute ansehe, sind gruselig. Es sind Ex-Kollegen, die bis heute nicht verstanden haben, dass es seit den Zeiten des Internets einen anderen Journalismus erfordert. Oder, wie mir eine Ex-Kollegin neulich am Telefon freimütig und ohne Selbsterkennen sagte: Zum googlen habe ich keine Zeit.

  5. Steffen Zimmermann

    Klar mag es da und dort auch herausragende Beispiele für gut gemachten, modernen Lokaljournalismus geben (Raues „Braunschweiger Zeitung“ gehört sicher dazu).

    Aber die breite Masse der Lokalzeitungen in Deutschland arbeitet konsequent daran, sich selbst die eigene Daseinsberechtigung zu entziehen. Die Arroganz der lokalen Verleger und Redakteure erinnert mich stark an die Crewmitglieder auf der Titanic…

    Ich empfinde es jedenfalls immer wieder als absolute Frechheit, was dem mündigen, intelligenten Leser jeden Morgen wieder in den ganz normalen Lokalzeitungen präsentiert wird.

    Was mich vor allem stört:
    1. die meist völlig undifferenzierte Berichterstattung über die eigene Stadt, frei nach dem Motto: In unserer Stadt ist alles toll, jenseits der Stadtgrenzen aber ist alles doof.
    2. Das Hofieren von lokalen Wirtschaftsunternehmen (= Anzeigenkunden), denen immer wieder in anzeigenähnlichen Artikeln völlig unkritisch gehuldigt wird.
    3. Das vollkommen lieblose „Blattmachen“ (wenn man es denn noch so nennen kann), das sich in erschreckenden Rechtschreibfehlern und völlig uninspirierten, lediglich schnell zusammengeklatschten Zeitungsseiten äußert.

    Ich weiß – nach meinen persönlichen Erfahrungen als Leser von Blättern wie der Nordwest-Zeitung, der Thüringer Allgemeinen oder der Allgemeinen Zeitung Mainz – wirklich nicht, warum man heute noch eine Lokalzeitung lesen sollte.

  6. Ein Journalist

    Der erste Kommentar könnte sich glatt auf die Rghein-Zeitung beziehen. 😉

  7. Brett

    Ganz wesentlich für die Rettung der Zeitungen ist der Lokalteil. Er ist unersetzlich und überflüssig gleichzeitig. Überflüssig wegen der vielen Nichtigkeiten, unersetzlich, weil die Menschen danach hungern, was für Nichtigkeiten auf Kreisebene so stattfinden. Die Qualität des Lokalteils ist aber nicht nur eine Frage der Qualität der journalistischen Arbeit, sondern hat auch mit der Qualität einer Stadt und eines Lesepublikums zu tun. Der Lokalteil wird geliebt, wenn die Leute sich darin wiederfinden können. Das ist eine psychologisch oft recht komplexe Geschichte. Große Politik, Wirtschaft, 1. Bundesliga – das sind alles Themen, wo die Journalisten kritisch schreiben können, weil die Betroffenen gerne beleidigt sein können – das wird der Zeitung nicht schaden. Auf Lokalebene sind die Gewichte anders austariert. Je kleiner die Stadt, umso mehr haben die Leser die Oberhand gegenüber jedem Versuch, ihnen mit Kritik zu kommen. Der Ausweg könnte z.B. sein: die Debatte unter den Lesern entfachen. Im Übrigen ist es natürlich kein Wunder, dass in dem Moment, wo den Zeitungen die Rezession noch zusätzlich die Rückenmuskeln schwächt, auch der Lokalteil an Widerborstigkeit verliert. Völlig verfehlt halte ich eine quasi moralische Debatte darüber, ob die Lokaljournalisten nun ihr Ethos aufgegeben haben oder nicht. Man sollte schon ein bisschen über Strukturen nachdenken, denn da kommen die chronischen Dilemmata des Lokaljournalismus her.

  8. Thomas Television

    Na so ein Zufall, ein leitender Angestellter einer Regionalzeitung verteidigt den Lokaljournalismus. Damit hätte vermutlich keiner gerechnet 😉

    Dabei sagt es Herr Tückmantel ja selber:

    „und es zweitens keine einzige verwertbare Bestandsaufnahme wissenschaftlich-repräsentativer Natur gibt“

    Wir wissen es also einfach nicht. Ist der Lokaljournalismus gut oder schlecht? Keine Ahnung. Vermutlich würde eine solche „verwartbare Bestandsaufnahme“ ja mit den Worten eingeleitet werden: Wir wussten ja schon immer, dass er Schrott ist, aber jetzt haben wir es wenigstens mal empirisch bewiesen 😉

    Bis es soweit ist, kann Herr Tückmantel ja gerne auf Gegenteiliges verweisen oder es einfach behaupten, aber ich zumindest kann von meiner Lokalzeitung – und es ist nicht diesselbe wie von Herrn Jakubetz – dasselbe behaupten: sie ist einfach unerträglich schlecht. Das beginnt bei der hingerotzten Glosse auf Seite 1, geht über redundant banale Larifari-Artikel über den ewig gleichen Vereinsmist und endet bei dem fürchterlichen Layout und unterirdischen Fotos.

    Allerdings: da ich, wie ihr anderen auch, ebenfalls im Lokaljournalismus gearbeitet habe (da muss schließlich fast jeder durch) kann ich sagen: es liegt nicht unbedingt am Personal, sondern am System.

    Das ist ja auch klar: Es gibt (gab) einfach die meisten Arbeitsplätze für (ernsthafte) Print-Journalisten in Lokalredaktionen, insofern liegt es in der Natur der Sache, dass es sehr viele gute Journalisten im Lokalen gibt. Aber die Lokalredaktionen werden eben tot gesparrt und nicht hinsichtlich Interndings usw. modernisiert und umstrukturiert. Ein Teufelskreis: Ein unterirdisches Produkt, dass immer weniger Leser findet = weniger Personal und schlechtere Infrastruktur = noch schlechterer Content.

    Ich hoffe, den Verlagen ist bewusst, dass sie verpflichtet sind im Lokalen für Journalismus zu sorgen. Das ist systemrelevant. Im Moment tun sie alles für die Selbst-Abschaffung des Lokaljournalismus.

  9. nemo

    Nein, es liegt überhaupt nicht am Personal. Ich bin im Lokalen bisher nur Leuten begegnet, die ihren Job lieben und sich den Arsch dafür aufreißen – was die durchschnittlichen Arbeitszeiten beweisen. Beamtenmentalität gibt es schon eher in den Mantelredaktionen, dort kann man sich schließlich bequem hinter seinem Schreibtisch und notfalls den Agenturmeldungen verstecken.

    Und trotzdem stimmt die Qualität bei vielen Lokalteilen nicht. Woran das liegt? Am Spagat, den die Redakteure täglich machen müssen. Oft werkeln da zwei Leute an drei Seiten, müssen redigieren, umbrechen, Mails beantworten und nebenbei noch das Organisatorische erledigen. Fürs eigene Schreiben bleibt unter diesen Bedingungen sowieso keine Zeit. Hinzu kommt dann das tolle Online-Portal, das auch noch bedient werden will. (Geld fürs Design ja, aber für einen zusätzlichen Redakteur? Fehlanzeige!)

    Dramatisch daran ist, dass natürlich gerade die investigativen Geschichten – die Qualität ausmachen – sehr viel Zeit kosten. Das braucht halt mal einen Nachmittag nur zur Recherche… Aber die Leser sind nicht blöd, sie merken die Bedingungen, unter denen solche Zeitungen produziert werden. Lediglich aus Bequemlichkeit behalten viele noch ihr Abo. Die nächste Generation jedoch ist längst ans Internet verloren. Da nützt es nichts, dass nun die Verlage verzweifelt nachziehen mit ihren Online-Angeboten.

    Die Lösung? Die Verleger müssten gerade in Krisenzeiten investieren. Jahrelang haben sie von den Renditen gut gelebt, jetzt gilt es. Nur die Qualität kann nämlich noch ein Verkaufsargument sein, wo es die Aktualität und das lokale Informationsmonopol nicht mehr sind. Was aber passiert? Lokalredakteure werden entlassen oder müssen drastische Gehaltseinbußen hinnehmen. Mal ehrlich: Wie viele Kollegen sind denn noch im Tarif? Es werden täglich weniger… Und dann ist es selbstverständlich, dass die Motivation sinkt.

  10. ME

    Wenn es nur drei Seiten wären …

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