Eines muss man der PNP-Verlegerin ja lassen: Immer wenn man denkt, nun sei aber das höchstmögliche Maß an Absurdem erreicht, legt Simone Tucci-Diekmann nochmal einen drauf. Ihre neueste Idee ist, das gute alte Wedel-Stück vom großen Bellheim jetzt nochmal in Passau neu aufzulegen. Zwei etwas, nunja, betagtere Herren hat sie mit ihrem Ex-Chefredakteur Rudolf Kollböck und dessen Kumpel Gerd Hertle schon zurückgeholt, jetzt kommt noch einer hinzu: Mit Horst Gottschall tritt einer in die Chefredaktion ein, der in den 80er Jahren schon dort war — und von dem man als Außenstehender gar nicht gewusst hätte, dass er überhaupt noch aktiv ist. Die Generation 60plus jedenfalls soll jetzt den maroden Laden ordentlich aufräumen.
Die Personalien der letzten Monate zeigen indes ziemlich gut, wie es um die PNP und leider auch weite Teile der Regionalblätter bestellt ist: Dort regiert die Rat- und Ideenlosigkeit. Und ganz offensichtlich sind die Blätter auch keine wirklich attraktiven Arbeitgeber mehr. Die jetzt mit dem Ex-CvD (und zudem Ex-Technischer-Leiter und noch ein paar andere Ex-Funktionen) Gottschall besetzte Position hatte die PNP schon vor einigen Wochen anscheinend in der SZ ausgeschrieben — und allem Anschein nach haben sich nicht so rasend viele Kandidaten gemeldet; so gut ist der Ruf der PNP in der Branche ja nicht mehr, als dass man sofort „Hurra“ schreien müsste, wenn man eine Stellenauschreibung liest. Jedenfalls ist die aktuelle Besetzung in der Chefredaktion jetzt so: Mit Ernst Fuchs ein Chefredakteur, der seit über zwei Jahrzehnten dabei ist und an neuen Konzepten und Ideen bisher ungefähr alles vermissen ließ. Irgendwo im Hintergrund flüstert Fuchs´ Vor-Vorgänger Rudolf Kollböck mit, in Sachen neue Medien auch eher ahnungslos. Und jetzt kommt Gottschall als „Redaktionsmanager“ hinzu, dessen Expertise in den Dingen, auf die es für die PNP ankäme, bei etwa null ist. (Hinweis: Ich habe Horst Gottschall während meines Volontariats als einen der angenehmeren und sympathischeren Kollegen kennengelernt; meine Zweifel haben nichts mit ihm als Person zu tun. Schon viel eher damit, dass mein Volontariat ein Vierteljahrhundert zurückliegt und Gottschall schon damals als einer der Alteingessenen galt.) Es gibt dann noch einen Vize, aber bei dem weiß außer ihm selber eigentlich niemand so recht, was er macht, außer wöchentlich eine ulkige Kolumne zu schreiben, was im Landtag und dessen Ausprägungen wieder alles an Lustigem passiert ist. Zusammengelegt haben die vier vermutlich eine Digital-Kompetenz, die kurz hinter dem Verwenden von Mails auch schon wieder aufhört.
Angesichts der Bellheim-Inszenierung liest sich eine weitere Personalie ziemlich bizarr: dass die neue stellvertretende Lokalchefin in Passau mit 38 als Redaktionsküken durchgeht zeigt, welches Altersproblem die PNP (und nicht nur sie) hat. 38 ist natürlich ein wunderbares Alter für eine Vizechefin — aber dass dahinter in einer Lokalredaktion an jüngeren Redakteuren nichts mehr kommt, ist bezeichnend. Wie will man eigentlich eine so dringend notwendige Verjüngung der verehrten Leserschaft hinbekommen? Ein 40jähriger macht ein Blatt für 40jährige, da darf man sich nichts vormachen (ich würde das nicht anders machen). Eine irgendwie pflichtschuldig reingehängte Szeneseite als Insellösung bringt gar nichts, so lange sich der Rest derart verstaubt und antiquiert anfühlt wie es bei der PNP der Fall ist: vorne Politik und Nachrichten, irgendwie ein Kommentar, eine Pseudoreportage, Sport, ein wenig Regionales, dann ein Lokalteil. So macht man Zeitung seit den 70er Jahren und das einzige wirklich relevante Problem der PNP ist, dass sie dies auch weiterhin so tun wird, mit der reanimierten Bellheim-Truppe in der Schaltzentrale ohnedies.
Und schließlich noch eine Aussage, die von der traurigen Lage eines solchen Blattes zeugt: Natürlich ist auch im ersten Quartal die Auflage gefallen, aber, so betont der neue Lokalchef, langsamer als unter seinem Vorgänger. Man muss fürchten, dass er das ernst meint.
Kleine Prognose für die Zukunft: In fünf Jahren wird es die PNP, wie wir sie jetzt noch kennen, nicht mehr geben. Und bitte, Frau Verlegerin: keine Klagen über das böse Internet. Sie haben sich und Ihr Blatt dann ganz alleine erledigt.
In den Redaktionen regiert die ‚Generation Titanic‘ – was will man machen?
Ob Qualität den Niedergang der lokalen Tagespresse ewig aufhalten kann? Scheint ein strukturelles Problem zu sein.
Die PNP hatte allerdings schon mal ein mögliches Zukunftsmodell im Konzernbauchladen: Die Oberösterreichische Rundschau, eine lokale Bezahl-Wochenzeitung, Stil „positiver Boulevard“. Ein, zwei Mal pro Woche, mit guten lokalen Geschichten auf dem Titel, wichtigen Anzeigen etc., also je eine FAS für Passau, Waldkirchen, Eggenfelden usw. könnte funktionieren, auch noch in 30 Jahren.