Man stelle sich vor, die Schlagzeile wäre vor, sagen wir, fünf Jahren gekommen: Der Chefredakteur eines großen Online-Nachrichtenportals wird Chefredakteur der altehrwürdigen dpa. Man hätte das für einen halbwegs ulkigen Witz gehalten, ein netter Beinaheaprilscherz (ebenso wie man vermutlich die Schlagzeile, ein Onliner werde Chefredakteur des „Spiegel“ kaum geglaubt hätte). Doch die Zeiten haben sich, dem Herrn sei´s gedankt geändert: Wenn Wolfgang Büchner nächstes Jahr Chefredakteur der dpa wird, ist das so ziemlich das Nomalste auf der Welt. Büchner ist Onliner? Na und!
Umgekehrt kann man den gleichen Trend feststellen: Vor einigen Jahren hätte man sich bei einem etablierten Printredakteur, der plötzlich als Chef in die Onlineredaktion wechselt, vermutlich insgeheim gefragt, was der gute Mann wohl Schreckliches angestellt haben könnte, dass man ihn derart abschiebt. Heute sitzen bei Stern und Focus gestandene Ex-Printleute auf den Chefsesseln und niemand käme auf die Idee zu glauben, dass Jochen Wegner oder Frank Thomsen damit gerade noch dem Archiv entgangen sein könnten.
Online zu können und zu beherrschen ist also keineswegs mehr ein nettes Add-On, keine Zusatzqualifikation, über die man ja auch mal nachdenken könnte. Online öffnet die Türen in beide Richtungen (siehe Büchner) und ich würde sogar so weit gehen: Wer in ein paar Jahren digitale Medien nicht im Portfolio hat, ist vermutlich auf dem Arbeitsamt als in Redaktionen zu Gast.
(Klar sollte das im Übrigen selbstverständlich sein, dass man Onliner nicht mehr als eine Art Journalist mit leichten Mängeln betrachtet. Trotzdem freut mich das ungemein zu sehen, dass die Digitalen allmählich die Analogen zur Seite schieben)
Ich glaube, in ein paar Jahren werden wir nicht mehr von Onlinern und Printlern reden. Wir werden von Journalisten sprechen, von Reportern, von Blattmachern, CvDs. Wichtig wird die Funktion sein, die jemand ausübt, nicht die Gattung, die er (zufällig) bedient.