Man könne mit diesem blöden Internet einfach kein Geld verdienen, wird oft und gerne aus der Holzklasse gejammert. Die Leute wollten ihren hochkarätigen Qualitätsjournalismus einfach nur kostenlos konsumieren und ruinierten somit über kurz oder lang die Medien. Der DJV sekundiert in solchen Fällen immer recht gerne und ist sich dabei ausnahmsweise sogar einig mit den ansonsten konsequent attackierten Verlegern.
Was aber, wenn man die Misere vielleicht gar nicht auf die bösen User schieben kann? Was, wenn vielleicht der hochkarätige Qualitätsjournalismus gar nicht so hochkarätig ist, wie man immer meint?
Schönes Beispiel für die momentane Situation: Bei mir um die Ecke publiziert seit vielen Jahrzehnten ungestraft ungestört das „Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung“. Auch wenn man dort so ziemlich vieles von dem findet, was man gemeinhin für den Niedergang der Blätter verantwortlich macht, vom ungekürzten Abdrucken von Pressemitteilungen über eine ganz erstaunliche Nähe zur bayerischen Staatspartei und ihren Mandatsträgern über dpa-Abhängigkeit (alles, was mehr als 80 Zeilen hat, taugt dabei zur „Seite 3“) bis hin zu gelegentlich ziemlich schauderhaften Lokalteilen, wobei unlängst einer davon nach dem Flugzeugabsturz in Spanien sich als Aufmacher mit der Frage „Ist Fliegen noch sicher?“ beschäftigte. Man kam übrigens zu der eindeutigen Antwort „ja, ist es“; der vor Ort ansässige Inhaber eines Reisebüros hatte nach knallharten Recherchen diese Frage gründlich abgewägt.
Trotz alledem verliert man dort nur sehr gemächlich an Auflage; betrachtet man sich die IVW-Zahlen:
Ein leichter Sinkflug also; keine dramatischen Abstürze, aber immerhin doch so deutlich, dass man beim besten Willen keine künftigen Steigerungen mehr oder wenigstens eine Konsolidierung auf hohem Niveau erwarten kann. Man kann das beruhigend finden oder auch nicht; angesichts der Tatsache, dass das Blatt in weiten Teilen seines Verbreitungsgebiets Monopolist ist, würde ich eher zur Beunruhigung neigen.
Also könnte/sollte/müsste es eigentlich das Web reißen. Aber auch dort ist wenig Abhilfe in Sicht. Gemessen an der Tatsache, dass im Verbreitungsgebiet der Zeitung rund 500.000 Menschen leben, ist eine Zahl von monatlich gut 200.000 Visits eher kümmerlich. Wenn man von der Rechnung ausgeht, dass eine Zeitung im Schnitt von drei Menschen gelesen wird, dann schafft man es also nicht, wenigstens jeden der Zeitungsleser an das Angebot zu binden; von neuen Lesern ganz zu schweigen.
Böses, billiges, kostenloses Internet?
Heute dann der Versuch nachzuschauen, wie die Straubing Tigers (immerhin DEL) gestern abend gespielt haben. Gefunden: folgende Meldung (Original):
„Kann keine Punkte versprechen, aber wir wollen alles versuchen“, das sagte Manno noch vor dem Spiel. Thomas Wilhelm fehlte mit Bänderanriss in der Schulter. Die Mannschaft war mit nur zehn Stürmern stark eingeschränkt. Es gab also auch weiterhin kein Glück für die Tigers: Die Straubing Tigers mussten sich am 12. September in der TUI Arena gegen die Hannover Scorpions mit 2:1 ( 1:0 1:1 0:0 ) geschlagen geben.
Eine simple, einfache Meldung – in der nicht einmal einfachste journalistische Standards eingehalten werden. Und die den Unterschied zwischen der untergegangenen Medienwelt und der heutigen aufzeigt: Vor ein paar Jahren hätte ich mich vielleicht geärgert, das „meine“ Zeitung nicht in Lage ist, Essentials wie den Spielverlauf und die Torschützen zu sagen. Und hätte sie halt wenn auch murrend weitergelesen. Heute? Ein Mausklick weiter, ciao Idowa.de. Und der 18jährige, der das jetzt gelesen hat, wird später mal Tagblatt-Leser. Ganz bestimmt.
Der Torschütze für Straubing war übrigens Trew, 40. Minute.