Georg Kofler macht jetzt in irgendwelchen „spannenden“ anderen Wirtschaftsmodellen, er tat das wenigstens noch halbwegs freiwillig zum rechtzeitigen Zeitpunkt. Sein Nachfolger als Vorstandschef bei Premiere, Michael Börnicke, kann das nicht so ganz von sich behaupten: dass er mit sofortiger Wirkung sein Amt niederlegt, kann man weniger kapriziös einfach als Rauswurf bezeichnen. Was weniger die Frage nach den Hintergründen und/oder den Fähigkeiten Börnickes aufwirft als vielmehr die grundsätzliche Frage: Wer braucht eigentlich Premiere?
Es spricht eine ganze Reihe von Gründen für die Annahme, dass das Geschäftsmodell von Premiere gar keines mehr ist. Der wohl entscheidende: Es gibt ein kaum mehr überschaubares (Über-)angebot an Bewegtbild aus den verschiedensten Quellen. Wer vor, sagen wir, 15 Jahren Premiere buchte, der wollte möglicherweise nicht einfach nur einen Fußballkanal, sondern sein aus heutiger Sicht bescheidenes Programmangebot erweitern – und war bereit, dafür Geld zu bezahlen. Der Reiz dieser Idee ist weg; es gibt unzählige andere, billigere und attraktivere Möglichkeiten, an den Film/an die Serie seiner Wahl zu kommen, als darauf zu warten, dass das gute Stück irgendwann mal bei Premiere läuft. Zumal Premiere nach wie vor immer noch einfach „nur“ Fernsehen und somit auf einen einzigen Abspielkanal angewiesen ist. Kein mobiles Angebot, keine ernstzunehmende Online-Plattform; Premiere, das in den 90ern mal als innovativ gelten durfte, ist inzwischen einfach nur Fernsehen, das Geld kostet.
Bleibt der Fußball, wenn er denn bleibt. Ein Modell, dass sich sehr einseitig auf einen einzigen Faktor stützt, bekommt über kurz oder lang Probleme; gesehen hat man das sehr schön, als plötzlich Arena auf dem Markt war und man bei Premiere glücklich sein durfte, dass die Arena-Leute noch töpelhafter waren als der Platzhirsch selber. Und selbst wenn man Premiere unterstellen würde, für die nächsten 20 Jahre im Besitz der Fußballrechte zu bleiben, was ist dann die Idee? Ein Fußballkanal mit angeschlossenem Spielfilmgemischtladen? Das ging doch schon zu Kirchs Zeiten formidabel schief. Wenn man dann auch noch wie im Fall Börnicke auf die Fantastereien von 10 MIllionen Abonennten kommt, ist das Desaster schnell perfekt. Es dürften keine 3 Millionen sein und sehr viel höher wird das Potenzial auch nicht mehr; selbst wenn man Fußballfans mal wieder die Daumenschrauben anlegen und die Spiele aus dem Free-TV verbannen will. Ein Kunde schätzt es nicht, wenn er genötigt wird.
Und während also vermutlich gerade im Moment irgendwo in Unterföhring an irgendwelchen teuren Kundenbindungsmaßnahmen getüftelt wird, habe ich mir mit iTunes, Maxdome, Online-Videorekorder und gelegentlich auch mal einer ganz konventionellen DVD schon lange mein Programm zusammengestellt, das individueller und besser und günstiger als alles das ist, was mir Premiere bieten kann. Premiere: alleine schon der Name zeigt, wie sich ein Geschäftsmodell in den letzten 15 Jahren im Zeitalter digitaler Medien ad absurdum geführt hat.