Die einen (Herr Döpfner) meinen, man solle doch die Öffentlich-Rechtlichen im Netz treiben lassen, was sie wollen – solange sie im Gegenzug darauf verzichten, irgendwo irgendwelche Formen von Werbung zu betreiben und sich stattdessen nur noch durch Gebühren finanzieren. Die anderen meinen, ARD und ZDF sollen weitgehend inhaltliche Freiheit bekommen, dafür sich aber dem vollen Wetbewerb stellen und auf Gebühren komplett verzichten. Nur die Betroffenen selbst wollen, das nicht, sie wollen zwar mehr Freiheit und mehr Geld, aber auch ihren Artenschutz im öffentlich-rechtlichen Reservat,
Wie man es auch nimmt: So wie es aussieht, stößt das Modell des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, das vor 60 Jahren konzipiert wurde, an seine Grenzen. Weil es im Zeitalter der Digitalisierung nicht mehr zeitgemäß ist; weil man digitalen Inhalt, der sich in rasantem Tempo beliebig vervielfachen und weiterleiten lässt, nicht durch ein paar Gesetzestexte und Beschränkungen im Zaum hält.
Es ist zunächst einmal nur weltfremd, sollte man glauben, man könne quasi ein öffentlich-rechtliches Internet schaffen. So lässt es sich nicht arbeiten und nicht publizieren, wenn man im Hinterkopf und auch in den Redaktionssitzungen permanent präsent hat, ob ein Inhalt jetzt sendungsbezogen, sendungsbegleitend oder nicht doch ganz einfach „elektronische Presse“ (ein Begriff, der auch nur medienfremden Bürohengsten einfallen kann) ist. Umgekehrt stellt sich zudem nicht nur die Frage, ob man als Redaktion, als Medienhaus ordentliche Publizistik nach Paragraphenreiterei überhaupt leisten kann – sondern auch, ob man damit dem Zuschauer einen Gefallen tut. Persönlich kann ich als Zuschauer und Gebührenzahler (schönen Gruß an die GEZ) dem Gedanken der starken inhaltlichen Beschränkung nicht sehr viel abgewinnen.
Ganz davon abgesehen: Es ist ebenso lebensfremd zu glauben, ARD und ZDF hätten eine ernsthafte Überlebenschance, wenn sie in der digitalen Welt nicht stattfinden. Die Akzeptanzprobleme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bei jüngerem Publikum sind schon jetzt unübersehbar (wenn auch großteils selbstverschuldet); sie werden noch größer werden, wenn man es mit einem verstümmelten Sender zu tun hat. Fernsehen heißt heute nicht nur Fernsehen und Einschalten um 20 Uhr – Fernsehen bedeutet heute eben auch YouTube, iPhone, Video on demand, Maxdome, Clickfish.
So weit, so schlecht. Denn umgekehrt greifen natürlich die Wünsche der ÖR´s nicht, nach deren Argumentation man quasi alles dürfen soll. Unbeschränkte Freiheiten im Netz, weiterhin halbautomatisierte Gebührenerhöhungen im Zweijahresturnus, Umgehung von Werbeverboten nach 20 Uhr durch Sponsoring, verkaufte Videos an „Der Westen“; so funktioniert das nicht. Was funktionieren wird, ist eine neue Positionierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks; eine, die ihm die Freiheit gibt, die er zum Überleben braucht, allerdings auch eine, die ihn vor neue Anforderungen und Aufgaben stellt. Dass der Zustand von ARD und ZDF nicht so ist, wie er vielleicht sein könnte, hat auch etwas mit der Gemächlichkeit zu tun, die in einem System Einzug hält, das sich gewiss sein kann, dass ihm ohnehin nix passiert. Also, sollen sie sich doch beweisen bei ARD und ZDF, sollen sie sich doch einem gesunden publizistischen Wettbewerb stellen. Für die Sender und die Zuschauer das Beste, was passieren kann.