Wenn man einigermaßen viel unterwegs ist in diesem Land und es sich dabei zum Hobby macht, neben den üblichen großen Blättern am jeweiligen Aufenthaltsort auch die örtlichen regionalen kleinen bis mittelgroßen Zeitungen zu lesen, der stößt gelegentlich auf Sätze und einen Sprachgebrauch, von dem man es nicht für möglich hält, dass es sowas noch gibt. „Die Band XY brannte ein wahres Rock-Feuerwerk ab“, steht dann da beispielsweise zu lesen. Und so schöne Dinge wie die Feststellung, die Musical-Aufführung habe sich auch dadurch besonders ausgezeichnet, dass sie choreographiert war. Sehr schön auch die schreiende Überschrift: Tausende pädophile Bilder entdeckt! Das kommt raus, wenn der biedere Lokaljournalist plötzlich Boulevard spielen will. Wie auch immer, wenn man ein paar der Zeitungen gelesen hat, dann ahnt man, in welchem Zustand sich die deutschen Regionalblätter befinden. Es ist kein sehr schöner.
Was mir auffiel in den letzten Wochen (wie immer: sehr subjektiv in der Einschätzung): Zeitungen sind noch älter als sie aussehen. Natürlich wäre es unsinnig, sich plötzlich im Jargon und in der Anmutung der Bravo und der Gala anzupassen. Rentner in Jeans wirken bekanntermaßen häufig eher albern. Nein, erstaunlich ist vielmehr, wie wenig die allermeisten Regionalzeitungen zu bieten haben. Der Mantel: Im Regelfall eine bieder aufbereitete Sammlung von dpa-Meldungen, ergänzt mit ein paar abgeschriebenen Meldungen aus der „Bild“ (die Seite heißt dann meistens „Panorama“ oder so). Kommentierungen, die den Namen oftmals nicht verdienen und häufig aus der beliebten Sowohl-als-auch-Schule zu stammen scheinen. Und dann das viel gepriesene Herzstück, das Lokale/Regionale: Es gibt eine Reihe von mehr oder minder guten Gründen dafür, die ich nicht im Einzeln durchdebattieren möchte, aber unter dem Strich bleibt die Erkenntnis, dass sehr häufig eine unübersehbare Diskrepanz zwischen den Sonntagsreden der Verantwortlichen und dem Ist-Zustand herrscht. Dabei kann ich mich erinnern, dass es schon zu meinen Volontärszeiten immer hieß, das Lokale sei das Wichtigste, was die Regionalzeitung zu bieten habe und von dem her von unvergleichlicher Wichtigkeit. Was mich damals schon wunderte: Wenn es sich dabei um das Herzstück handelt, dann müssten da doch die meisten und die besten Leute aus der Redaktion sitzen. Wer den Alltag von Regionalzeitungen kennt, der weiß, dass dies (höflich formuliert) nicht immer und überall der Fall ist. Stattdessen liefern sich die Blätter – zumindest bei mir in Niederbayern – einen merkwürdigen Konkurrenzkampf um vermeintliche überregionale Reputation, die kein Mensch braucht. Die einen schafften es gestern mit einer Meldung über Roland Koch immerhin ins heute-journal, bei den anderen ist der Verleger so was Ähnliches wie seekrank, wenn nicht alle zwei Tage ein Interview oder eine Geschichte von ihnen in den Frühnachrichten des BR zitiert wird. Das mag ja auch alles schön und recht sein, aber keine wirklich hinreichende Strategie, das Blatt vor Relevanzverlust zu retten. Wenn nämlich das vermeintliche Herzstück nichts anderes zu bieten hat als eine Ansammlung langweiliger Texte von Rock-Feuerwerken mit dem entsprechenden optischen Material dazu, dann interessiert mich das Interview mit Roland Koch nur sehr eingeschränkt.
Es gibt Blätter, die es anders machen. Die sehr ordentliche, gute Lokalteile machen, die ihren Schwerpunkt auf das legen, was ihre Leser wirklich interessiert. Und die sich dann auch noch Gedanken um eine ordentliche Sprache und ein ansprechendes Layout machen. Sie sind, leider, die Minderheit. Die Mehrheit allerdings muss sich mehr denn je die Frage stellen, wie sie überhaupt überleben wollen.
Wahre Worte. Wenn ich nur an den Lokalteil denke, der mir jeden Morgen in den Briefkasten geworfen wird, läuft’s mir kalt den Rücken runter.
hiesige Highlights:
„fleißige Hände sorgten für ….“
„Ein unaufmerksamer Zeigenosse …“
Es sollte einen Spamfilter in der Erstellungssoftware geben, der solche Worte bei festgestellter Häufung sperrt.