An einer der Ausbildugseinrichtungen, an denen ich gelegentlich zu Gast bin, gibt es ein kleines, charmantes und gelegentlich fieses Tool. Eines, mit dem die Teilnehmer anonym im Intranet den Dozenten bewerten können. Das ist selbstverständlich höchst begrüßenswert, wenn man es politisch korrekt formuilieren will, gelegentlich aber, wenn man für sich im Stillen und völlig unkorrekt ist, ein wenig schmerzhaft und manchmal auch einfach nur ärgerlich.
Eines fand ich in den letzten Tagen dann aber doch ebenso interessant wie lehrreich: Zwei Teilnehmer (keine Sorge, falls Ihr mitlest: Ich habe wirklich keine Ahnung, von wem die Bewertungen stammen) meinten, das sei ja alles schön und recht, was ich da erzählen würde, aber alles in allem sei der Eindruck entstanden, ich sei vermutlich in höheren Sphären unterwegs, hätte vom Alltag kleinerer und mittlerer Betriebe wenig Ahnung. Kurzum: nett, aber abgehoben – und für den Alltag kaum zu gebrauchen.
Und dann war da ja noch diese Veranstaltung in Niederbayern – wo genau jene Leute saßen, die vermutlich sich jeden Tag mit den Strukturen und Aufgaben eines kleines oder auch mittelständischen Medienhauses rumschlagen müssen. Zusammengefasst wurde mir dann nach Lektüre der Seminarkritiken und den Gesprächen mit den Kollegen aus NDB eines ziemlich schlagartig klar: Dieser abstrakte digitale Graben, von dem Wissenschaftler so gerne reden, ist nichts Abstraktes. Er ist schon lange da und er verläuft keineswegs zwischen Berlin-Neukölln und München-Bogenhausen. Er läuft auch mitten durch unsere Branche. Ziemlich scharf und markant sogar. Stark vereinfacht gesagt: Er verläuft zwischen alt und jung (30 plus ist die Demarkationslinie), zwischen Stadt und Land, zwischen Medienkonzern und mittelständischem Betrieb, zwischen analog und digital
Einfache Erkenntnis: Das, was wir hier in unseren wohlfeilen Medienblogs, auf unseren hoch anspruchsvollen Panels und Diskursen so diskutieren, interessiert hinter der Demarkationslinie keinen Menschen (hinter dieser Linie befinden sich übrigens weitaus mehr Menschen als vor ihr). Die ganzen bloggenden Alphamännchen mögen ihre Leserschaft überall haben, aber nicht hinter der Demarkation. Das bemerkt man übrigens sehr hübsch auch im Ausbildungsbetrieb. An der DJS oder auch an der Springer-Akademie ist die Auseinandersetzung mit diesen Themen völlig selbstverständlich, umgekehrt habe ich in diesem Jahr aber auch schon Journalisten aus- und weitergebildet, denen der Begriff Podcast nichts gesagt hat. Und mit nichts meine ich: nichts.
Wenn man dann noch eine andere Rechnung aufmacht, wirds klarer: 45 Leute entlässt die DJS jedes Jahr ins pralle Leben, bei Springer waren es angesichts dessen, dass dort die Akademie erst seit Januar läuft, auch noch nicht viel mehr. Und dann gibts noch Nannen und ein paar andere, aber alles in allem ist es sicher keine gewagte Behauptung, wenn man davon ausgeht, dass 90 Prozent unseres journalistischen Nachwuchses ihre Ausbildung beenden, ohne auch nur halbwegs profunde Kenntnisse in Sachen Zukunftsmedien zu haben.
Deswegen, liebe Kritker, bleibt mir in Seminaren meistens nichts anderes übrig, als die Beispiele größerer Häuser zu erwähnen. Würde ich erzählen, wie es bei den Mittelständlern abläuft, müsste ich im Regelfall das Seminar nach 5 Minuten beenden und sagen: Das wars.
Kommt doch bitte in zwei, drei Jahren nochmal vorbei.
Sagen wir es mal so: Bei unserer mittelständischen Zeitung ist die online-Abteilung Ausbildungsstation für die künftigen Verlagskaufleute (übrigens samt und sonders bisher alle begeisterte Blogger), nicht aber für Redaktions-Volontäre. Denn die werden dringend von den Print-Ressorts gebraucht.
Ändert sich jetzt aber hoffentlich bald …
Schöner Gedanke. Online als Ausbildungsstatin für kaufmännische Berufe – hab ich in der Form auch noch nicht gehört…