Ich muss es leider vorwegschicken: Ich gehöre zu einer Generation, die vollständig analog und partiell auch noch schwarz-weiß aufgewachsen ist. Man könnte in dem Zusammenhang dem Gedanken nachhängen, dass manches damals irgendwie einfacher war, weil leichter zu trennen. Zeitung war Zeitung, Radio war Radio und vor allem war Fernsehen Fernsehen. Zum Fernsehen gehörte für mich damaligen Zeitungsmann immer auch richtig schweres Gerät. Kameras, die in Größe und Gewicht einem Torpedo von U96 nicht unähnlich waren. Gigantische Mikros, lange Stangen, viele Kabel, ein persönliches Gefolge, als würde der Kaiser die Stadt betreten. 30 Mann waren damals quasi noch ein Team kleinerer Ausprägung. Und im Übrigen war es damals für eine Lokalredaktion per se schon berichtenswert, wenn „das Fernsehen“ in die Stadt kam. Man unterhielt sich dann auch mal dankbar mit dem Aufnahmeleiter und verkündete dem Leser am nächsten Tag stolz und exklusiv, dass die in Dingolfing gedrehten Aufnahmen in ca. sieben Monaten für großartige ungefähre 8,5 Sekunden ab 23.30 Uhr im Bayerischen Fernsehen in einem Beitrag über Zuckerrübenanbau in strukturschwachen Gebieten zu sehen sei, das habe einem der stellv. erste Kameramann ziemlich exklusiv zugesichert.
Irgendwie hat das Fernsehen an Bedeutung ein wenig verloren. Erstens kommt man in Sachen Technik und Auftritt heute nicht mehr ganz so dramatisch und pompös daher, zweitens würde heute sogar der Praktikant der Lokalzeitung eher gelangweilt sein, würde man ihn bitten, doch mal mit dem Aufnahmeleiter zu reden. Das hat zum einen natürlich mit dem inflationären Auftauchen großer, kleiner und kleinster Sender zu tun, aber auch mit einer Sache, die ich erst in den letzten Tagen bei der Arbeit mit einer Studentengruppe richtig realisiert habe: Früher war Fernsehen sogar für Journalisten ein Ding zum Staunen, etwas, das nur einigen wenigen Priveligierten zustand und von ihnen beherrscht wurde (das dachte ich sogar noch, als ich mich von Zeitungen verabschiedet und in den Fernsehirrsinn eingetaucht war). Heute haben meine Studenten (und die sind keine Journalisten) alle wie selbstverständlich ein chices Schnittprogramm auf dem eigenen Laptop, jonglieren ein wenig die Clips und machen daraus einen ansehnlichen und natürlich vertonten Dreiminüter. Das Equipment dazu haben sie im Rucksack und das für gute Fotos, Audios, Interviews gleich auch noch.
Fernsehen hat sich für mich in dieser Woche endgültig entzaubert. Kann jeder, wenn er will.
Was allerdings diesen gelebten volldigitalen Lebensstil von heute 22jährigen Studenten angeht, so würde ich jedem derjenigen, die die Digitalisierung für gehypt halten, empfehlen, mit ihnen eine Woche zu verbringen: Der Umgang mit rasant sich verändernden Technologien und Inhalten, die unsere Generation Analog jeden Tag aufs Neue herausfordert (und manchmal einfach nur überfordert), ist für diese Jungs und Mädels – ganz banaler Alltag. Eine Selbstverständlichkeit. Von der es keinen Weg zurück zum analogen Lebensstil gibt.