So schnell geht das in der schönen neuen Zwonull-Welt: Man setzt sich auf ein Podium zu besagtem Thema, stellt ein paar Fragen, bricht nicht schon alleine beim Hören des Wortes Zwonull in Ekstase aus – und schon findet man sich wieder als ahnungsloser Ignorant, der mal eben auf den Blogger-Grill gelegt wird. Ulkig. Ich dachte immer, mit mehr Meinungsmöglichkeiten könnte es auch mehr Meinungsvielfalt geben, aber anscheinend wird sich eines nie ändern: Einer gibt die Meinung vor, die Herde folgt. Brav. Pluralismus 2.0.
Um das nochmal klarzustellen, nachdem mein Eintrag zum Media-Coffee offenbar etwas missverständlich war: Ich sehe Web 2.0 als das, was es ist, nämlich als eine Fortentwicklung. Logisch. Wo es 2.0 gibt, muss es vorher 1.0 gegeben haben. Insofern erstaunt es mich, wie man jetzt auf die Idee kommt, alles was Zwonull ist, sei auch wirklich neu. Ist es nicht und das ist ja auch gar nicht schlimm. Web 1.0 kam stellenweise arg ungelenk daher und eben so wie alles, was dem Prinzip Trial & Error folgt. Aber tatsächlich sahen auch schon die Einsnuller den grundsätzlichen Unterschied zur analogen Kommunikation, zur Kommunikation ohne Rückkanal. Und, achja: Den Satz, die wahre Kunst sei es, den Content in den richtigen Kontext zu packen, habe ich zum ersten Mal irgendwann 2000 auf einem Podium gehört beim Grimme-Institut. Wenn ihr damals zu jung wart, um es mitzulesen: nachgooglen, liebe Zwonuller. Aber erzählt doch jetzt bitte nicht, dies sei eine neue, quasi eure exklusive Erkenntnis. Darüber denkt jeder Medienstratege schon seit Jahren nach.
Natürlich gibt es inzwischen ganz andere Möglichkeiten (technischer Natur) als damals. Ich habe irgendwann vor sieben, acht Jahren mein erstes mp3-File geladen und war natürlich fasziniert von den Möglichkeiten, die dieses Format bot. Aber hallo, es gab weder das Massenprodukt iPod (oder vergleichbare Player) noch gab es Bandbreiten, die es erlaubt hätten, auch mit diesem stark datenreduzierten Format wirklich massenkompatibel zu arbeiten. Inzwischen gibt es sie. Wunderbar – aber nicht wirklich neu. Und insofern hatte BR-Mann Tief auf diesem Panel schon recht: Früher hieß es Download, jetzt Podcast. Das Prinzip ist das gleiche, nur massenkompatibel.
Niemand streitet mehr ab, dass sich Kommunikation und Medien schon lange geändert haben. Kein Mensch negiert, dass noch nie ein Medium so schnell die Welt erobert hat wie das Web. Dass es daraus Konsequenzen gibt, liegt auf der Hand. Dennoch gibt es ein paar Dinge, die unumstößlich sind. Eines davon ist eben doch der Content. Mist lässt sich nie in einen richtigen Kontext stellen. Eine Community kann die tollste Software haben, wenn ihre Mitglieder nix sind, ist die Community nix. Und einen Podcast kann man inzwischen am Laptop mit dem 30-Euro-Mikro produzieren. Nur, wenn der Podcaster nix zu sagen hat, sollte er besser den Mund halten. Sogar in der künfigen Welt von Web 3.0.
Danke für die Klarstellung, das erklärt doch besser, wo unser Dissens liegt und wo nicht. Jedoch mehr noch als vorher denke ich, dass wir an einer entscheidenden Stelle wirklich von grundverschiedenen Dingen reden. Und das hängt mir dem Wort „Content“ zusammen.
Meiner Meinung nach geht es im Web_2.0 wesentlich nicht mehr um „Content“, sondern um Kommunikation, um Gespräche. Also nicht mal wirklich um einen Rückkanal, sondern um einen positiven Kontrollverlust.
Um es so spitz zu formulieren, wie ich es gerne mag: Wer im Web_2.0 von Content spricht, hat das, was kulturell passiert, nicht verstanden. Aber das ist dann wirklich ein anderes Thema.
Ich werde meinen Beitrag und meine Kritik am ersten Posting um den Hinweis auf diese Klarstellung ergänzen. 🙂
Ich hätte durchaus gerne auf Ihrem Blog geantwortet. Allerdings kollabiert beim Betreten desselben jeweils mein WLAN. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt 🙂
So viel zu Technik 2.0.
Inhaltlich haben wir in der Tat unterschiedliche Schwerpunkte. Das ist schon ok, dass es Gespräche gibt, dass Kommunikation quasi grenzenlos und unbeschränkt stattfinden kann. Allerdings entspricht es nicht zwingend meiner Wahrnehmung, dass die Vermehrung der Quantität gleichzeitig auch der Qualität zuträglich ist. Nicht falsch verstehen: Die größte Errungenschaft von zwonull ist es, den Menschen eine Stimme gegeben zu haben. Nur sehne ich mich angesichts der zunehmenden Verquasselung schon nach einer ordnenden Hand, nach präzise geschriebenen Texten mit verlässlichen Informationen, nach brillianten Reportagen, kurzum: nach dem guten alten Qualitätsjoiurnalismus. Auch wenns konservativ und nach 0.5 klingt.
Von mir aus können ja beide friedlich nebeneinander koexistieren. Ich mag das eine wie das andere. Ich glaube nur nicht, dass das eine das andere ersetzen kann.
Und, wissen Sie: Ich hatte ja eigentlich schon 2001 gehofft, dass der Begriff Content eingemottet wird. Das ist Cotroller-Deutsch, das reduziert Inhalte und Kommunikation auf eine käufliche und berechenbare Masse. Und das sollte zunmindest Journalismus nie sein.
fein – mit dem letzten Absatz sind wir uns mehr als einig. Ich erinnere nur an den brillanten Vortrag von Doc Searls in Paris letztes Jahr….