Längere Zugfahrten haben einen Vorteil: Man liest lieber Zeitung als Laptop. Weswegen mir gestern endlich mal eine „Österreich“ in die Finger gefallen ist und ich Zeit und Muße hatte, das Ding mal zu studieren.
Vorweg: Österreich ist für mich der Inbegriff der Problematik von Zeitungen. Angekündigt war immerhin so eine Art Neuerfindung des Tageszeitung. Herausgekommen ist ein buntes Sammelsourium von Dingen, die in dieser Zusammensetzung alles andere sind als neu oder aufregend. Dem Wahn der knallebunten Infografik ist der Focus schon vor 15 Jahren verfallen, dafür braucht´s Österreich nicht. Über kleine, handlichere Formate redet man auch schon lange genug. Nichts neues also auch das. Inhaltlich kommt Österreich ziemlich unentschlossen des Wegs. Ein bisschen Welt kompakt, ein bisschen Magazin, viele kurze, bunte Häppchen, aber das alles bedauerlicherweise auch für ein Boulevardblatt mit reichlich wenig Substanz. Das heißt, halt, eigentlich will Österreich ja gar kein wirkliches Boulevardblatt sein – aber was ist es dann?
Möglicherweise steht also Österreich exemplarisch für die Zeitungsproblematik. Während die Entwicklung im Netz rast und jeden Tag neue, manchmal spannende, manchmal unspannende Dinge passieren, sind Zeitungen irgendwie ein Verschiebebahnhof von Stilmitteln geworden. Farbiger wirds nicht mehr, der zeitliche Rückstand gegenüber den elektronischen Medien ist auch nicht mehr aufzuholen; demzufolge es wohl die inhaltliche Substanz sein wird, die über ihr Wohl und Wehe entscheidet. Man sollte jedenfalls keinem Blattmacher glauben, wenn er behauptet, die Tageszeitung mal eben neu erfunden zu haben.