Bei dem ganzen Ballyhoo, das in den letzten Monaten um Österreichs neue Tageszeitung mit dem ziemlich unbescheidenen Titel „Österreich“ gegeben hat, lohnt sich der Blick auf das, was die Österreicher abseits der gedruckten Zeitung sich haben einfallen lassen. Das ist stellenweise durchaus beachtlich, stellenweise leider aber auch Web 0.5.
Positiv: Man hat bei „Österreich“ verinnerlicht, dass gerade ein solches neues Projekt nur funktionieren kann, wenn man mindestens eine bimediale Strategie fährt. Und so ist der Online-Auftritt tatsächlich professionell konzeptioniert und beinhaltet so ziemlich alles, was derzeit als state of the art gilt. Darunter sind auch die üblichen Manien, bei denen man inzwischen gegen Windmühlen kämpfen müsste, wollte man klar machen, dass hier gerade ein Hype auf seinem Höhepunkt ist, der sich bald wieder selbst zerlegt. Aber ok, die Jungs haben aufgepasst und lassen nun bloggen wie wahnsinnig (alleine auf der Startseite habe ich drei Blogs entdeckt) und überhaupt ist der Leser der Größte: er darf bloggen, fotografieren, schreiben, ein bisschen Journalist spielen. Die grundsätzlichen Erwägungen dazu waren auf dieser Seite schon zu finden – deshalb nur die Feststellung, dass es bei „Österreich“ so ist und dass man gut aufgepasst hat, was den Zeitgeist angeht.
Ebenfalls positiv: Der Umgang mit Bewegtbild ist zumindest am ersten Tag reichlich und auch durchaus professionell. Die Österreich-News, die inhaltlich am ersten Tag natürlich erst mal Eigenwerbung sind, sehen zumindest sehr aufwändig gemacht aus; das bekommen auch professionelle Fernsehproduzenten nicht viel besser hin. Ich bin sehr gespannt, ob man sich dieses Level auch künftig leisten können und wollen wird. Wenn ja, dann fällt mir momentan außerhalb der großen Senderangebote kaum ein besseres Bewegtbildangebot ein; die kleineren und auch die anderen Zeitungen werden vermutlich in Ehrfurcht erstarren. Das an dieser Stelle vor wenigen Tagen erwähnte Web-TV-Angebot des Kölner Express jedenfalls wirkt dagegen wie Garagenfernsehen durchschnittlich begabter Schülerredakteure. Aber wie gesagt: abwarten. Eröffnungsangebote sind ja meistens ziemlich chic.
Nicht so schön: Layout. Ziemlich bieder und langweilig. Sieht nach 2001 aus.
Nicht so schön, zweiter Teil: Eigentlich müsste man es doch langsam mal wissen, dass man wirklich erst dann online gehen sollte, wenn so ein Teil wirklich funktioniert. Bei Östereich knarrt und knirscht es noch an einigen Ecken und warum ein zur Geschichte gehörendes Video nicht sofort über die entsprechende Seite abgerufen werden kann und man stattdessen erst mühsam zur Videosektion marschieren muss – keiner weiß es. Mediathek wäre hübsch gewesen. Wenigstens als Zwischenlösung. Immerhin bietet man auch einen Flashplayer an, das macht es wieder erträglich.
Alles in allem: Duchaus lohnenswert, das Ding im Auge zu behalten. Zumal man das Angebot in Relation zu einem Markt setzen muss, der ja doch noch etwas anders tickt als der in Deutschland. Und zumindest in Österreich dürfte dieser Auftritt schnell zu den besseren gehören.